Hörerforum
Ahoi und herzlich willkommen zum Hörerforum von Radio Prag. Auch heute wollen wir wieder ein wenig in der Postmappe blättern und uns mit Ihren Zuschriften befassen. Am Mikrofon begrüßen Sie dazu Katrin Bock und Lothar Martin.
Diese Zeilen stammen von Herrn Martin Brosche aus Schwäbisch Gmünd und drücken in kürzester Form in etwa aus, was die Menschen aus Mitteleuropa, aber auch anderswo in diesen Tagen am meisten bewegt: der Irak-Krieg und seine Folgen. Warum die Haltung in Deutschland zu diesem Krieg dabei mit übergroßer Mehrheit eine ablehnende ist, das verdeutlicht wohl die Zuschrift unseres Hörers Otto Beutel aus Herne am besten. Herr Beutel schrieb u.a.:
"Nun hat der Krieg begonnen und es sterben wieder unschuldige Menschen. Nur weil Herr Bush meint, er müsste mit seiner ´Vision´ den ganzen arabischen Raum ´demokratisieren´. Aber dass er die halbe Welt damit durcheinander bringt, werden Bush, Blair und wie sie alle heißen, wohl nie begreifen. Nachdem wir den 2. Weltkrieg mit erlebt haben, führen die Fernsehbilder am Abend mit der Kriegsberichterstattung dazu, dass wir schlecht schlafen können."
In Deutschland, ganz augenscheinlich aber vor allem im östlichen Teil des Landes, der im großen und ganzen dem Gebiet der ehemaligen DDR entspricht, stößt vor allem die Person von US-Präsident George W. Bush auf Kritik. Ob die Kritik nun in jeder Form berechtigt oder manchmal auch überzogen ist, das wollen wir an dieser Stelle nicht diskutieren. Nein, wir wollen lediglich einen zarten Versuch starten und andeuten, worin diese ablehnende Haltung begründet liegen dürfte - nämlich im selbstgerechten Auftreten des Mannes an der Spitze der einzig noch verbliebenen Supermacht dieser Welt und der mit dieser Rolle einhergehenden Hegemonieansprüche. Herr Andreas Mieth aus Berlin jedenfalls ließ uns in seinen Anmerkungen zu den US-amerikanischen Bestrebungen u.a. folgendes wissen:
"Bei Radio Vatikan hatte es geheißen, dieser Feldzug - US-Präsident Bush spricht gar von einem Kreuzzug - hätte längst festgestanden, und zwar völlig unabhängig vom Verhalten der irakischen Führung. Wie Recht hatte doch der US-amerikanische Schauspieler George Clooney, als er sagte: ´Machen wir uns nichts vor: Bush ist einfach dämlich."
Harsche Worte, doch von solcher Kritik bleibt in der Meinung einiger unserer Hörer auch die Tschechische Republik nicht verschont, und zwar wegen ihrer kaum erkennbaren Haltung zu diesem Konflikt. Horst Krüger aus Hannover zum Beispiel meint:
"Macht man es sich in Ihrer Regierung nicht etwas zu leicht, wenn man feststellt, Rechtmäßigkeit und Unrechtmäßigkeit eines Irak-Einsatzes hänge von der Interpretation ab. Mit einer solchen Einstellung lässt sich wohl jegliche Aktivität rechtfertigen. Außerdem ist man sich bei Ihnen augenscheinlich auch zwischen den maßgebenden Leuten nicht einig, ob man an dem Eingreifen beteiligt ist oder nicht. Das klingt schon etwas eigenartig."
Herr Frank Moser aus Dresden schreibt zu dieser Thematik:
"Es ist ein wenig jämmerlich, wie sich Tschechien so um eine klare Position windet. Herr Svoboda bildet sich eher seine Meinung und verkündet sie als die der Regierung."
Und einige Zeilen weiter fügt Herr Moser an:
"Aber so ist es. Es zeigt uns damit eine Seite von Tschechien, wo ich mich frage, hat Tschechien so große Komplexe? Und wenn ja, warum? Einerseits ist Tschechien stolz auf sich und seinen Staat und seine Unabhängigkeit, und andererseits fragt man sich, ist Tschechien jetzt in der Pubertät?"
