Green Card für Tschechien: Regierung will mehr Ausländer ins Land holen

Wie andere EU-Länder hat auch Tschechien mit einer zu kleinen Geburtenrate zu kämpfen. Die Gesellschaft wird immer älter, in immer mehr Bereichen zeichnet sich ein Mangel an Arbeitskräften ab. Die Regierung in Prag hat bereits vor vier Jahren ein ambitioniertes Projekt ins Leben gerufen, um diesem Trend gegenzusteuern. Alles nicht ausreichend, heißt es im neuen Kabinett, das seit drei Monaten im Amt ist. Die Bestimmungen für den Zuzug von Ausländern sollen jetzt noch weiter liberalisiert werden.

Begonnen hat alles im Sommer 2003. Damals startete die Tschechische Regierung das Projekt "Legale Migration - offene Chance", das zunächst nur Bürgern aus Bulgarien, Kroatien und Kasachstan offen stand. Gut ausgebildete Menschen aus diesen Ländern wurden bevorzugt an tschechische Unternehmen vermittelt und erhielten rascher Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung. Später kamen schrittweise neun weitere Staaten hinzu, darunter die Heimat des jungen Ökonomen Vladimir:

Handelsminister Martin Riman
"Ich komme aus Weißrussland. Ich habe in Weißrussland Finanzwesen studiert, danach fünf Monate Tschechisch gelernt, und auch in Tschechien an der Uni Prüfungen abgelegt. Jetzt habe ich einen Arbeitsplatz gefunden, und ich glaube, dass ich hier bleiben werde - dank dieses Projekts!"

Vladimir ist zufrieden, die tschechische Regierung weniger. Der Erfolg des Projekts blieb nämlich weit hinter den Erwartungen zurück. 3000 Fachkräfte sollten jährlich auf den tschechischen Arbeitsmarkt gelockt werden, in den bisher vier Projektjahren waren es insgesamt nur 600. Der neue Handelsminister Martin Riman möchte das Programm deshalb radikal öffnen:

"Das Projekt aus dem Jahr 2003 hatte einen zu engen Rahmen, in den praktisch niemand hineingepasst hat. Es richtete sich ja nur an Bürger einiger weniger Staaten, und selbst die mussten schon im Vorfeld einen Arbeitsplatz finden. Man kann sich leicht vorstellen, wie es ist, aus dem Ausland Arbeit zu suchen. Die Unternehmen wollen ja nicht die Katze im Sack kaufen, sie möchten die Leute vorher sehen!"

Foto: Europäische Kommission
Ergebnis: Von dem Projekt profitierten hauptsächlich Menschen, die ohnehin bereits in Tschechien lebten - z.B. als Studenten, wie Vladimir. Deshalb sollen nun auch andere Ausländer die Möglichkeit bekommen, sich vor Ort einen Job zu suchen. Dabei werden in einem Punktesystem Ausbildung und Berufspraxis ermittelt. Wer besteht, bekommt eine Green Card für Tschechien und kann bereits zwei Jahre später um eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung ansuchen. Auch die Beschränkung auf einzelne Länder soll wegfallen.

Vom ursprünglichen Projekt aus dem Jahr 2003 ist also nicht mehr viel geblieben. Und die Bürger eines Staates, der von Anfang an dabei war, können auf eine Green Card mittlerweile überhaupt verzichten. Die Bulgaren nämlich, die seit Jahresbeginn Bürger der Europäischen Union sind und ganz ohne Einschränkungen in Tschechien arbeiten dürfen.