Hat Temelín die Nagelprobe endlich bestanden?

AKW Temelin

Das südböhmische Atomkraftwerk Temelín sieht aller Voraussicht nach seiner baldigen Nutzung zur Stromgewinnung entgegen. Seit der Öffnung des "Eisernen Vorhangs" wurde es ständig mit Kritik und Vorurteilen überhäuft und sah sich wie wohl kein zweites Kernkraftwerk in ganz Europa mit Argusaugen überwacht. Doch ein positives Urteil der Europäischen Kommission zu dessen Sicherheitslösungen sowie ein vermutlich ähnliches Zeugnis durch eine diese Woche vor Ort kontrollierende Expertengruppe der Internationalen Agentur für Atomenergie lassen den vorläufigen Schluss zu, dass Temelín seine Nagelprobe bestanden hat. Lothar Martin berichtet.

Die ganze Woche über weilte die aus Wien entsandte Expertengruppe in Temelín vor Ort, um noch offene, insbesondere von Österreich und Deutschland angezweifelte Sicherheitsfragen zu begutachten und zu beurteilen. Am Freitag wollte die elfköpfige Kommission, gebildet von Experten aus Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Spanien und Bulgarien sowie einem Beobachter aus Österreich, offen legen, zu welchem Ergebnis man dabei gelangt sei. Doch die Experten ließen sich für die öffentliche Stellungnahme noch ein wenig mehr Zeit. Dem Tschechischen Rundfunk gegenüber äußerte sich dafür die Vorsitzende der Prager Staatsbehörde für atomare Sicherheit, Dana Drábová, wie folgt: "Von dem, was ich im Verlauf der Mission innerhalb dieser Woche mitbekommen habe, weiß ich, dass in dem Report irgendwo geschrieben stehen wird, dass an allen so genannten Schwachstellen in erheblicher Mehrheit solche Lösungen gefunden wurden, die den Schluss zulassen, dass das Atomkraftwerk ein Niveau aufweist, wie es in der guten internationalen Praxis üblich ist."

Mit diesen Worten steht die Chefin der tschechischen Atomsicherheitsbehörde offensichtlich nicht allein. Unlängst war auch die im Melker Prozess eingeschaltete Europäische Kommission zu der Ansicht gelangt, dass Temelín keine gravierenden Sicherheitsmängel aufweise. Wie zur Bestätigung wurde am Donnerstag bekannt, dass die Europäische Kommission die Forderung des Europäischen Parlaments nach Durchführung einer internationalen Konferenz über die Stilllegung des südböhmischen Atomkraftwerks Temelín und dessen Finanzierung endgültig abgelehnt habe. Ein entsprechendes Schreiben haben der Kommissar für die EU-Erweiterung Günter Verheugen und die EU-Kommissarin für Energetik Loyola de Palacio am 16. November an die Vorsitzende des Europaparlaments Nicole Fontaine abgesandt, wurde durch den Sprecher der Kommission Jean-Christophe Filori verlautbart. "Die Europäische Kommission sieht keine Möglichkeit, diese Initiative zu unterstützen," zitierte Filori aus dem Schreiben, das nicht veröffentlicht wurde. Als Begründung wird in diesem angeführt, dass die Tschechische Republik eine derartige Konferenz angelehnt habe und dass es in der europäischen Legislative keine Handhabe für den sog. Begriff "steckengebliebene Kosten" in Form von Investitionen gebe, mit denen das Europäische Parlament operiere, hieß es.

Unterdessen haben die Stimmen, die das Verharren der österreichischen Position auf einem Veto gegen den tschechischen EU-Beitritt und einem österreichischen Referendum wegen Temelín kritisieren, zugenommen. Anhand der mehrfach durchgeführten Überprüfungen von Temelín zu Sicherheitsstandards und zur Umweltverträglichkeit, die zu keinen negativen Ergebnissen geführt hätten, sollte der Melker Prozess nun zu einem würdigen Ende gebracht werden, lautet der allgemeine Tenor dieser Meinungen.