Immer weinger Roma in Tschechien bekennen sich zu ihrer Nationalität

Vor zehn Jahren waren es noch fast 33000 (ca. 0,3% der Bevölkerung) gewesen. Und laut der Volkszählung von 1980 lebten in der damaligen Tschechoslowakei mehr als 88000 - 0,9% der Gesamtbevölkerung. Damals allerdings erfasste der Staat die Roma nicht aufgrund ihres eigenen Bekenntnisses, sondern zählte all diejenigen zu dieser Volksgruppe, die er für Roma hielt.

Über die Volkszählung vom März dieses Jahres, deren Ergebnisse das Tschechische Amt für Statistik am Dienstag vergangener Woche bekannt gab, hatte es seinerzeit in der Öffentlichkeit eine angeregte Debatte gegeben. Sie drehte sich vor allem um die Frage, ob die erhobenen Daten tatsächlich vor Missbrauch geschützt seien. Die jetzt veröffentlichten Ergebnisse lassen vermuten, dass sich eine Gruppe ganz besonders vor einem solchen Missbrauch fürchtet: die Roma. Nur knappe 12000 von ihnen bekannten sich bei der diesjährigen Volkszählung zu ihrer Nationalität. Das entspricht etwa 0,1% der Gesamtbevölkerung. Vor zehn Jahren waren es noch fast 33000 (ca. 0,3% der Bevölkerung) gewesen. Und laut der Volkszählung von 1980 lebten in der damaligen Tschechoslowakei mehr als 88000 - 0,9% der Gesamtbevölkerung. Damals allerdings erfasste der Staat die Roma nicht aufgrund ihres eigenen Bekenntnisses, sondern zählte all diejenigen zu dieser Volksgruppe, die er für Roma hielt. Seit 1990 ist die Nationalität in Tschechien so definiert, dass sich jeder, der sich zu einer bestimmten Nationalität zugehörig fühlt und sich zu ihr bekennt, dieser offiziell auch angehört. Die Schätzungen über die tatsächliche Zahl der Roma, die heute in der Tschechischen Republik leben, bewegen sich zwischen 100.000 und 250.000-

Wie sind vor diesem Hintergrund die Zahlen der diesjährigen Volkszählung zu werten?

Roma-Organisationen sahen sich von dem Ergebnis geschockt. Zumal sie im Vorfeld der Zählung gezielt über die Möglichkeiten informiert hatten, sich zur Roma-Nationalität zu bekennen. Auch das Tschechische Amt für Statistik hatte sich bemüht, den Roma bei der Zählung das Bekenntnis zur eigenen Nationalität in bürokratischer Hinsicht so weit wie möglich zu erleichtern. Viele Roma zogen es trotzdem vor, sich in den Fragebögen als Tschechen zu bezeichnen.

Die auflagenstärkste Tageszeitung Mlada fronta dnes kommentierte dies in ihrer Samstagsausgabe so: Dies ist eine Nachricht nicht nur über und für die Roma, sondern vor allem für die Mehrheit der Gesellschaft. Je weniger Bürger sich selbst als Roma bezeichnen, desto größer und dringlicher wird das Roma-Problem. Die Volkszählung hat das ans Licht gefördert, was alle schon längst wussten: das Zusammenleben zwischen den Roma und der sog. Mehrheitsgesellschaft verbessert sich nicht.