Immer noch eine Seltenheit: Radfahrer in Prag

Foto: Jana Sustova

Wenn es in der Augusthitze in stickigen Straßenbahnen und überfüllten Bussen nicht mehr auszuhalten ist, gibt es eine einfache Alternative: Rauf auf´s Rad. In Prag haben Fahrradfahrer allerdings immer noch einen schweren Stand. Die Stadt arbeitet daran, dass sich das ändert. Es berichtet Thomas Kirschner.

Foto: Jana Sustova
Noch bis vor wenigen Jahren war ein Radfahrer im Zentrum der tschechischen Hauptstadt eine ganz und gar exotische Erscheinung, von den Passanten nur mit Kopfschütteln zur Kenntnis genommen: Ein Lebensmüder! Denn wer sonst würde sich ungeschützt zwischen drängende Autokolonnen, rutschiges Katzenkopfpflaster und hervorbrechende Straßenbahnschienen wagen. Inzwischen sind die schlimmsten Schlaglöcher repariert und mit den neuen vollgefederten All-Terrain-Bikes lässt sich auch das historische Pflaster bewältigen. Die Folge: Allmählich nimmt die Zahl der Radler im Prager Zentrum zu. Das bestätigt auch Oleh Zahiney, der in der historischen Altstadt einen Fahrradverleih betreibt:

"Jaja, jetzt gibt es in Prag mehr Radfahrer, ganz sicher. Aber die Bedingungen für die Radfahrer haben sich meiner Ansicht nach nicht sehr gebessert. Das ist nicht sehr gut, meine ich, denn die Leute wollen sich in ihrer Umgebung irgendwie sportlich betätigen, sie wollen Rad fahren, zur Arbeit oder einfach so durch die Stadt. Aber sie haben im Allgemeinen nicht viele Möglichkeiten dazu. Die Leute haben Angst. Es gibt wenige eigene Radspuren, und die Leute fühlen sich nicht sicher."

Auch der Prager Magistrat hat das Problem erkannt. In den vergangenen zwei Jahren wurden 50 Millionen Kronen (ca. 1,6 Mio. Euro) in den Ausbau und Beschilderung von Radwegen investiert. Insgesamt stehen den Radlern auf dem Stadtgebiet inzwischen 220 Kilometer markierter Radwege zur Verfügung. Bis zum Jahre 2006 sollen noch weitere 130 Kilometer hinzukommen. Schon jetzt lässt sich Prag auf markierten Fernstrecken von Nord nach Süd und von West nach Ost durchqueren, und auch in einigen Parkanlagen sind Radwege ausgeschildert. Immer noch unzureichend ist aber nach Ansicht von Oleh Zahiney das System von Radwegen in der Innenstadt. In den engen und viel befahrenen Straßen müssten sich die Radfahrer oft noch die Fahrspur mit den Autos teilen:

"Es gibt in Prag einige ausgeschilderte Radwege, und es ist natürlich gut, dass es sie gibt. Aber manchmal sind sie nicht ideal für Radfahrer, zum Beispiel gibt es oft keine eigene, abgetrennte Fahrspur. Naja, insgesamt geht es, aber es ist immer noch schwierig. Man kann sagen, im Letna-Park gibt es ganz gute Bedingungen für Radfahrer und für Leute, die da Sport treiben wollen. Die Wege sind neu gemacht, alles ganz schön. Aber im Zentrum, was die Radwege betrifft, da hat sich nicht viel getan."

Die meisten Prager verzichten daher in der Innenstadt auch weiterhin auf das Rad und machen lieber am Wochenende einen Radausflug in die Umgebung. Im Südwesten der Stadt beginnt gleich das Naturschutzgebiet Böhmischer Karst mit der Burg Karlstejn / Karlstein als Hauptattraktion. Vom Prager Stadtrand sind es bis hier nur 22 Kilometer auf ausgebauten Radwegen. Andere beliebte Ausflugsziele im Umkreis Prags sind der Fluss Sázava oder die Burg Krivoklát. Aber auch im Prager Stadtgebiet finden sich grüne Oasen. Oleh Zahiney hat einen besonderen Tipp für eine entspannte Fahrradtour in Prag:

"Mir persönlich gefällt ganz gut das Tal der wilden Sárka, wenn man durch den Stromovka-Park fährt und dann zur wilden Sárka."

Im historischen Stromovka-Park, dem Baumgarten, und zwischen den schroffen Felsen des Sárka-Tales kann man sich dann auf dem Fahrrad so richtig erholen. Für die nächsten Fahrten in stickigen Straßenbahnen und überfüllten Bussen.