Gross zum CSSD-Parteichef gewählt - Koalitionskrise geht weiter
Keinen Umbruch hat der 32. Parteitag der Tschechischen Sozialdemokratischen Partei gebracht, der am Osterwochenende in Brno / Brünn stattgefunden hat. Der bisherige kommissarisch amtierende Parteichef Stanislav Gross wurde zum Parteivorsitzenden gewählt und will auch als Premier weiter im Amt bleiben. Sein Gegenkandidat, Sozialminister Zdenek Skromach, verlässt nach acht Jahren die Parteiführung. Vor der Regierung stehen dramatische Verhandlungen um das Fortbestehen der Koalition. Markéta Kachlíková berichtet.
"Wenn man in Betracht zieht, dass es in der ersten Wahlrunde war und dass es von Anfang an zwei Kandidaten gab, dann glaube ich, dass es eine Entscheidung ist, die ihr Gewicht hat."
Sozialminister Skromach unterlag auch im Kampf und den Posten des ersten Parteivizevorsitzenden, und zwar dem Favoriten von Gross, Finanzminister Bohuslav Sobotka. Daraufhin kündigte er an, sich um keinen Parteiposten mehr bewerben zu wollen:
"Was mein weiteres Verbleiben in der Politik und auch in der Regierung betrifft, werde ich meine Position im Laufe dieser Woche in Erwägung ziehen."
Skromach gilt als Repräsentant des linken Flügels im Rahmen der CSSD. In Reaktion auf die Wahl der neuen Parteiführung verließen etwa 100 Delegierte den Parteitag. Zurzeit ensteht eine neue Fraktion der sozialdemokratischen Linken in der CSSD.
Die wichtigste Frage ist nun, was die Ergebnisse des Parteitags für seit Wochen andauernde Regierungskrise bedeuten. Diese ist wegen undurchsichtiger Besitzverhältnisse von Stanislav Gross und zweifelhafter Immobiliengeschäfte seiner Gattin ausgebrochen. Ein Koalitionstreffen am Dienstagmorgen brachte keine Einigung. Der christdemokratische Koalitionspartner verlangt weiterhin einen Rücktritt von Gross als Regierungschef.Premier Gross will allerdings bis zu den ordentlichen Wahlen im Juni 2006 regieren. Der CSSD-Parteitag nahm einen Beschluss an, der die Parteileitung auffordert, vorzeitige Neuwahlen zu verhindern. Sollte die Koalition zerfallen und Premier Stanislav Gross gezwungen sein, eine Minderheitsregierung zu bilden, würde er sich gegen eine Unterstützung durch die Kommunisten nicht wehren, bestätigte er in einem Gespräch für den Tschechischen Rundfunk:
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir zur Parteileitung der Kommunisten gehen und dort ein Abkommen schließen. Auch die kommunistische Partei muss sich aber die Frage stellen, ob sie in diesem Augenblick der Demokratischen Bürgerpartei helfen will. Wenn nicht, gibt es wohl eine Chance, dass die Regierung weiter machen wird. Ich bin sogar überzeugt, dass sich im Abgeordnetenhaus mehr Abgeordnete auch aus anderen politischen Parteien finden, die für einen Sturz dieser Regierung nicht abstimmen wollen."
Den Sturz der Regierung wünscht sich vor allem die oppositionelle Demokratische Bürgerpartei ODS, die ein Misstrauensvotum im Parlament initiieren will.