Im eigenen Wohnzimmer gedreht: Ungarischer Film siegt bei Karlsbader Festival

Foto: ČTK

Wer etwas für das internationale Kino geleistet hat, der wird beim Filmfestival in Karlovy Vary / Karlsbad mit einem Kristallglobus geehrt. Am vergangenen Samstag wurden in der westböhmischen Kurstadt erneut diese Globen überreicht.

„It´s not The Time of My Life“  (Foto: Film Servis Festival Karlovy Vary)
Ein Film, der eigentlich ein Theaterstück war, gedreht praktisch ohne Budget – „It´s not The Time of My Life“ vom ungarischen Regisseur Szabolcs Hajdu hat den Hauptpreis in Karlsbad gewonnen. Es geht um familiäres Zusammenleben, um alltägliche Streitigkeiten, die zusätzlichen Schub bekommen, als die Schwägerin mit ihrer Familie in dieselbe Wohnung zieht.

Das Besondere an dem Streifen: Hajdu hat ihn in seiner eigenen Wohnung gedreht, mit sich selbst, seiner Frau und dem Sohn als Schauspieler. Der Regisseur erhielt beim Filmfestival daher auch den Preis für die beste männliche Schauspielleistung. Szabolcs Hajdu über seine Doppelrolle:

Szabolcs Hajdu  (Foto: ČTK)
„Ich arbeite immer so, dass ich eine Vorstellung entwickle von mir selbst vor der Kamera. Deswegen war es ganz normal für mich. Aber den Preis für die beste männliche Hauptrolle zu erhalten, ist für mich eine echte Überraschung. Ich sehe mich selbst gar nicht als Schauspieler.“

Für sein nächstes Filmprojekt hat der ungarische Regisseur nun bereits Startkapital. Zum Hauptpreis gehört auch eine finanzielle Entlohnung von umgerechnet 25.000 Dollar.

Der Preis für die beste weibliche Hauptrolle ging an die slowakische Schauspielerin Zuzana Mauréry. Sie mimt die Lehrerin im gleichnamigen tschechisch-slowakischen Film („Učitelka“) des Erfolgsregisseurs Jan Hřebejk. Die Handlung spielt in der Spätzeit des Kommunismus und dreht sich um eine Russischlehrerin, die sich vordergründig freundlich gibt, hintenherum aber manipuliert und intrigiert. Zuzana Mauréry über ihre Rolle:

Zuzana Mauréry  (Foto: ČTK)
„Auf der einen Seite war es für mich schlimm, was diese Person in dem Film tut. Auf der anderen Seite war es auch sehr witzig oder sogar tragikomisch. Ich wollte unter allen Umständen, dass ich auf diesem Grat wandere, das ist für mich als Schauspielerin interessant.“

Auch ein weiterer tschechischer Film wurde in Karlsbad ausgezeichnet. Und zwar erhielt der letzte Streifen des im März verstorbenen Regisseurs Jan Němec besondere Anerkennung. Unter dem Titel „Vlk z Královských Vinohrad“ (auf Deutsch etwa „Der Wolf aus den Königlichen Weinbergen“) erzählt Němec seine eigene Lebensgeschichte.

„Zoologie“  (Foto: Film Servis Festival Karlovy Vary)
Der Sonderpreis der Jury ging wiederum an die russisch-französisch-deutsche Koproduktion „Zoologie“. Den Preis für die beste Regie nahm der Slowene Damjan Kozole für sein Kammer-Familiendrama „Nightlife“ entgegen.

Autor: Till Janzer
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