Wohin mit den Ausländern? Regierung bleibt hart – Sozialdemokraten fragen nach den Ursachen

Die ersten Ausländer, die das Angebot der Regierung akzeptiert haben (Foto: ČTK)

Im laufenden Halbjahr werden in Tschechien an die 70.000 ausländische Arbeitskräfte ohne gültige Arbeitserlaubnis sein. Viele von ihnen haben im Zuge der Wirtschaftskrise bereits ihren Arbeitsplatz verloren. Seit wenigen Wochen ist ein Regierungsprogramm in Kraft, das eine freiwillige Rückkehr fördert. 270 Ausländer haben einen Antrag gestellt; über 50 sind bereits abgereist. Die Opposition fragt nach Ursachen und Verschulden dieser für viele Ausländer katastrophalen Situation und bemüht sich um Abgrenzung von der harten Hand der Regierung.

František Bublan
In einem Punkt scheint es zwischen Regierung und sozialdemokratischer Opposition kaum Meinungsverschiedenheiten zu geben: ausländische Arbeitskräfte, die sich ohne Arbeit in der Tschechischen Republik aufhalten, driften ab in die Kriminalität. Der innenpolitische Experte der Sozialdemokraten und frühere Innenminister František Bublan im Tschechischen Fernsehen:

„Ich fürchte, dass viele dieser Menschen bei der organisierten Kriminalität landen, in den Drogenküchen für Pervitin und Marihuana. Oder sie versuchen in die anderen EU-Staaten zu gelangen und dann werden wir Probleme mit unseren Nachbarstaaten bekommen.“

Innenminister Langer von der konservativen ODS nickt. Es gibt seiner Überzeugung nach für Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Ländern nur eine Lösung.

Die ersten Ausländer,  die das Angebot der Regierung akzeptiert haben  (Foto: ČTK)
„Sie kehren zurück nach Hause. Entweder freiwillig oder unfreiwillig. Und sie haben Dank dieses ausgewogenen Rückreise-Projektes die Möglichkeit, sich zu entscheiden.“

Das Angebot der Regierung: ein Flugticket Richtung Heimat, 500 Euro cash und das Versprechen einer Vorzugsbehandlung, und zwar wenn die Zeiten sich wieder bessern sollten und die Ausländer erneut in Tschechien arbeiten wollen. Die anderen erwarte eine Zwangsausweisung inklusiver roter Karte und das heißt: Tschechien ist für sie auf Dauer adé, so der Innenminister:

Innenminister Ivan Langer
Die Sozialdemokraten finden die Maßnahme „Freiwillige Rückkehr“ nicht grundsätzlich verkehrt. Sie sehen die Schuld am derzeitigen Zustand aber beim Staat. Der habe den privaten Vermittlungsagenturen für ausländische Arbeitskräfte aus Vietnam, der Unkraine und der Mongolei freie Hand gelassen. 2000 dieser Agenturen gibt es in Tschechien. Sie hätten, so der Sozialdemokrat Bublan, enorme Summen von den Arbeitern und den Unternehmen kassiert und die ausländischen Arbeitskräfte jahresweise gleich mehrmals verkauft:

„Wir können heute schon von einer Art Menschenhandel sprechen oder vom Handel mit Arbeitskräften. Wir haben diese ausländischen Arbeitskräfte ausgenutzt und sind dabei nicht korrekt vorgegangen.“

Was wäre also zu tun laut Sozialdemokraten?

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„Ein Teil der arbeitslos gewordenen Ausländer könnte mit öffentlichen Arbeiten beschäftigt werden, damit sie Geld verdienen. Oder sie könnten an unseren Ausbildungsschulen eine Lehre machen. Hier fehlt es an Lehrlingen und die meisten der Ausländer sind ohne jegliche Bildung.“

Eine Lösung, um mehr Leute dazu zu bewegen, das Land zu verlassen, schiebt Bublan hinterher. Außerdem soll bei einem Regierungswechsel ein Immigrationsamt enstehen, das bereits in den Herkunftsländern für Aufklärung sorgt.

Für Innenminister Langer aber gilt: Individuelle Verantwortung, individuelles Risiko. Das ist es, was die Ausländer in Kauf genommen hätten, als sie in die Tschechische Republik gekommen seien. Sie hätten gewusst, dass ihre Arbeitserlaubnis nur ein Jahr gültig ist. Sie hätten gewusst, dass sie zum Beispiel in Vietnam tausende von Dollars an ihre inoffiziellen Visa-Vermittler zahlen müssten.

Aber dennoch: An den Zuständen im Land will auch Langer etwas ändern: Innerhalb des nächsten Monats sollen alle Vermittlungsagenturen von der Ausländerpolizei umfassend kontrolliert werden, ebenso wie die Wohnheime der ausländischen Arbeiter. Erst das Angebot, dann der Druck. Das ist die Linie, an der die Tschechische Regierung festhalten will.