Iglauer Gespräche zum 13. Mal

Jihlava

Bereits zum 13. Mal hat in Jihlava/Iglau die tschechisch-deutsche Konferenz stattgefunden, die den Namen dieser einst durch ihre deutschsprachigen Bewohner stark geprägte Stadt trägt: "Iglauer Gespräche". "Identität im neuen Mitteleuropa" lautete das Motto des diesjährigen Treffens. Jitka Mladkova war dabei und berichtet:

Jihlava
Das Motto der Konferenz "Identität im neuen Mitteleuropa" war eindeutig auf das bevorstehende historische Ereignis der EU-Erweiterung am 1. Mai abgestimmt. Rund 200 Konferenzteilnehmer - auch diesmal ranghohe Politiker, Vertreter der veranstaltenden Organisationen, der Ackermanngemeinde und der Bolzano-Stiftung, Diplomaten, Geistliche, Mitglieder des Verbandes der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien, und viele andere tauschten sich zu verschiedensten Themen aus. Ohne jeglichen Anspruch darauf, ein genaues Bild des künftigen, um zehn neue Länder größeren Europa zu zeichnen. Denn jeder, wie sich auch zeigte, bringt in seine Vorstellungen, Visionen, Wünsche auch den eigenen Blickwinkel ein. Worauf sich wohl alle einigen konnten ist, dass eine Identität nicht nur europäisch und nicht nur national bzw. regional verwurzelt ist, sondern dass sie viele andere Dimensionen haben kann. Der Vorsitzende des tschechischen Senats, Petr Pithart, sozusagen Stammgast bei den Iglauer Gesprächen, brachte die Frage nach Identität auf folgende Formel:

"Ich glaube, dass es bedeutet das Gefühl zu haben, dass ich irgendwo hin gehöre, in einen kleineren oder größeren Bereich der Welt, zu einem kleineren oder größeren Menschenkreis. Das Gefühl, dass ich dort, wo ich hingehöre, zu Hause bin und dieses Zuhause mit Jemandem teile."

Das Zuhause mit Jemanden zu teilen bedeutet für Pithart auch, dieses zu verstehen, mit ihm solidarisch zu sein und nicht zuletzt auch bereit zu sein etwas zu tun, und wenn´s nötig ist, dann auch etwas zu opfern. In Iglau kommt seit 13 Jahren eine bunte Mischung von Menschen zusammen, deren Meinungen nicht selten aufeinander stoßen. Zum Teil ist das Publikum über Jahre dasselbe, und zum Teil wechselt es. Und so läuft auch im Rahmen der Iglauer Konferenz ein Prozess, zu dem keine Schönwetter-Reden gehören. Danach fragte ich Pater Anton Otte von der Ackermanngemeinde, der in den zurückliegenden 13 Jahren nur einmal fehlte:

"Ich denke, die ersten Konferenzen waren etwas schärfer, konfrontativer. Es lag natürlich auch am Thema, denn die ersten Konferenzen waren sehr stark geprägt von Fragen wie Deutsche und Tschechen, die belastete Vergangenheit, Sudetendeutsche und Tschechen. Naturgemäß waren die Diskussionen emotionsgeladener, denn die Ansichten waren recht unterschiedlich. Aber was sich auch diesmal in Iglau am ersten Abend zeigte, dass sich eine gewisse Diskussionskultur entwickelt hat."

In den letzten Jahren hält man in Iglau nicht mehr dem anderen den Spiegel vor, um zu sagen, was er alles an schrecklichen Dingen getan hat. Man sucht viel mehr nach anderen Wegen oder gar nach neuen Wegen, was nicht nur in Iglau oder vor einer Woche z.B. auch auf der tschechisch-deutschen Konferenz in Usti nad Labem/Aussig zu spüren war. Herbert Werner, Geschäftsführer des deutsch-tschechischen Zukunftsfonds mit Sitz in Prag, sieht diesbezüglich einen positiven Trend:

"Ich bin eigentlich sehr optimistisch, weil ich hier in der Tschechischen Republik überall feststelle, dass an immer mehr Stellen die neuen Bewegungen, die neuen Ideen, die neuen Öffnungen stattfinden, und dies nicht angestoßen von den Deutschen, sondern angestoßen von den tschechischen Bürgern und Bewohnern, und das ist das entscheidende. Ich glaube, dass ich jetzt zum ersten Mal so etwas spüre, dass sich tatsächlich auch die tschechische Seite ohne Vorbehalte den Diskussionen öffnet."

Die Antwort auf die Frage nach der Identität hat die Iglauer Konferenz nicht gegeben. Und so bleibt es wohl dabei, was Petr Pithart bei dieser Konferenz schon vor drei Jahren gesagt hatte und was wohl noch eine Zeit lang gelten wird. Zitat:

"Wer sind die Europäer? Das sind jene, die sich mit der Frage nach der 'Einheit in Vielfalt' herumquälen - der Frage0, was für Europa wichtiger ist: die Einheit oder die Vielfalt, die Vielgestaltigkeit."