Hoffnung im Kampf gegen Korruption: Lenka Bradáčová neue Prager Oberstaatsanwältin
Lange Zeit war der Posten des Prager Oberstaatsanwalts die Achillesferse des tschechischen Justizwesens. Der ehemalige Inhaber des Postens, Vlastimil Rampula, galt als befangen. Ihm wurden Kontakte zu Wirtschaft und Politik nachgesagt und ein Gericht musste feststellen, dass er Verfahren verschleppt und Untergebene unzulässig beeinflusst hat. Daraufhin musste er seinen Posten räumen. Vor der Neubesetzung aber musste der ehemalige Justizminister und erbitterter Gegner Rampulas ebenfalls seinen Hut nehmen. Sein Nachfolger Pavel Blažek hat den Posten des Oberstaatsanwalts nun endlich wieder besetzt – und zwar mit der Wunschkandidatin seines Vorgängers.
„Heute wurde ich zur Oberstaatsanwältin ernannt. Es ist eine komplizierte Aufgabe, wie bei allen leitenden Staatsanwälten. Morgen werde ich meine Stelle antreten. Das ist alles, was ich zu dieser Entscheidung sagen will.“
Bradáčová hat in Prag Jura studiert und 1998 ihr Examen abgelegt. Anschließend promovierte sie und erhielt 2001 die Doktorwürde. Im gleichen Jahr wurde sie Staatsanwältin in Litoměřice / Leitmeritz und 2003 dann stellvertretende Kreisstaatsanwältin in Ústí nad Labem / Aussig. Genau auf diesem Posten wurde sie im Land bekannt: sie erarbeitete sich den Ruf einer unbeeinflussbaren und korrekten Staatsanwältin, die ohne Rücksicht auf Politik oder Wirtschaft ihre Aufgabe erfüllt. Dieser Ruf geht vor allem auf Strafprozesse zurück; sie ermittelte unter anderem in einem Mordfall an einem Kind und im Fall eines erschossenen Roma. Der spektakulärste Fall aber war sicherlich die Festnahme des Kreishauptmanns von Mittelböhmen. David Rath wurde von der Polizei auf frischer Tat erwischt, wie er sieben Millionen Kronen mutmaßliche Bestechungsgelder in einem Weinkarton bei sich hatte. Lenka Bradáčová schickte ihn dafür in Untersuchungshaft.Nach ihrer Ernennung am Montag gratulierten Vertreter aller Parteien, nur die Bürgerdemokraten von Premier Petr Nečas äußerten sich etwas zurückhaltend. Zurückhaltend gegenüber der Politik zeigte sich aber auch Bradáčová selbst:
„Ich habe niemals irgendwelche Kontakte zu Politikern unterhalten, das sage ich völlig offen. Und die Kommentare der Politiker zu meiner Ernennung auf den Posten der obersten Staatsanwältin kann ich nicht verhindern.“Die Medien hatten hierzulande lange spekuliert, der ehemalige Justizminister Jiří Pospíšil sei abberufen worden, weil er eben Bradáčová nach Prag holen wollte. Sein Nachfolger im Amt, Pavel Blažek, befeuerte die Spekulationen noch mit seinem Zögern, die beliebte Juristin auf den Posten zu berufen. Seine Entscheidung am Montag kommentierte er mit leicht säuerlichem Gesichtsausdruck:
„Niemand, mit dem ich gesprochen habe, war in der Lage, mir irgendeinen Namen zu nennen, der es mit Lenka Bradáčová aufnehmen könnte. Ich muss sagen, ich habe in der Vergangenheit von Lenka Bradáčová auch keinen ernsthaften Grund gefunden, warum ich zu ihrer Ernennung hätte Nein sagen sollen.“
Nun haben Öffentlichkeit, Medien und Teile der Politik ihren Wunschkandidaten auf dem Posten der wichtigen Prager Oberstaatsanwaltschaft bekommen. Ob die Juristin aber die Ansprüche der Öffentlichkeit erfüllen kann, bleibt offen. Sie selbst spricht von einem großen Druck, aber auch davon, dass die Staatsanwaltschaft nicht von einer Person abhängen darf, sondern als System funktionieren müsse.