Im Schatten ihres Mannes? Zdeňka Hlávková

Zdenka Hlávková (Foto: Archiv des Hauses der Geschichte in Přeštice)

„Im Schatten ihres Mannes?“ Unter diesem Namen ist zurzeit eine Ausstellung in der westböhmischen Kleinstadt Přeštice / Prestitz zu sehen. Die Stadt ist als Geburtsort des Architekten, Baumeisters und Mäzenen Josef Hlávka bekannt. Die Ausstellung gilt seiner zweiten Frau. Zdeňka Hlávková war eine interessante Dame der tschechischen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts.

Zdeňka Hlávková  (Foto: Archiv des Hauses der Geschichte in Přeštice)
Zdeňka Hlávková war die zweite Frau von Josef Hlávka, einem bedeutenden Architekten und Baumeister des 19. Jahrhunderts und dem größten tschechischen Förderer von Bildung, Wissenschaft und Kunst. 1904 hat er die „Stiftung von Josef, Marie und Zdenka Hlávka“ gegründet, die bis heute tätig ist und Studenten und Wissenschaftler unterstützt. Jedes Jahr um den 11. März veranstaltet die Stiftung eine Gedenkfeier in Hlávkas Schloss Lužany / Luschan, bei der unter anderem eine Messe für Hlávka und seine Familienangehörigen gelesen wird. Diesen Wunsch hat Hlávka in seinem letzten Willen geäußert. Anlässlich des 170. Geburtstags der zweiten Frau von Hlávka, Zdeňka Hlávková-Havelková, wurde diesmal im nahen Přeštice eine Ausstellung über sie präsentiert. Sie heißt „Im Schatten ihres Mannes?“ und wurde von der Leiterin des Museums in Přeštice, dem so genannten Haus der Geschichte, Drahomíra Valentová zusammengestellt:

„Wichtig im Namen der Ausstellung ist das Fragezeichen. Denn sie war eine hervorragende Pianistin und Sängerin. Außerdem war sie eine moderne Frau. Sie hat den Frauenverein, den so genannten ‚Amerikanischen Damenklub’, im Jahr 1865 in Prag mitbegründet.“

Foto: Archiv Radio Prag
Valentovás Worte bestätigt auch der US-amerikanische Musikhistoriker David Beveridge, der anlässlich der Gedenkfeier in Lužany einen Vortrag über Zdenka gehalten hat.

„Zdeňka Hlávková-Havelková war eine interessante Person. Auch wenn sie Hlávka nicht geheiratet hätte, wäre ihr Leben interessant gewesen. Da sie aber die zweite Frau von Josef Hlávka war, wurde es noch interessanter. Diese Verbindung hat Folgen, die für uns bis heute von Bedeutung sind.“

Zdeňka Havelková hat Josef Hlávka im Jahr 1886 geheiratet. Die meisten erhaltenen Dokumente über sie stammen erst aus der Zeit nach dieser Hochzeit. Doch wie Beveridge betont, gibt es auch genug Informationen über Zdeňkas Zeit vor ihrer Hochzeit:

„Wenn man über die Kindheit der Hlávkas etwas erfahren möchte, stehen mehr Informationen über Zdeňka als über Josef zu Verfügung. Warum? Weil ihr Vater eine sehr bedeutende Persönlichkeit war – ein Jurist, Politiker, Philosoph, Dichter und gewissermaßen auch Komponist. Die Familie war sehr gebildet und materiell gut abgesichert. Wesentlich besser als die Familie von Josef Hlávka.“

Zdeňka wurde am 18. Februar 1843 in Nymburk in Mittelböhmen geboren. Die Familie lebte später in Rakovník, in Písek und seit 1863 oder 1864 schließlich in Prag. Bereits aus der Zeit vor dem Umzug nach Prag gibt es Berichte über die Wohltätigkeit, der sich die Frauen aus der Familie Havelka widmeten.

„Zdeňka war hoch gebildet, sehr belesen und sie sprach mehrere Fremdsprachen. Aber vor allem widmete sie sich der Musik: Im Amerikanischen Damenklub leitete sie einen Chor und gab Gesangsunterricht. Zusammen mit ihrer Schwester veranstaltete sie zum Beispiel ein Konzert des Damenklubs. Die Schwester dirigierte dabei und Zdeňka spielte Klavier.“

Foto: Archiv des Hauses der Geschichte in Přeštice
Der Musikwissenschaftler Beveridge berichtet auch über ihre weitere Tätigkeit:

„Sie hat lange Jahre im Chor der Kaiserlichen Kapelle auf der Prager Burg und in der russisch-orthodoxen Kirche in Prag gesungen. Das ist die Nikolauskirche auf dem Altstädter Ring. Außerdem habe ich in der damaligen Presse viele Nachrichten darüber gefunden, dass sie auch Konzerte gab, in den meisten Fällen mit ihrer Schwester Miloslava. Sie haben vor allem Duette gesungen, besonders im Kurbad Sedmihorky, auf der Burg Křivoklát und wiederholt in Chrudim. Chrudim klingt heute nicht besonders imposant, aber damals war es ein ziemlich bedeutendes Zentrum der Musik.“

