Hörerforum
In unserem heutigen Hörerforum steht der bevorstehende EU-Beitritt der Tschechischen Republik und weiterer neun europäischer Länder im Mittelpunkt. Wir zitieren aus Hörerzuschriften zu diesem Thema und vermitteln Ihnen ebenso die Meinungen von Hörern zu "Radio E" und "Europa im Gespräch", den beiden Gemeinschaftsproduktionen deutscher Rundfunksender in Europa. Zum Abschluss der Sendung warten wir noch mit einem interessanten Buchtipp auf.
Mit diesen Zeilen begann Herr Helmut Matt aus Herbolzheim seinen Hörerbrief, der Ende Januar in unserer Redaktion eingegangen ist. Und in der Tat, der EU-Beitritt der zehn neuen Mitgliedsstaaten rückt immer näher - in gut zwei Monaten ist es soweit. Ein Datum, das auch unsere Hörer dazu veranlasst, sich immer intensiver über die bevorstehende größte Erweiterung der Europäischen Union zu informieren. So wie Herr Günther Bauch aus Fraureuth, der uns schrieb:
"Besonders jetzt, wo die Aufnahme der zehn neuen Länder in die EU am 1. Mai bevorsteht, heißt es für mich, noch mehr zu hören, wie die Politiker, die Menschen und die Wirtschaft die Dinge dann in der EU beurteilen."
Dass die Erweiterung der Europäischen Union nicht nur rosarot, sondern wiederholt auch sehr kritisch gesehen wird, dies verdeutlicht der Brief, den wir von Herrn Rüdiger Heinrich aus Buxtehude erhalten haben. Darin teilte er uns mit:
"Ihren Programmen und der hiesigen Presse nach entnehme ich, dass in Ihrem Land, wie auch vor allem in Polen und in Ungarn, die Euphorie des EU-Beitrittes einem ausgewachsenen Kater gewichen ist. Hohe Arbeitslosigkeit und steigende Inflation sprechen für sich. Viele aus den so genannten ´alten´ EU-Ländern, so auch ich, saßen eher kopfschüttelnd vor den TV-Geräten, als die Jubelbilder aus Prag und Warschau übertragen wurden."
Unser Stammhörer Engelbert Borkner aus Hildesheim nannte dann auch gleich eine Problematik beim Namen, die den Bürgern der zehn neuen Beitrittsländer durchaus Verdruss bereiten dürfte:
"Jetzt, gut zwei Monate vor dem Beitritt von zehn neuen Staaten in die EU, werden einige Staaten aktiv und beschließen Übergangsfristen, um die Freizügigkeit von Arbeitnehmern aus den neuen Beitrittsländern für die erste Zeit einzuschränken. Ich erinnere mich noch daran, als nach Abschluss der Beitrittsverhandlungen Österreich und Deutschland längere Übergangsfristen für Arbeitnehmer aus den zukünftigen Mitgliedsländern durchsetzten. Von den alten Mitgliedsländern wurde diese Regelung äußerst scharf kritisiert. Zu ihnen gehörten auch die Niederlande. Und was machen die jetzt. Sie setzen auch Fristen. Anscheinend hat man in den Niederlanden inzwischen auch kalte Füße bekommen."Unserem Hörer Joachim Bader sind diese Übergangsfristen ganz besonders bitter aufgestoßen, da sie immer nur einseitig die Interessen der Länder verfolgen, die sich diese Fristen ausbedungen haben. Aber sie berücksichtigten in keiner Weise die nicht minder berechtigten Interessen der neu zur Union stoßenden Staaten, ja stellen in gewisser Weise sogar eine Diskriminierung dar. Herr Bader zeigt an seinem eigenen Beispiel auf, wie sehr ihm diese Regelung missfällt:
"Meine Freundin kommt aus dem ostböhmischen Rychnov nad Kneznou. Sie ist fleißig und willens zu arbeiten - hierzulande jedoch für einen ´Hungerlohn´ von 6000 Kronen, wenn sie diese Summe überhaupt erhält. Und dafür muss sie auch noch über 60 Stunden in der Woche malochen, ansonsten müsste sie zwei Jahre auf eine Arbeit warten. Die Nebenkosten und die Miete betragen schon 5000 Kronen. Für Essen, Kleidung und Fahrtkosten sind es noch einmal 4000 Kronen. Woher nehmen?"
Dies fragt Herr Bader, der offensichtlich seine Lebensgefährtin finanziell unterstützt und es sicher begrüßt hätte, wenn er sie ohne bürokratischen Aufwand zu sich nach Deutschland hätte holen können, wo sie als neue EU-Bürgerin auch eine Chance am Arbeitsmarkt verdient hätte. Durch die bereits erwähnten Übergangsfristen ist das jedoch noch nicht möglich, und daher fällt auch das Urteil von Herrn Bader über die Politiker, die diese Regelungen ausgehandelt und durchgesetzt haben, ziemlich deutlich aus:
"Europa JA - diese Regierunen NEIN! Abschaffen, alle!"
