Ich kehre dorthin zurück... Frantisek Halas und sein Kunstadt

Frantisek Halas, photo: CTK

"Ich kehre dorthin zurück." Würde man die bekannteste lyrische Prosa in der tschechischen Literatur suchen, kaum würde die Wahl auf einen anderen Text fallen, als auf den, der mit genau diesen Worten beginnt. Frantisek Halas, einer der größten Dichter des 20. Jahrhunderts, bekennt sich darin zu seinem Verhältnis zu seiner Geburtsregion, zu seiner Heimatstadt Kunstát (Kunstadt) in Mähren. Der Dichter wollte dorthin zurückkehren; Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, werden es in der heutigen Sendreihe "Reiseland Tschechien" besuchen.

Frantisek Halas,  photo: CTK
"Wenn dereinst auf dem großen Vogeltag in der Zeit zwischen Lerche und Eule einstimmig der Frühling herbeigezwitschert wird, kehre ich dorthin zurück. Unterdessen lock ich und fang ich mit der Worte Leimrute alle Schönheit dort bei uns ein, mag hängen bleiben, was da will. Du mein Land, du mein Sichersein, du meine Hartnäckigkeit, du meine Ewigkeit. Dein Lehm, zwischen den Fingern zerrieben, duftet nach dem vermoderten Haaren meiner Webergroßväter und Webergroßmütter und ist in meinem Blut daheim. Du mein Land! Dort bist du, wo Mährens Hochland Atem schöpft und die Felder das Gelübde der Armut ablegen."

Die Rede ist von Kunstat, Kunstadt, einem kleinen Städtchen im nördlichen Teil des Brünner Landkreises. Es wurde 1280 gegründet, und zwar von den Herren von Kunstadt. Es handelt sich um ein Geschlecht, aus dem auch der berühmte böhmische König Georg von Kunstadt und Podiebrad stammte, der seit 1448 im Besitz des Kunstadter Schlosses war. Eine Statue auf dem Hauptplatz sowie der Name des Platzes selbst erinnern heute an diese Tatsache.

Die heutige Gestalt des Schlosses ist Ergebnis einer komplizierten Baugeschichte. Die ursprünglich gotische Burg wurde Mitte des 16. und dann wieder in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts umgebaut. Der Bauherr und Besitzer des Herrschaftsgebiets war Herr Kuna, nach dem der Sitz und auch das Städtchen benannt wurden - Kunas Stadt, Kunstadt, Kunstát. Heute nutzt das Mährische Landesarchiv die Räume des Schlosses, das im Jahre 2000 zum Kulturdenkmal erklärt wurde. Aber nicht wegen dieses Schlosses erzählen wir heute von dieser Stadt, sondern aufgrund der Tatsache, dass sich mit ihr eine besondere Konzentration von Literaten verbindet.

Kunštát  (Foto: Ben Skála,  Benfoto,  CC BY 3.0 Unported)
Kehren wir daher auf den Stadtplatz zurück, wo drei Gedenktafeln an drei Häusern an drei verschiedene Persönlichkeiten erinnern: an zwei gebürtige Kunstädter, den Historiker und Schriftsteller Jan Tenora (er ist Autor des Buches "Geschichte des Städtchens Kunstadt"), den Dichter Klement Bochorák, sowie an den Dichter Frantisek Halas. Der letztgenannte kam aus dem nahen Rozseč und gewann diese Gegend besonders lieb. Im Jahre 1945 wurde er zum ersten Ehrenbürger der Stadt ernannt, später ließ er sich mit seiner Frau in Kunstadt begraben.


Kunštát  (Foto: Ben Skála,  Benfoto,  CC BY 3.0 Unported)
An den Dichter dieser Region erinnern alljährlich im Oktober die Veranstaltungen mit dem Namen "Halas´ Kunstát".

"Halas´ Kunstát ist ein traditionsreiches Literaturfest, das in der Stadt Kunstát seit dem Jahr 1968 veranstaltet wird. Es wurde in der Zeit gegründet, als die politischen Verhältnisse in der Tschechoslowakei lockerer wurden. Einer der Begründer ist Doktor Ludvik Kundera, der Dichter und Übersetzer, der heute direkt in Kunstát lebt und seine schützende Hand über die Veranstaltung hält."

Eva Necasova, Direktorin des Museums im nahen Blansko, die sich seit Jahren an der Veranstaltung des Festes beteiligt.

