Illegale Mülltransporte von Deutschland nach Tschechien
Ein deutsches Recycling-Unternehmen soll mehrere hunderttausend Kronen Strafe bezahlen. Die tschechische Umwelt-Inspektion sieht es als erwiesen an, dass die Firma 2006 illegal Abfälle ins Land gebracht hat. Die Behörde weiß noch von mehreren anderen vorschriftwidrigen Müll-Importen. Auch einer der tschechischen Geschäftspartner der nun beschuldigten deutschen Firma ist mit dem Gesetz in Konflikt gekommen: Tausende Tonnen Abfall hat das Unternehmen in der Nähe von Budweis illegal abgelagert.
450.000 Kronen (18.000 Euro) Strafe muss die deutsche Recycling-Firma Korn bezahlen. Diese Entscheidung traf die tschechische Umwelt-Inspektion vergangene Woche. Das Unternehmen aus dem baden-württembergischen Albstadt hatte im August 2006 Abfälle eingeführt, um sie an das in der Nähe von České Budějovice/ Budweis ansässige Unternehmen Profiakont zur Entsorgung zu übergeben. Deklariert war der Müll als zum Recycling geeignetes Material. Doch tatsächlich hatten die Lastwagen großteils unverwertbaren Restmüll geladen, erläutert Jitka Jenšovská, die stellvertretende Leiterin der Abteilung für Abfallwirtschaft in der Tschechischen Umwelt-Inspektion:
„Die Firma Korn hat nachweislich zwei LKW-Ladungen Abfälle nach Tschechien eingeführt, die zur Wiederverwertung bestimmt waren. In einem Fachgutachten wurde festgestellt, dass nur 30 Prozent dieser Abfälle recycelt wurden. Der Rest, fast 70 Prozent, wäre entweder auf der Deponie oder in der Müllverbrennung gelandet. Das stellt nach dem tschechischen Gesetz die Endlagerung von Abfällen dar. Es ist verboten, aus dem Ausland Abfälle zur Ablagerung nach Tschechien zu bringen. Für diese Art von Müll hätte die Firma Korn das Umweltministerium der Tschechischen Republik um Genehmigung ersuchen müssen, ob es der Einfuhr dieser Abfälle überhaupt zustimmt. Dies hat die Firma Korn aber nicht gemacht und dafür wurde sie bestraft.“
Wir haben kurz darauf Firmenchef Gerhard Korn in seinem Betrieb in Albstadt erreicht und zu den Vorwürfen befragt:
„Herr Korn, wir haben von der tschechischen Umweltinspektion die Meldung bekommen, dass sie 450.000 Kronen Strafe zahlen sollen wegen angeblich illegaler Abfall-Einfuhr nach Tschechien. Ist Ihnen das bekannt?“
„Was? Nee, da ist mir nichts bekannt. Ne.“
„Es gab gestern eine Presseagenturmeldung in Tschechien und wir haben heute bei der Umwelt-Inspektion nachgefragt. Dort sagt man, sie hätten angeblich im Jahr 2006 zwei LKW-Ladungen illegalen Abfalls nach Tschechien eingeführt. Dafür sollen sie jetzt 450.000 Kronen, das sind umgerechnet etwa 18.000 Euro, Strafe zahlen.“
„Wieviel Euro?“
„18.000 ungefähr.“
„(lacht) Nee, also das tut mir leid. Wir haben Kunststoffe gefahren und da gab´s auch eine Reklamation. Aber meines Wissens ist das Verfahren eingestellt und wir als unschuldig … herausgekommen, oder wie sagt man … unschuldig.“„Uns sagt die Behörde, sie hätten die Ladung zwar als Kunststoffe deklariert, es sei aber unverwertbarer Abfall gewesen und damit ein Verstoß gegen die tschechischen Gesetze. Angeblich ist die Strafe nach dem Berufungsverfahren rechtskräftig.“
„Ja, also das ist sicher richtig, dass es da was gegeben hat. Das waren aber Kunststoffe gemischt. Und das wurde auch von einem Gutachter so sortiert. Also da gibt´s sicher keine illegale Einfuhr von Müll oder Abfall. Ganz sicher nicht.“
„Von der Strafe ist Ihnen nichts bekannt.“
„Ne, das wäre furchtbar, wenn das so wäre.“
Der tschechische Geschäftpartner von Kroll, die Firma Profiakont, hatte bereits im Dezember 2007 von der Umwelt-Behörde eine Strafe in der Höhe von 5 Millionen Kronen (200.000 Euro) auferlegt bekommen. Das Unternehmen hatte ab 2005 auch von anderen ausländischen Firmen Textil- und Plastikabfälle zur Verwertung übernommen. Die Kosten dafür stellte Profiakont den Firmen auch in Rechnung. Die Errichtung einer Recycling-Anlage wurde auch vom Kreisamt im Budweis genehmigt. Anstatt die Abfälle allerdings wie vorgesehen wiederzuverwerten, lagerte die Firma den Müll auf insgesamt 18 verschiedenen Grundstücken in Hůry bei Budweis ab.