Antonín Dvořák
Zdenka hat aber nicht nur gesungen, sondern auch Klavier gespielt. Bekannt ist zum Beispiel jenes Konzert, in dem sie den Klavierpart in der Violinensonate von Antonín Dvořák gespielt hat. Der Komponist wollte damals selbst am Klavier sitzen. Doch habe er den Klavierpart zu schwierig gefunden und ihn deswegen lieber Zdeňka Havelková überlassen, erzählt Beveridge. Sie war seit den 1870er Jahren mit Antonín Dvořáks Frau Anna befreundet, ergänzt der Musikwissenschaftler. David Beveridge konnte dank einem Stipendium der Hlávka-Stiftung das Leben Zdenkas erforschen. Sein Buch über die Beziehung zwischen dem Ehepaar Hlávka und dem Ehepaar Dvořák wird bald erscheinen. Zurück aber zur Beziehung von Zdeňka Havelková und Josef Hlávka. Hlávka war seit 1882 Witwer. Vier Jahre später heiratete er in Prag Zdenka:



Foto: Archiv des Hauses der Geschichte in Přeštice
„Dank den Memoiren von Doktor Mattuš, einem engen Freund von Hlávka, ist bekannt, dass sie sich in Wien kennengelernt haben. Josef Hlávka hielt in seiner Wohnung in Wien die so genannten Freitagsabende ab, an denen auch der Vater von Zdeňka Hlávková teilnahm. Als Zdeňka bei ihm in Wien war, nahm er sie mit, und so hat sie Hlávka getroffen. Zdenka und Josef waren gleichwertige Partner. Deswegen können wir im Namen der Ausstellung ‚im Schatten’ nicht ohne Fragezeichen anführen. Sie haben sich gegenseitig inspiriert. Zdenka hat Josef bei allen seinen Aktivitäten unterstützt.“

Schloss Lužany  (Foto: Archiv Radio Prag)
Zdenka hat ihren Mann bei seiner Förderung von Kunst und Wissenschaft unterstützt und machte ihn mit Antonín Dvořák bekannt. Für die Weihe der neuen Kapelle im Schloss von Lužany schrieb der Komponist die Messe D-dur, die auch Lužany-Messe genannt wird. Dvořák hat die Uraufführung in der Schlosskapelle im September 1887 geleitet, Zdenka Hlávková und Dvořáks Gemahlin Anna haben dabei die Damensoli gesungen.

„Es gibt Beweise, dass diese Messe von Hlávka bestellt wurde, und sie ist auch Hlávka gewidmet. Wahrscheinlich war es aber gerade Zdenkas Idee, Dvořák anzusprechen. Aus jener Zeit stammen die ersten Belege seiner Bekanntschaft mit Dvořák, aber auch die ersten Belege an seinem intensiveren Interesse für die Musik. Dieses Interesse hat bei Josef Hlávka erst nach der Hochzeit mit Zdeňka Havelková begonnen, und wurde im Laufe der Zeit immer tiefer. Seine letzten vierzehn Lebensjahre war er Präsident des Tschechischen Kammermusikvereins und ein großer Musikfan. Von allen Komponisten mochte er aber immer Dvořák am liebsten, genauso wie seine Frau Zdeňka. Im Nachlass von Hlávka habe ich Briefe gefunden, die bisher unbekannt waren. Sie sind von Dvořák an Zdeňka Hlávková adressiert. Aus den Briefen geht hervor, dass Zdenkas Anmerkungen zu seinen Kompositionen für Dvořák von großem Wert waren.“

Drahomíra Valentová  (links). Foto: Archiv Radio Prag
An jenen Freitagabenden, zu denen das Ehepaar Hlávka einlud, stellte Dvořák oftmals seine neuen Kompositionen vor. Sie wurden eben bei Hlávkas zum ersten Mal aufgeführt, in einer Bearbeitung für Klavier zu vier Händen. Am Instrument saßen der Komponist selbst und Zdeňka. Die Ausstellung zeigt neben Fotografien und schriftlichen Dokumenten über Zdenkas Leben auch einige persönliche Sachen aus dem Nachlass von Zdenka, die sonst im Schloss Lužany aufbewahrt werden. Museumsleiterin Drahomíra Valentová:

„In der Ausstellung können Sie unter anderem ihre Noten sehen. Weiter ihr Tagebuch, in dem sie die Evidenz ihres Weinkellers führte. Sie widmete sich nämlich auch dem Weinbau. Josef Hlávka hat die Weinreben gekauft und sie haben zusammen den Wein angepflanzt. Zdeňka hat extra einen Kurs bei führenden Fachleuten gemacht und so den Weinbau gelernt. Wir zeigen auch ein Foto des Weingartens und eine Rechnung für Korken, die sie für ihre Weinflaschen bestellt hat. Und wir zeigen auch Fotos jener Schlossinnenräume, die einen Bezug zu Zdeňka hatten.“

Auf den Fotografien sind Zdeňkas Salon zu sehen, jenes Klavier, das sie als Hochzeitsgeschenk von Hlávka bekommen hat, ihr Geschirrschrank, ihre selbst bestickte Brautausstattung oder ihr Schlafzimmer. Auch die Kapelle, in der sie zusammen mit Anna Dvořáková unter der Leitung von Antonín Dvořák die Lužany-Messe gesungen hat, ist abgebildet. Die Ausstellung „Im Schatten ihres Mannes?“ ist im Haus der Geschichte in Přeštice noch bis zum 19. Mai zu sehen.