Holocaust an Sinti und Roma im Zweiten Weltkrieg: Neue Datenbank mit Zeitzeugenaussagen

Zum Internationalen Tag des Gedenkens an den Genozid an Sinti und Roma veröffentlichte die tschechische Akademie der Wissenschaften am Mittwoch eine neue Datenbank mit Zeitzeugenaussagen.

Auf der Website www.svedectviromu.cz sind nun die Erinnerungen von Roma und Sinti aus Tschechien und der Slowakei zu finden, die den Zweiten Weltkrieg überlebt haben. Die Online-Datenbank wird noch weiter ergänzt, und am Ende werden die Porträts von insgesamt 250 Zeitzeuginnen und Zeitzeugen verfügbar sein. Zusammengestellt werden sie von Wissenschaftlern des Instituts für Zeitgeschichte an der tschechischen Akademie der Wissenschaften, die am Mittwoch darüber in einer Pressemitteilung informierte.

Kateřina Čapková | Foto: Jana Plavec

„Die Erfahrungen der Roma und Sinti im Zweiten Weltkrieg sind immer noch ein vernachlässigtes Thema. Dabei spüren die Roma-Gemeinschaften die Folgen des Genozids und der Verfolgung bis heute. Auch in den wenigen Publikationen über den Holocaust an den Sinti und Roma überwiegen oft solche Perspektiven, die aus Dokumenten der Staatsverwaltung und der Polizeieinheiten aus der Zeit des Krieges übernommen wurden“, erläutert Kateřina Čapková, Vorsitzende des Leitungsausschusses des Prager Forums für Roma-Geschichte (Pražské fórum pro romské dějiny).

Die Texte der Datenbank stehen auf Tschechisch und auf Englisch zur Verfügung. Sie enthalten biografische Angaben zu jedem Zeitzeugen, die Hintergründe der Aufzeichnung seiner Erinnerungen und den Verweis, in welcher Publikation die Aussage zu finden ist. Zudem werden wichtige Ereignisse auf einer Karte angezeigt und Schlüsselbegriffe in einem Glossar erklärt.

„Für die Zukunft planen wir eine Ergänzung der englischen Version um weitere Gebiete Europas, die von den Nazis besetzt waren. Es ist zudem eine Übersetzung in Romani und ins Slowakische vorgesehen, eventuell auch ins Deutsche. Dies hängt allerdings davon ab, ob wir dafür finanzielle Mittel bekommen“, fügt Čapková an.

František Daniel  (1921) als Mitglied einer Fußballmannschaft  (Dritter von links oben) in den 1930er Jahren. Wegen seiner Familienzugehörigkeit wurde er im sogenannten Zigeunerlager in Hodonín inhaftiert und später nach Auschwitz deportiert.  | Foto: Museum der Roma-Kultur

Interesse an dem Projekt haben schon Institutionen aus dem Ausland angemeldet, wie etwa das Holocaust-Museum in Washington. Eine Zusammenarbeit wurde bereits mit der Central European University in Wien vereinbart.

In der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 liquidierten die Nationalsozialisten das Roma-Lager in Auschwitz und brachten mehr als 3000 Insassen in den Gaskammern um. Weitere Hunderttausende Sinti und Roma wurden Opfer des Holocausts. Ihrer Erinnerung dient der internationale Gedenktag am 2. August.