Highlight in Deggendorf: Die Bayerisch-Böhmische Kulturwoche
Die deutsch-tschechischen Beziehungen haben eine lange Vorgeschichte. Schon bevor sich die Regierungen überhaupt angenähert haben, gab es schon längst Partnerschaften und Projekte auf kommunaler Ebene. Deggendorf liegt im Osten Niederbayerns und hat ungefähr 30.000 Einwohner. Die Stadt veranstaltet im Drei-Jahres-Rhythmus eine bayerisch-böhmische Kulturwoche. In diesem Jahr wird sie vom 8. bis zum 15. September stattfinden. Mehr dazu nun in einem Gespräch mit Günther Löffelmann. Er ist der Leiter des Kulturamtes im Deggendorfer Rathaus.
„Die Kulturwoche ist aus einer Idee entstanden, die sich schon auf den Fall des Eisernen Vorhanges bezieht. Die Deggendorfer Verwaltung hat nach 1989 schlicht die Gelegenheit genutzt, kulturelle und wirtschaftliche Beziehungen mit Böhmen wieder zu suchen. Und diese sind bereits 1500 Jahre alt. Die 50-jährige Unterbrechung jedoch ist auf den Eisernen Vorhang zurückzuführen, also bleibt es im Gesamtbild eine kurze Zeit des Schweigens. Diese Beziehungen waren gefestigte kulturelle und wirtschaftliche Strukturen, sie gingen sogar bis in das Familiäre hinein. Daraus ergab sich für uns in Deggendorf die Diskussion, wie man diesen Faden wieder aufnehmen könnte. Einer unserer Bürger, Adalbert Hartmann, hat sich diesen Dingen ebenfalls angenommen. Aus dieser öffentlichen politischen Diskussion kamen wir zu dem Ergebnis, dass wir mit einer bayerisch-böhmischen Kulturwoche diese sehr alten Verbindungen wieder aufleben lassen könnten. Und im Jahr 2004 gab es dann das Ergebnis, nämlich die erste bayerisch-böhmische Kulturwoche.“
In den vergangenen Jahren haben Konzerte, Ausstellungen und Theateraufführungen die Kulturwoche geprägt. Was können die Besucher in diesem Jahr erwarten?„Wir haben wieder versucht, einen Mix zusammenzustellen. Er soll möglichst alle Bevölkerungsgruppen ansprechen. Das Programm umfasst Vorlesungen, Ausstellungen und sogar Reisen. Wir finden, dass wir die Leute durch direkte Kontakte zusammenbringen sollten. Eine Premiere ist sicherlich der Tschechisch-Sprachkurs, den wir kostenlos anbieten. Damit wollen wir den Menschen die Angst vor der Sprache nehmen. Um die Menschen einander näher zu bringen, ist es nicht schlecht, ein Grundverständnis für die jeweils andere Sprache zu schaffen. Den Abschluss der Kulturwoche bildet ein großes Knödelessen am Alten Rathaus, untermalt von bayerischer und böhmischer Musik. Wir erwarten rund 100 Musiker aus unserem Bundesland sowie aus dem tschechischen Landesteil. Dazu servieren wir natürlich bayerisch-böhmische Schmankerl an unserer Tafel, die ungefähr 500 Sitzplätze bietet. Der Stand der Vorreservierungen ist sehr gut. Wir haben gute Aussichten darauf, dass die Veranstaltung auf große Resonanz stoßen und ein schönes gesellschaftliches und kulturelles Ereignis werden wird. Die bayerisch-böhmische Woche gilt als Highlight unter diesen Veranstaltungen, die sich allgemein großer Beliebtheit erfreuen.“
Ihre südböhmische Partnerstadt Písek ist ja auch beteiligt. Gibt es dort eine ähnliche Veranstaltung?„Die Partnerschaft zu Písek gibt es schon seit 15 Jahren. Die südböhmische Stadt ist mit der Größe Deggendorfs vergleichbar, sie hat in etwa 30.000 Einwohner. So wie die Donau an der Schwelle Deggendorfs fließt, durchzieht der Fluss Otava unsere Partnerstadt. Man hat sich also über die Jahre hinweg kennengelernt, und der Austausch ist rege. Das betrifft den kulturellen, den sozialen und den wirtschaftlichen Bereich. Písek feiert jedes Jahr ein Bürgerfest, und Deggendorfer Musikgruppen sind dort alljährlich vertreten. Außerdem fahren viele Vereine und Verbände nach Tschechien, die von uns finanziell unterstützt werden, wenn sie an den Veranstaltungen in Písek teilnehmen. Damit wollen wir das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Freundschaft beider Städte fördern.“
Dieses Jahr erlebte Deggendorf dramatische Wochen, und zwar durch das Hochwasser. Hat das Hochwasser die Planung der Veranstaltung erschwert oder anderweitig beeinflusst?„Wir hatten dieses Jahr eine Jahrhundertkatastrophe in Deggendorf durchzustehen. Ein Hochwasser in diesen Ausmaßen hat die Stadt bislang noch nicht erlebt. 1954 gab es zwar ein starkes Hochwasser, doch das war bei weitem nicht so dramatisch wie im Juni. Wir waren im Dauereinsatz, und das hat unsere Kräfte und Ressourcen wochenlang gebunden. Trotzdem werden wir die Kulturwoche aufgrund einer sehr langen Vorbereitungsphase so durchführen können, wie es beabsichtigt ist. Das Hochwasser hat diese also nicht direkt betroffen. Es hat uns aber gezeigt, dass diese Stadt sehr viele Freunde hat, gerade in Zeiten solcher Katastrophen. Dazu zählt auch Písek. Der dortige Bürgermeister Ondřej Veselý hat uns verschiedene Hilfsangebote unterbreitet. Das umfasste auch die Entsendung von speziell für solche Situationen ausgebildeten Feuerwehrkräften. Denn die böhmische Stadt kennt solche Fälle ja durch ihre Nähe zur Otava. Písek selbst war vor wenigen Jahren durch Hochwasser betroffen. Wir mussten diese Hilfe nicht in Anspruch nehmen, da die Einsatzkräfte hier vor Ort zahlreich waren. Aber gerade in dieser schweren Krise hat sich eben gezeigt, dass auf die Partnerstädte Verlass ist: In der Not würden sie beistehen. Das Angebot hat in der Deggendorfer Öffentlichkeit eine sehr positive Wirkung gehabt.“