Mit der zitierten Wortmeldung von Herrn Bader waren wir zweifellos am emotionalen Höhepunkt unseres heutigen Hörerforums angelangt. Es gibt andererseits aber auch positive Beispiele, die mit der EU und insbesondere den Beziehungen zwischen Tschechien und Deutschland verknüpft werden. Eines davon ist das deutsch-tschechische Gymnasium in Pirna, zu dem uns Frau Martina Pohl aus Überlingen ihre Meinung wie folgt offerierte:
"Dass deutsch-tschechische Schüler gemeinsam unterricht werden, wie am Gymnasium in Pirna, ist lobenswert. Verständnis und Kennen lernen werden untereinander herbeigeführt und ein wichtiger Austausch kann stattfinden."
Und Herr Achim Kissel aus Duisburg schrieb uns zu diesem Thema:
"Ein sehr gutes Beispiel dafür, wie junge Menschen unserer beiden Länder sich vorurteilslos begegnen können, brachten Sie in dem Beitrag über das deutsch-tschechische Gymnasium in Pirna. Ich hoffe, dass es immer mehr solcher Projekte geben wird. Leider wird heute vielfach gerade im Bildungsbereich gekürzt und eingespart. Übrigens mit fatalen Folgen, wie die PISA-Studie über unser Land offenbarte."
Im Zusammenhang mit dem EU-Beitritt der zehn neuen Mitgliedsländer wird von vielen unserer Hörer auch immer wieder die Sendung von "Radio E" hervorgehoben, die wöchentlich von der Deutschen Welle in Zusammenarbeit mit mehreren deutschsprachigen Auslandssendern aus halb Europa, darunter mit der deutschen Redaktion von Radio Prag produziert wird. Von unserem Sender wird diese Gemeinschaftsproduktion schon seit längerem immer samstags und sonntags um 12 Uhr ausgestrahlt. Ebenso die einmal monatlich produzierte Sendereihe "Europa im Gespräch". Und das findet bei unseren Hörern einen immer breiteren Anklang. Zum Beispiel bei Herrn Christoph Ratzer aus Grödig in Österreich:
"´Europa im Gespräch´ ist immer eine sehr hörenswerte, weil kurzweilige Sendung, die abseits von nationalen Interessen zusammengestellt wird. Somit ist (nicht nur...) der erste Samstag im Monat ein Fixpunkt vor dem Radioempfänger bei Radio Prag!"
Herr Ralf Urbanczyk aus Eisleben ließ uns zu "Radio E" folgendes wissen:
"Ein guter Nebeneffekt bei ´Radio E´ ist, dass hier Rundfunksender zu hören sind, die ich eigentlich sonst überhaupt nicht mehr oder nur noch unter erschwerten Bedingungen hören kann, da sich diese Sender von den leicht erreichbaren Medienträgern wie dem Kurzwellenrundfunk zurückgezogen haben."
Und Herr Kissel aus Duisburg, den wir heute bereits zitiert haben, wirft ein, dass er solche durchaus kritischen Sendungen wie "Radio E" jedem Schüler für seine politische Bildung sehr empfehlen würde. Und mit einer Empfehlung möchten wir das Hörerforum auch beschließen. Sie stammt von Herrn Matt, mit dem wir unsere heutige Sendung begonnen haben. Hier ist sie:
"In einer Buchhandlung habe ich jüngst ein besonders schönes Buch von Jirí Grusa entdeckt, das den Titel ´Gebrauchsanweisung für Tschechien und Prag´ trägt. Von anderen Büchern hebt es sich schon auf den ersten Blick dadurch ab, dass es in diesem Buch keine Bilder gibt. Es ist auch weit mehr als ein Reiseführer: Ein höchst amüsant geschriebenes Buch über Tschechien, die Tschechen und all die Urteile und Vorurteile, die es über Tschechien gibt. Spannend, witzig, hintersinnig und voller Selbstironie. Man kann dieses Buch nur wärmstens empfehlen!"
Was wir hiermit getan haben. Ein Hinweis sei jedoch noch gestattet. Jirí Grusa ist seit November vergangenen Jahres der neue Vorsitzende des internationalen PEN-Clubs und bis Ende dieser Woche auch noch der tschechische Botschafter in Wien. Ab März wird er sich jedoch voll und ganz seiner neuen Aufgabe im PEN-Club widmen. Und wir widmen uns Ihrer Hörerpost wieder heute in 14 Tagen. Also bleiben Sie uns treu.