Im Böhmerwald gibt es mehr Wölfe, zu Angriffen kommt es aber seltener

Wölfe im Böhmerwald

Im Böhmerwald leben Schätzungen zufolge derzeit 36 Wölfe – ein Viertel mehr als noch vor zwei Jahren. Trotz der steigenden Zahl werden aus dem Nationalpark weniger Angriffe auf Schafe und andere Nutztiere vermeldet.

Einst war der Wolf im Böhmerwald ausgestorben. Seit 2015 aber kehrt er auf natürlichem Wege in das Mittelgebirge an der Grenze zu Bayern zurück. Damals siedelte sich zunächst ein männliches Tier an, es stammte aus Italien und bewegte sich auch im Bayerischen Wald. Mittlerweile leben nun laut Schätzungen 36 Wölfe im Nationalpark auf der tschechischen Seite der Grenze. Die Tiere verteilten sich auf sechs Territorien, in fünf der Rudel habe es im vergangenen Jahr Nachwuchs gegeben, teilte der Nationalpark Böhmerwald am Dienstag mit.

Wölfe im Böhmerwald | Foto: Národní park Šumava

Um mehr über die Wölfe zu erfahren, haben die Zoologen des Nationalparks mit der Agraruniversität sowie der Karlsuniversität in Prag zusammengearbeitet. Dort wurden DNA-Proben der Wildtiere untersucht. Und laut Jan Dvořák, dem Sprecher des Nationalparks Böhmerwald, hat das zu einigen spannenden Ergebnissen geführt:

Es gab den Mythos, dass wir die Wölfe aus dem Besucherzentrum entlassen hätten, in dem sie in einem Gehege gehalten werden. Andere meinten, es handele sich um Kreuzungen mit Hunden. Durch die Analysen konnten wir diese Ansichten nun widerlegen.“

Über 260 Kotproben haben die Wissenschaftler insgesamt untersucht. Dabei wurde auch der Frage nachgegangen, wovon sich die Wölfe im Böhmerwald vor allem ernähren:

Man hört viel von Wolfsangriffen auf Nutztiere. Dadurch entsteht der Eindruck, dass diese Tiere nichts anderes fressen als Schafe. Dies stimmt jedoch nicht. Wir konnten nämlich herausfinden, dass der Hauptbestandteil der Nahrung Rotwild und Schwarzwild, also Wildschweine, sind. Diese beiden Komponenten stellen weit über 90 Prozent des Fressens der Wölfe dar.“

Wölfe im Böhmerwald | Foto:  Národní park Šumava

Das Raubtier beteiligt sich so als natürlicher Feind an der Regulierung des Rotwildes, dessen Population im Böhmerwald überhandgenommen hat und das deshalb vom Menschen geschossen werden muss. Weitere Bestandteile der Nahrung stellen den Forschern zufolge Hasen und Kleinsäuger dar.

Wenn ein Wolf dann aber doch einmal ein Schaf reißt, gehören die Mitarbeiter des Nationalparks Böhmerwald zu den ersten, die dies erfahren. Derartige Vorfälle würde es allerdings immer weniger geben, sagt Dvořák:

Am Anfang, als der Wolf wieder in den Böhmerwald zurückkehrte und sich neue Rudel bildeten, gab es natürlich auch mehr Angriffe. 2020 waren es um die 40. Im vergangenen Jahr aber lag die Zahl nur noch bei der Hälfte. Und 2023 wurden bisher nur fünf Wolfsangriffe gemeldet.“

Dieser Trend lässt sich laut dem Pressesprecher vor allem durch die Wachsamkeit der Halter und Züchter erklären. Diese würden ihre Weiden nämlich immer effektiver vor den Wolfsrudeln schützen.

Böhmerwald | Foto:  Aktron,  Wikimedia Commons,  CC BY 3.0

Die Population im Böhmerwald soll im aktuellen „Wolfsjahr“ – das heißt von Mai dieses bis April kommenden Jahres – nun noch weiter erforscht werden. Laut Jan Dvořák sind weitere DNA-Analysen, Untersuchungen in der Natur oder auch der Einsatz von Fotofallen geplant. Unter anderem möchte man dadurch noch genauer bestimmen, wie viel Rotwild die Wölfe im Böhmerwald reißen. Zu diesem und allen weiteren Aspekten wolle man möglichst detaillierte Daten gewinnen, so Dvořák. Aber wozu das alles?

Wir wollen die Informationen an die Öffentlichkeit weitergegeben. Uns geht es darum, dass die Menschen möglichst viel über die Wölfe wissen und sich dadurch weniger vor ihnen fürchten. Die vielen Mythen rund um diese Tiere können wir so widerlegen.

Autoren: Ferdinand Hauser , Luboš Voráček
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