Heilige Agnes – Prinzessin und Ordensschwester
Im letzten Jahr waren es 800 Jahre seit ihrer Geburt. Die Přemysliden-Prinzessin Agnes war eine der herausragenden Frauenpersönlichkeiten im mittelalterlichen Böhmen. Bekannt geworden ist sie durch ihre karitative Tätigkeit, vor allem als Stifterin eines Spitals und eines Klosters. Erst ein paar Tage vor dem Ausbruch der Samtenen Revolution wurde Agens von Böhmen heilig gesprochen. Verehrt wurde sie aber schon Jahrhunderte zuvor. Anlässlich ihres 800. Jubiläums wurde im Prager Agneskloster Ende des vergangenen Jahres eine Ausstellung eröffnet.
Agnes wurde als Tochter des böhmischen Königs Přemysl Ottokar I. geboren. Ihre Tante war Hedwig von Schlesien, die später heilig gesprochen wurde. Agnes wurde ihr im Kloster Trebnitz zur Erziehung anvertraut. Die ungarische Prinzessin, die heilige Elisabeth, war außerdem eine Cousine von Agnes. Die Přemysliden-Prinzessin Agnes zog ein Klosterleben einer politischen Heirat vor, die für sie als königliche Tochter vorgesehen war. 1233 überzeugte sie ihren Bruder, den König davon, ein Kloster zu gründen, dessen Äbtissin sie dann selbst wurde. Sie stand in Briefkontakt mit Klara, der Weggefährtin von Franz von Assisi und es gelang ihr, den neuen Orden der Klarissinnen nach Prag zu holen. Agnes stiftete in Prag zudem ein Spital zu Ehren Franz von Assisis. Daraus ging später der böhmische Orden der Kreuzherren mit dem Roten Stern hervor, der 1237 von Papst Gregor IX. anerkannt wurde. 1237 legte die Přemyslidin das Amt der Äbtissin nieder, einen großen Einfluss auf das Kloster hatte sie aber weiterhin. Agnes starb 1282. Selig gesprochen wurde sie erst 1874.
Die Ausstellung mit dem Titel „Die heilige Agnes – Prinzessin und Ordensschwester“ wurde vor allem dank der Initiative des Prager Erzbischofs Dominik Duka zusammengestellt, erzählt Vladimír Kelnar. Er ist Kurator der Agnes-Ausstellung. Duka sei bemüht, historische Persönlichkeiten der Öffentlichkeit näher zu bringen, so Kelnar weiter:„Die Ausstellung ist eine Art Hommage an die Prinzessin und ist Ausdruck unserer Dankbarkeit. Agnes wird hierzulande immer mit dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes in der Tschechoslowakei verbunden sein. Jahrhunderte lang bemühte man sich um die Heiligsprechung von Agnes von Böhmen. Gelungen ist es aber erst kurz vor dem Fall des Kommunismus. Wir stellen hier historische Gegenstände aus, die an das Wirken von Agnes erinnern. Zudem wollten wir die Entwicklung des Agnes-Kultes bis in die Gegenwart dokumentieren.“
An den Vorbereitungen der Ausstellung beteiligten sich neben dem Prager Erzbistum auch die Prager Nationalgalerie und die Karlsuniversität, die unter anderem durch Kunsthistoriker Jan Royt vertreten war:
„Ich habe mich am Gesamtkonzept der Ausstellung beteiligt und habe angemerkt, welche Exponate hier nicht fehlen sollten – von den ältesten Gemälden bis zu den Kunstwerken aus dem 20. Jahrhundert.“Jan Royt weißt in der Ausstellung darauf hin, dass nicht nur Agnes, sondern auch einige weitere Frauenpersönlichkeiten im Mittelalter Anhängerinnen der so genannten „Bettelorden“ oder „Mendikantenorden“ waren – vor allem der Klarissen und der Minoriten.