"Ein traditioneller Bestandteil dieses Literaturfestes war immer der Halas-Literaturwettbewerb, der vom regionalen Kulturzentrum in Blansko ausgeschrieben wurde. Als dieses Zentrum 1993 aufgelöst wurde, tat es mir leid, dass die ganze Sache zu Grunde gehen sollte. Ich setzte es mir als Privatperson zum Ziel, sie weiterzuerhalten, solange bis ich einen Nachfolger finde, der sie nach mir übernehmen würde. Ich habe während der ganzen Zeit, in der ich mich damit beschäftige, d.h. seit der zweiten Hälfte der 80er Jahre, alle Materialien gesammelt, die den Wettbewerb passierten. Und an dem nahmen bereits Duzende junge Autoren und angehende Dichter teil."

Jedes Jahr wird der Literaturalmanach "Hledani" ("Die Suche") herausgegeben, in dem die erfolgreichen Arbeiten der Teilnehmer publiziert werden. Außerdem gibt Frau Necasova seit etwa zehn Jahren ein Vierteljahresblatt mit dem Titel "Doppelblatt des Literaturklubs Blansko" heraus, in dem die immer noch guten Sachen erscheinen, die in die "Suche" nicht mehr reinkamen. Zum Wettbewerb gehören aber auch Treffen der jungen Dichter zwischen 15 und 35 Jahren mit Ludvik Kundera, dem Dichter und Freund von Halas, der ihnen wertvolle Ratschläge für ihr weiteres Schaffen gibt. In diesem Jahr fand die Jury den 34jährigen Förster Petr Perina am überzeugendsten, der in seinen Gedichten Gedanken und Naturerlebnisse vereinigt.

"Den ersten Preis gewann sozusagen eine "Entdeckung" dieses Jahrgangs. Manchmal gibt es Dichter, die bereits bei ihrem ersten Versuch erstrahlen, was in diesem Jahr der Fall war."

Aber nicht nur der Literaturwettbewerb, sondern auch weitere Veranstaltungen gehören zum traditionsreichen Halas-Fest in Kunstadt.

"Das Fest findet immer in der Zeit um den 20. Oktober statt. Am Samstagnahmittag wird ein Gedenkakt am Grab von Frantisek Halas auf dem Friedhof von Kunstat veranstaltet. Wie bekannt ist, ließ sich dieser Dichter hier begraben. Auf seinem Grab liegt sein Lieblingsstein, den er selbst zu diesem Zweck auswählte. Und nach dem Gedenkakt treffen sich die Teilnehmer im Kulturhaus, wo ein Musik- und Poesieabend stattfindet."

Soweit, liebe Hörerinnen und Hörer, die Poesiestadt Kunstadt und soweit Eva Necasova, Direktorin des Museums in Blansko. Literarische Beiträge wollen wir heute von Ihnen nicht verlangen, wenn Sie jedoch ein Buch als Gewinnpreis erhalten möchten, schicken Sie uns Ihre Antwort auf die folgende Quizfrage: Wann ist Frantisek Halas geboren und gestorben? Wir fragen also nach den Lebensdaten des Dichters. Letztes Mal haben wir Sie gebeten, ein Werk von Karel Hynek Macha zu nennen. Neben dem Gedicht "Der Mai" schrieb Macha z.B. den Roman "Die Zigeuner", sowie phantastische und historische Erzählungen, Dramen und Tagebücher. Der "Abend auf dem Bezdez", "Der Henker" bzw. "Der Mönch" sind einige davon. Ein Buch für die richtige Antwort geht an Thomas Ueberall aus Schkeuditz. Herzlichen Glückwunsch. Und zum Abschluss und Abschied hören Sie nun noch einmal einige Zeilen aus dem Prosagedicht von Frantisek Halas, "Ich kehre dorthin zurück":

"Alle Wege führen nach Kunstát, nach Zbonek und Rozsec, und die Meilensteine hat die Kindheit gesetzt. O dies Räderknirschen auf den Wegen, die sich in meinem Herzen kreuzen! Mag der Erdball auch in die Leere fliegen, mag er ruhig fliegen, wenn nur die Gewissheit eines Ortes bleibt, des letzten Ortes, des Ortes für das Grab. Ich will es dort haben, nur dort bei uns. Und wenn mir nur Augen zum Weinen blieben, ich kehre, ich kehre auch blind noch dorthin zurück!"

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