„Gut und günstig“ – Silvester in Prag steht bei Touristen hoch im Kurs

Foto: CzechTourism

Es ist bereits Tradition: Prag ist zum Jahreswechsel von Touristen überlaufen, denn Silvester im Ausland zu feiern ist beliebt. Die tschechische Hauptstadt wurde von einem amerikanischen Internetserver unlängst unter die zehn weltweit besten Reiseziele gewählt, um in das neue Jahr reinzurutschen. Und vor allem für Deutsche ist die Stadt an der Moldau immer wieder ein Klassiker.

Altstädter Ring in Prag  (Foto: Europäische Kommission)
Altstädter Ring in Prag, 16 Uhr unter der astronomischen Uhr. Es ist kalt kurz vor Silvester und trotzdem haben sich wieder einmal mehrere hundert Touristen versammelt, um dem Trompeter bei seinem Spiel zuzuhören. Die Silvesterfeier wird von immer mehr Menschen - vor allem von den jungen - nicht mehr zu Hause gefeiert, sondern im Ausland. Laut dem amerikanischen Internetreiseportal gayot.com gehört Prag zu den zehn interessantesten Städten auf der Welt, um in das neue Jahr reinzufeiern. Vor Prag liegen nur noch Las Vegas, Savannah und die Niagara-Fälle. Was aber macht Prag zu Silvester so attraktiv? Jan Papež von der tschechischen Reisebürovereinigung:

„Wir erwarten in diesem Jahr etwa 130.000 bis 140.000 Gäste. Prag hat ein sehr gutes Renommee. Es lässt sich hier die Besichtung von Sehenswürdigkeiten mit einer Vergnügungsreise verbinden, und das ist wesentlich für eine gelungene Silvesterfeier.“

Der Jahreswechsel fällt dieses Jahr genau auf ein Wochenende und ist daher perfekt für einen Kurztrip. Papež rechnet damit, dass die meisten Gäste ihren Aufenthalt noch um ein paar Tage verlängern. Übernachtungen an den Silvestertagen zu bekommen, wird für Kurzentschlossene sehr schwer werden, wie Simona Černá, Managerin des exklusiven Kempinski-Hotels in Prag bestätigt:

Kempinski-Hotel
„Über das Silvesterwochenende sind wir komplett ausgebucht, inklusive unserer Luxusapartments und der Präsidentensuite.“

Eine Gruppe junger Mädchen aus Lüneburg war zwischen den Jahren auf dem Altstädter Ring unterwegs. Ihre Silvesterfeier in Prag wurde allerdings aus persönlichen Gründen verhindert:

„Der eigentliche Plan war tatsächlich, hier Silvester zu feiern. Aber ich wollte dann doch in Lüneburg feiern, beziehungsweise wir wollten alle vier zusammen feiern.“

Also keine Abneigung gegen Prag, wie die vier beim Weggehen noch versicherten. Vielleicht haben sie damit eine gute Entscheidung getroffen, denn nicht nur die Hotels melden seit Wochen volle Bücher, auch die meisten Restaurants und Kneipen sind bereits für Feiern reserviert. Große Unterschiede bei der Party gibt es im Vergleich zu Deutschland eigentlich nicht, auch in Prag wird jede Menge Feuerwerk verschossen und natürlich Bier getrunken. Welche Touristen kommen denn am häufigsten?

Foto: CzechTourism
„Natürlich die Deutschen, und die Franzosen wurden von den Spaniern ein wenig verdrängt. Den Trend mit den höchsten Zuwachsraten zeigen aber Chinesen und Inder“,

so Jan Papež vom Reisebüroverband. Aber es gibt auch noch eine besondere Gruppe von Touristen, die immer häufiger zu Besuch kommt:

„Die Tschechische Republik ist für Russen eine traditionelle Destination. Dazu kommt, dass Tschechien dieses Jahr, dank der schwachen Krone, für die Russen billiger ist.“

Karlsbrücke mit einem Blick auf die Prager Burg
Die meisten Russen bleiben länger, um gleich noch das orthodoxe Weihnachtsfest am 6. Januar in Prag zu feiern. Und sie lassen deutlich mehr Geld in Prag: Ein Tourist gibt im Durchschnitt während seines Pragaufenthalts 110 Euro aus, russische Touristen liegen bei 320 Euro.