„Diese Orden waren im Unterschied zu dem Benediktiner- oder dem Zisterzienserorden in den Städten vertreten und haben dort die Predigerarbeit und vor allem die karitative Arbeit geleistet. All diese adeligen Damen wie Agnes, ihre Verwandten Elisabeth von Thüringen und Hedwig von Schlesien, sowie Agnes’ Schwester, Anna von Böhmen - sie alle widmeten sich der Caritas. Sie hatten alle tiefes Mitgefühl mit den Kranken und Notleidenden. Agnes erlebte außerdem, dass man sie als politisches Mittel benutzen wollte. Sie wurde verschiedenen europäischen Herrscherhäusern zur Ehe versprochen worden war. Das hat sie stark beeinflusst.“
Eines der wertvollsten Exponate ist Professor Royt zufolge die so genannte „Puchners Arche“: Es ist ein spätgotischer Altaraufsatz, den der Großmeister der Kreuzherren mit Rotem Stern, Mikuláš Puchner, für die erste Kirche seines Ordens herstellen ließ.„Die verschiedenen Teile der Arche wurden schon für die Agnes-Ausstellung im Jahre 1932 zusammengestellt. Es handelt sich um ein kunsthistorisch sehr bedeutendes Werk. Der Maler stand bestimmt den Künstlern aus Köln nahe. Auf dem Altaraufsatz sieht man unter anderem ein Bild einer Heiligen mit einem Kranken. Die Abgebildete ist wahrscheinlich nicht Agnes von Böhmen, sondern entweder die heilige Hedwig von Schlesien oder Anna von Böhmen. An diesem Auftrag für so ein großes Kunstwerk merkt man, dass der Kreuzherrenorden nach den Hussitischen Kriegen wieder auflebte. Die linken Altarseite stellt die Gründung des Klosters mit der königlichen Tochter Agnes dar.“
Neben der Arche aus dem Jahr 1482 macht der Kunsthistoriker auf ein weiteres Exponat aufmerksam, das auch mit Mikuláš Puchner zu tun hat.
„Es handelt sich um eine Monstranz aus der Barockzeit, die aus einer älteren Monstranz gegossen wurde, die Puchner einst herstellen ließ. Auf einem Schild, das von der ursprünglichen Monstranz stammt, ist die Klostergründung abgebildet. Die heilige Agnes hält einen Kirchenbau in der Hand. Zu sehen ist auch der erste Großmeister der Kreuzherren Albert. Ein Bild mit demselben Kirchenbau findet man im hier ausgestellten Brevier des Kreuzherrengroßmeisters Lew aus dem Jahre 1356. Man merkt, dass den Kreuzherren die ursprüngliche Monstranz sehr wichtig war. Denn das mittelalterliche Schild platzierten sie in den unteren Teil der Barock-Monstranz.“Das älteste Portrait der heiligen Agnes findet man ebenfalls im Brevier des Großmeisters Lew. Agnes wird in dem handschriftlichen Text wortwörtlich als „Fundatrix“ also die „Stifterin“ bezeichnet. Die Schrift stammt aus dem Jahr 1356. Was weiß man denn noch über Agnes? Jan Royt:
„Die Legenden schildern sie als eine sehr reizvolle Frau. Um Agnes warben übrigens viele bedeutende Männer, unter anderem Kaiser Friedrich II. Nachdem sie dem Orden beigetreten war, der verhältnismäßig strengen Regeln unterlag, wurde sie mit asketischem Gesicht abgebildet.“
Eher asketisch sieht Agnes auch auf Gemälden aus, die erst einige Jahrhunderte nach ihrem Tod entstanden. Dazu gehören auch Graphiken und Medaillen aus dem 20. Jahrhundert.Die Agnes-Ausstellung wird durch ein reichhaltiges Begleitprogramm ergänzt. Diese Woche begann ein Vortragszyklus, in dem auch andere Frauenklöster der böhmischen Länder oder der Stadtteil, in dem Agnes in ihrem Kloster gelebt hat, ausführlich vorgestellt werden. Die Ausstellung ist im Agneskloster bis zum 25. März zu sehen.