Die Genehmigung besaß Profiakont allerdings nur für zwei Flächen. Und diese bezog sich auch nur auf die Zwischen-, nicht aber die Endlagerung von Abfällen. In den meisten Fällen fehlte auch die Zustimmung der Grundstückseigentümer. So landeten tausende Tonnen Müll – unter anderem quadratmeterweise alte Teppiche – in der freien Natur. Die Kreisverwaltung hatte deren Entfernung bis Jahresende 2006 angeordnet. Neben der Gefahr für die Umwelt drohte auch Missbrauch der abgeladenen Gegenstände. Zu den illegalen Lagerstätten hatte nämlich jedermann Zutritt. So wäre es zum Beispiel für Vandalen ein Leichtes gewesen, die Berge von Stoffresten in Brand zu stecken. Der giftige Rauch, der dabei entstanden wäre, hätte die Bewohner in der Umgebung gefährden und weiteren Schaden für die Umwelt anrichten können.
Doch die Firma Profiakont ließ die von den Behörden gesetzte Frist verstreichen. ohne die Abfälle zu entfernen und auf einer gesicherten Fläche zu lagern. Für dieses Versäumis bekam sie von der Umwelt-Inspektion eine Geldstrafe in der Höhe von 500.000 Kronen (20.000 Euro) auferlegt. Zusätzlich zu der bereits erwähnten 5-Millionen-Strafe wegen Verstoßes gegen das tschechische Abfallgesetz. Außerdem erhielt die Firma neuerlich den Auftrag, illegalen Abfall-Lagerstätten zu räumen. Zudem wurde ihr von der Stadt Budweis die Gewerbeberechtigung entzogen. Doch inzwischen hatte Profiakont Konkurs angemeldet. Neuer Ansprechpartner für die Behörden war somit der Konkursverwalter. Die Unwelt-Inspektion erklärte sich bereit, auf die Einforderung der Strafe vorerst zu verzichten. Damit sollte der Konkursverwalter wenigstens in der Lage sein, die Kosten für die Räumung der illegalen Deponien zu übernehmen.Nach Angaben der Umweltschutz-Organisation Arnika lagern allerdings bis heute mehrere tausend Tonnen des Textil- und Plastikmülls auf dem Gebiet der Gemeinde Hůry. Mittlerweile wenigstens auf eingezäunten und gesicherten Grundstücken.
Die Firma Korn sei aber nur eine von zahlreichen deutschen Firmen, die in der Vergangeheit illegal Abfälle nach Tschechien eingeführt haben, so Jitka Jenšovská von der Tschechischen Umwelt-Inspektion.
„Die Firma Korn ist bei weitem nicht der einzige Fall Importeur von Abfällen in die Tschechische Republik, der die allgemein gültigen Vorschriften der Europäischen Union zum Transport von Abfällen verletzt hat. Vom ersten Halbjahr 2005 bis Ende 2006 wurden mindestens 30.000 Tonnen Abfälle eingeführt. All diese Transporte waren illegal. Fast die Hälfte dieser Abfälle wurde in Tschechien bereits dauerhaft auf Mülldeponien gelagert. Mit diesen Abfällen kann man nichts mehr machen. Das waren Dutzende deutscher Firmen, die das gemacht haben.“
Man hat auch versucht, die Müll-Ladungen wieder ins Ursprungsland zurückzuschicken. Dies ist aber nur teilweise gelungen:
„Es ist uns gelungen, etwa ein Drittel dieser Abfälle, die noch an einigen Orten der Tschechischen Republik lose abgelagert waren, nach Verhandlungen des tschechischen Umweltministeriums mit den zuständigen Behörden der einzelnen deutschen Bundesländer wieder in ihr Herkunftsland, also nach Deutschland, zurückzusenden.“
Die Dunkelziffer der ungesetzlichen Abfall-Importe dürfte aber noch um ein Vielfaches höher liegen, schätzt die tschechische Umwelt-Inspektion.