Auf der Karlsbrücke ebenfalls das gewohnte Bild: drängelnde Menschenmassen, babylonisches Sprachwirrwarr und staunende Blicke auf die Prager Burg. Eine Gruppe junger Dortmunder ist gerade dabei, Fotos zu machen. Das Ziel Prag war aber eigentlich eher das Produkt einer schnellen Entscheidung:

„Wir haben uns relativ kurzfristig entschieden. Aber es gefällt uns sehr gut hier. Wir waren in ein paar ganz guten Clubs, haben uns die Stadt angeguckt und eine Reiseführung mitgemacht. Jetzt laufen wir noch über die Karlsbrücke auf den Hradschin und dann: mal weiterschauen.“

Auf die Frage, warum sie sich ausgerechnet für Prag entschieden haben, haben sie eine einfache Antwort:

„Es war gut und günstig. Wir hatten ein gutes Angebot, da hat der Preis gestimmt.“

Jan Papež von der tschechischen Reisebürovereinigung scheint mit seiner Analyse richtig zu liegen: in Prag lassen sich Sehenswürdigkeiten mit guten Feiermöglichkeiten verbinden. Aber nicht nur Gruppen junger Leute fahren auf einen Abstecher an die Moldau, durch die Gassen der Altstadt schlendert auch ein Paar aus Frankfurt. Die Frau erfreut sich an architektonischen Leckerbissen:

Staatsoper
„Wir sind erst seit zwei Stunden da und sind ganz begeistert von den vielen historischen Bauwerken, die noch erhalten sind. Viele sehr alte Sachen und die vielen Kirchen hier, also im Moment sind wir total begeistert. Dabei sind wir ja erst am Anfang unserer Erkundungen.“

Und ihr Mann erzählt, was kulturell für den weiteren Aufenthalt und die Silvesterfeier geplant ist:

„Das ist ein ganz tolles Pauschalarrangement inklusive des Besuchs der `Fledermaus` in der Staatsoper mit anschließendem großem Galabuffet.“

Die Stadt Prag lässt sich den Silvesterbesuch tausender Touristen auch gerne etwas kosten. So wird der Straßenbahnnachtverkehr verstärkt, alle Linien fahren mit doppeltem Wagenangebot im 15-Minuten-Takt, und die Stadtreinigung rechnet schon mit mehreren Millionen Kronen für das Großreinemachen am Tag darauf. Wegen dem erwarteten Touristenansturm wird auch das spontan entstandene Kerzenmeer zu Ehren des verstorbenen Ex-Präsidenten Václav Havel vor der Statue des Heiligen Wenzel auf dem Wenzelsplatz am Samstag weggeräumt. Die Stadt befürchtet, dass es zur Beschädigung und zur Verwüstung des Gedenkortes kommen könnte.

Kerzen zu Ehren des Ex-Präsidenten Václav Havel vor der Statue des Hl. Wenzel  (Foto: Kristýna Maková)
Die Prager selbst werden es nicht mitbekommen, sie fahren über Silvester meist in die Berge oder aufs Land, weil sie glauben, Prag sei zum Jahreswechsel furchtbar. Vielleicht ist das aber auch nur Fehlinterpretation, wie eine junge Tschechin erzählt:

„Ich glaube, alle Leute denken, dass es schlimm ist, weil sie eigentlich nie zu Silvester in Prag waren.“

Wir von Radio Prag wünschen auf jeden Fall all unseren Hörern einen guten Rutsch ins neue Jahr und frohes Feiern, egal ob auf dem Land, in den Bergen oder in der Stadt - und egal ob in Deutschland oder Prag.