„Ich glaube an Wunder“ – Pfarrer lässt Loreto-Kapelle in Bor restaurieren

Foto: Martina Schneibergová

Sie gehört zu den interessantesten und wertvollsten Sakralbauten in Westböhmen: Die Loreto-Kapelle in Bor / Haid bei Tachov / Tachau. Jahrhunderte lang war sie ein viel besuchter Wallfahrtsort. Kurz vor dem Kriegsende wurde die Sehenswürdigkeit noch beschädigt. Während des kommunistischen Regimes hatte man kein Interesse daran, das Areal in Stand zu setzen. Erst nach der Wende begann man mit der Sanierung der Kapelle.

Loreto-Kirche in Bor  (Foto: Michal Pilař,  Wikimedia CC BY-SA 3.0)
Bor / Haid liegt etwa 14 Kilometer südöstlich von Tachov / Tachau. Das Städtchen hat heute rund 4.000 Einwohner. Die bekannteste historische Sehenswürdigkeit – die Loreto-Kapelle – befindet sich an einer Kreuzung gegenüber vom Schlossturm. Sie befindet sich in der Mitte eines länglichen Hofes und wird von einem vierseitigen Kreuzgang umschlossen. Die Kapelle in Bor gehöre zu den kleineren Loreto-Kirchen, sagt Pfarrer Vladimír Born.

„Die Loreto-Kirche in Bor ließ Gräfin Isabella von Götzen, geboren Trčka von Lípa, erbauen. 1668 wurde die Kapelle, 15 Jahre später der Kreuzgang errichtet. In der Zeit des größten Aufschwungs kamen rund 15.000 Pilger zur Wallfahrt nach Bor, sowohl aus Bayern aus der Region von Regensburg, als auch aus der Gegend von Plzeň / Pilsen. Das wissen wir aus den Chroniken. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts ließ das Interesse etwas nach. Um das Jahr 1850 war das Gewölbe im Kreuzgang stark beschädigt. Damals hat sich der hiesige Kaplan Andreas Riedl entschieden, den Bau in Stand zu setzen. Dies ist ihm innerhalb von 13 Jahren gelungen.“

Kreuzgang  (Foto: Martina Schneibergová)
Unter Kaplan Riedl wurde die Wallfahrtstradition in Bor wieder belebt. Die stark beschädigten Fresken im Kreuzgang übermalte damals Václav Holter aus Hazlov bei Cheb, der ein guter Bekannter Riedls war. Er war jedoch nur ein Laie, seine Wandmalereien wirken ein wenig naiv. Sie stellen Geschichten aus dem Leben von Jesus, Jungfrau Maria sowie der Propheten dar. Pfarrer Born möchte die Fresken im Kreuzgang in den nächsten vier Jahren restaurieren lassen. Zudem plant er, nach Abschluss er Arbeiten einen Geistlichen aus dem italienischen Loreto zur Weihe des Kreuzgangs einzuladen. Bereits restauriert wurden die Altäre in den kleinen Kapellen im Kreuzgang. Einer von ihnen enthält eine Kopie des Gnadenbilds der Jungfrau Maria von Tschenstochau, auf dem anderen Altar ist die Jungfrau Maria von Klattau zu sehen. Pfarrer Born will den Kreuzgang möglichst so gestalten, wie er einst ausgesehen hat.

„In diese Nischen gehören noch Bilder des Kreuzwegs. Zwei der Originalgemälde sind verloren gegangen. Leider wissen wir nicht, wie sie ausgesehen haben. Die übrigen Gemälde wurden bereits restauriert. Dazwischen kommen noch Statuen, die aber noch repariert werden müssen. Ich glaube an Wunder, denn ich bin Pfarrer, und hoffe, dass es gelingen wird, auch die Plastiken wieder hier aufzustellen. Ein Bischof hat mir den Ratschlag gegeben, ich solle doch lieber einen Bulldozer bestellen statt mit Renovierungen zu beginnen, als er gesehen hat, wie verwüstet das Areal war. Das war aber nicht mein Vorgesetzter, so dass ich seinen Ratschlägen nicht folgen musste. Ich habe gesagt, überlassen wir es dem Herrgott, ob dieser Ort wieder zum Leben erwacht. Und während der letzten Jahre sind wieder Tausende von Pilgern hierhergekommen. Ich bin überzeugt davon, dass der Hauptanziehungspunkt von Bor bald nicht mehr das Schloss oder die Nikolauskirche, sondern die Loreto-Kapelle sein wird.“

Schwarze Muttergottesstatue  (Foto: Martina Schneibergová)
Aus dem Kreuzgang geht es in die Loreto-Kapelle. Alle Loreto-Kapellen in der Welt wurden als Kopie der so genannten „Casa Sancta“ im italienischen Loreto errichtet. Der Legende brachten Engel im 13. Jahrhundert das Haus der Heiligen Familie aus Nazareth nach Loreto in Italien. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde der Ort offizielle als Wallfahrtsort anerkannt. Vor allem viele Adelige pilgerten damals dorthin. Nach ihrer Rückkehr in die Heimat ließen sie dann Nachbildungen der „Casa Sancta“ erbauen. In Bor kam der Auftrag von Gräfin von Götzen und ihrem Mann. Pfarrer Vladimír Born:

„Alle Loreto-Kapellen haben denselben Grundriss und sind gleich gestaltet. Das hiesige Areal stand etwa zehn Jahre lang offen, die Originaleinrichtung wurde darum teilweise gestohlen oder verbrannt. Im Unterschied zum Kreuzgang sind in der Kapelle die ursprünglichen Wandmalereien aus dem 17. Jahrhundert erhalten geblieben. Diese wurden Anfang der 1990er Jahre restauriert. Die hohe Feuchtigkeit wirkte sich auf die Malereien negativ aus, und wir möchten sie im Rahmen der Instandsetzung des ganzen Baudenkmals nochmals restaurieren lassen. Die schwarze Muttergottesstatue ist eine Kopie der Marienfigur von Loreto.“

Vladimír Born  (Foto: Martina Schneibergová)
Beim Loreto-Fest im September kommen dem Pfarrer zufolge in Bor rund 3000 Pilger zusammen, die nicht nur aus Tschechien, sondern auch aus Deutschland, Frankreich oder der Slowakei anreisen. Von Pilgern besucht wird die Loreto-Kapelle allerdings das ganze Jahr über. Seit 2007 gibt es in Bor außerdem jeden Sommer ein Musikfestival. Vladimír Born initiierte in den 1990er Jahren regelmäßige internationale Seminare in Bor, die sich mit der christlichen Soziallehre befassen. Sie knüpfen an die sogenannten „Haider Thesen“ an. 1883 hatten katholische Sozialpolitiker unter Führung von Fürst Karl zu Löwenstein in Bor wichtige Thesen zu Fragen der Arbeiter- und Handwerkerschaft verabschiedet. Diese Grundsätze eröffneten der Kirche eine neue Sichtweise auf die Probleme der Arbeitswelt. Vladimír Born zufolge markieren die Thesen die Anfänge der kirchlichen Soziallehre. 2018 kann in Bor das 350-jährige Jubiläum seit der Gründung der Loreto-Kapelle gefeiert werden. Bis dahin möchte der unermüdliche Pfarrer Born mit der Restaurierung des Loreto-Wallfahrtsortes fertig sein.

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