Am Ende seiner Ausführungen fügt Herr Moser an, dass Tschechien endlich seine Unabhängigkeit mehr zeigen und vor allem selbstbewusster, auch den USA, Deutschland oder der EU gegenüber, auftreten sollte. Dass die Tschechische Republik in diesem militärischen Konflikt aber nicht nur eine destruktive, sondern auch eine hilfreiche Rolle einzunehmen gedenkt, daran erinnerte Jürgen Biesinger aus Stuttgart in seinem Brief:
"Ich stehe ebenfalls wie in Ihrem Beitrag moderiert auf dem Standpunkt, dass eine humanitäre Hilfe tschechischer Soldaten im Irak richtig ist. Nach dem Ende des Krieges wird sehr viel Hilfe auf allen Gebieten nötig sein. Mit dieser Teilnahme steigt das Ansehen der Tschechischen Republik im Ausland weiter an."
Einige unserer Hörer haben sich auch mit den Rollen der Kriegsbefürworter und der Kriegsgegner und dabei ganz speziell mit dem Erscheinungsbild, das Europa in diesem Konflikt einnimmt, befasst. Und diese Bestandsaufnahme fiel mithin sehr kritisch aus, wie die E-Mail-Zuschrift von Herrn Reiner Holtmann belegt:
"Schade dass Europa nicht mit einer Stimme spricht, dass eigentlich aus meiner Sicht auch kein ernsthafter Versucht gemacht wird, miteinander im Rahmen eines Sondergipfels ins Gespräch zu kommen. Für mich ist es zur Zeit so, dass die EU zu einer bloßen Wirtschaftsgemeinschaft verkommt. Von einer politischen Einheit kann man nicht sprechen. Hier ist Europa wohl nicht ganz ernst zu nehmen."
Im folgenden kritisiert Herr Holtmann bei der Frage der Haltung Europas zu diesem Konflikt auch den Umgang von Schröder und Chirac mit den zukünftigen Mitgliedern der EU. Doch an dieser Stelle wollen wir das tragende Thema dieser Tage beenden, weil wir der Meinung sind, dass dieser Krieg bereits jetzt an vielen Orten dieser Welt und vor allem in den Köpfen vieler Menschen sehr viel - um es bildlich auszudrücken - Porzellan zerschlagen hat. Darüber wird nach dem Krieg noch sehr viel zu reden sein, auch darüber ob und wie dieses Porzellan nach Möglichkeit wieder zu kitten ist. Daher jetzt ein kurzes Break und danach wollen wir Ihnen noch zwei junge Hörer unseres Senders kurz vorstellen.
Radio Prag liegt nicht außerhalb dieser Welt, sondern mitten in Europa. Darum kommt es nicht selten vor, dass uns immer wieder besonders Interessierte aus unserer Hörergemeinde besuchen kommen, wenn sie sich schon einmal in der "Goldenen Stadt" aufhalten. Geschieht dies nach entsprechender Vorankündigung, dann bemühen wir uns auch immer, die erforderliche Zeit für unsere Gäste zu finden. So wie im Fall der beiden Studenten von der Deutschen Journalistenschule in München: Meike Kirsch und Oliver Das Gupta, ein deutscher Staatsbürger mit indischem Vater. Als angehende Journalisten waren beide natürlich sehr daran interessiert, einen Einblick über unsere Arbeitsbedingungen zu erlangen. Umso erfreulicher das Urteil, das Oliver nach dem Kurzbesuch in unseren Studios zog. Doch zuvor erfahren Sie von Meike Näheres zu den Beweggründen für den Besuch der beiden Wahl-Münchner in unserem Haus:
Sie hörten einen Auszug aus dem Gespräch, das wir mit den beiden Journalistikstudenten Meike Kirsch und Oliver Das Gupta geführt haben. Und damit sind wir auch schon wieder am Ende unseres aktuellen Hörerforums angelangt. Wir danken Ihnen, dass sie uns mit Interesse zugehört haben und verbleiben bis zu unserer nächsten Hörerpostsendung heute in 14 Tagen - Ihre Katrin Bock und Ihr Lothar Martin.