Fund in Ägypten: Tschechische Forscher entdecken großes Mumifizierungslager

Ägyptologen haben an der Fundstätte Abusir fast 400 Gefäße gefunden, die bei der Mumifizierung genutzt wurden

Prager Ägyptologen haben an der Fundstätte Abusir fast 400 Gefäße gefunden, die bei der Mumifizierung genutzt wurden. Es handelt sich um das größte Mumifizierungslager aus dem Alten Ägypten, das bisher bekannt ist.

Fundstätte | Foto: Petr Košárek,  Tschechisches Ägyptologisches Institut

Der Fund stammt aus der Nähe der Pyramiden der sogenannten Sonnenkönige des Alten Reiches (2700 bis 2200 vor Christus). Das Mumifizierungslager befand sich in einem etwa fünf Meter breiten und 15 Meter langen Schacht. Mehr als 370 große Keramikbehälter waren dort in 14 Schichten sorgfältig übereinandergestapelt. In ihnen befanden sich Gefäße, Werkzeuge und Substanzen, die für die Mumifizierung verwendet wurden. Jiří Janák vom Ägyptologischen Institut der Karlsuniversität in Prag beschreibt den Fund:

„Kleinere Gefäße, Aschenglut sowie Überreste von Natron. Das ist eine Substanz, die die Ägypter zur Austrocknung der Leichen genutzt haben.“

Kanopen | Foto: Petr Košárek,  Tschechisches Ägyptologisches Institut

Zudem wurden Reste von Harz, Ölen und Myrrhe in den Vasen identifiziert.

Die oberste Schicht enthielt neben mehreren Behältern auch vier Kanopen. In diesen Krügen wurden bei der Mumifizierung die Eingeweide separat vom Leichnam aufbewahrt. Sie waren mit Deckeln in Form der Köpfe von vier Schutzgöttern verschlossen. Jiří Janák:

„Wir haben leere Kanopen gefunden. Sie waren sauber, daher denken wir, dass sie nie verwendet wurden. Interessant ist, dass sie mit Inschriften verziert sind. Darauf steht der Name des Besitzers. Dadurch konnten wir jene Person bestimmen, der das Mumifizierungslager gehört hat.“

Foto: Petr Košárek,  Tschechisches Ägyptologisches Institut

Den Hieroglyphentexten zufolge handelte es sich um einen gewissen Wahibre-meri-Neit, den Sohn einer Frau namens Irturut. Die Größe des Mumifizierungslagers und des benachbarten Grabes lassen den Schluss zu, dass es einem der höchsten Würdenträger seiner Zeit gehört hat.

Das Lager wurde bereits im Frühling vergangenen Jahres entdeckt. Erst knapp ein Jahr später haben die Experten nun genauere Informationen veröffentlicht:

Jiří Janák | Foto: Jan-Evangelista-Purkyně-Universität Ústí nad Labem

„Auf eine solche Entdeckung folgen weitere Forschungen. Diese erfolgen manchmal direkt vor Ort in Ägypten, manchmal auch in Prag. Es muss überprüft werden, ob der Fund – sei es ein Mumifizierungslager, ein Grab oder etwas Anderes – tatsächlich aus der Zeit stammt, von der wir ausgegangen sind. Wir vergleichen ihn mit ähnlichen Funden aus unserem Forschungsgebiet in Abusir oder in Sakkara.“

Die Ägyptologen haben bisher nur einen Teil der 400 versiegelten Gefäße geöffnet. Nun wollen sie die Keramik analysieren sowie weitere Gegenstände, die darin gelagert waren.

„Der zweite Teil unseres Teams wird die Anlage in der unmittelbaren Nähe des Mumifizierungslagers erforschen. Dabei handelt es sich höchstwahrscheinlich um das Grab des Besitzers, Wahibre-meri-Neit.“

Foto: Petr Košárek,  Tschechisches Ägyptologisches Institut

Die Forscher hoffen, dass die Entdeckung hilft, Einblick in die Bestattungspraktiken im Alten Ägypten zu erhalten. Eine Einbalsamierung dauerte insgesamt 70 Tage. Über die ersten 22 Tage des Verfahrens ist bisher nur wenig bekannt.

„Etwa für die Zeit um den 62. Tag herum gibt es Inschriften, die die Augenfarbe oder verschiedene Balsame betreffen. Der Mumifizier bemühte sich, der Mumie möglichst getreu das Aussehen des Verstorbenen zu verleihen. Denn die Ägypter glaubten, die Seele des Verstorbenen kehre jeden Abend in seinen Körper zurück und müsse erkennen, ob es der richtige ist.“

Soweit Jiří Janák. Tschechische Archäologen graben bereits seit dem Ende der 1950er Jahre in Abusir und gehören zu den größten Forscherteams in der Region. Die dortige Grabstätte wurde ununterbrochen genutzt und bietet Informationen über 3000 Jahre altägyptische Kultur.

Foto: Petr Košárek,  Tschechisches Ägyptologisches Institut
Autoren: Markéta Kachlíková , Martina Rasch
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