„Es ist eine Geste und ein Zeichen für die Roma“ – Expertin über neue Definition von Antiziganismus

Regierungssitzung

Die tschechische Regierung hat am Mittwoch eine offizielle Definition des Begriffs Antiziganismus gebilligt. Damit verurteilt sie die Diskriminierung von Roma aufgrund von Vorurteilen.

Eine komplizierte Suche nach Arbeit und Wohnung sowie Probleme bei der Einschulung der Kinder. Das sind Beispiele von Situationen, in denen Roma in Tschechien immer noch Diskriminierung erleben. Feindselige Haltungen werden neu in einer Definition beschrieben, die am Mittwoch vom Regierungskabinett unterstützt wurde. Aus rechtlicher Sicht ist die Definition unverbindlich. Sie soll jedoch helfen, herauszufinden, welche Äußerungen und Verhalten von den Vorurteilen beeinflusst sind. Die Definition sei verhältnismäßig lang, sagte die Regierungsbevollmächtigte für die Roma-Minderheit, Lucie Fuková, in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

Lucie Fuková | Foto: Rena Horvátová,  Tschechischer Rundfunk

„Die Definition unterstützt das Wissen darüber, was Antiziganismus bedeutet. Dieser beinhaltet eine Art des Denkens, des Verhaltens und der Strategie von Menschen und Behörden, die die Roma-Minderheit an den Rand der Gesellschaft ausgrenzen.“

Die Definition des Begriffs soll dabei helfen, Antiziganismus in Tschechien zu bekämpfen. Dieser kann beispielsweise durch die Benutzung des Begriffs „Zigeuner“ als Schimpfwort ausgedrückt werden, durch Leugnung der Roma-Verfolgung in der Geschichte oder auch durch die Zustimmung zu Gewalttaten an Roma. Die Definition des Begriffs Antiziganismus sei zwar symbolisch, jedoch trotzdem sehr wichtig, erklärte Fuková. Unter anderem aus dem Grund, weil die Definition vom ganzen Regierungskabinett einstimmig unterstützt worden sei:

„Es ist ein Symbol, eine Geste und ein Zeichen für die Roma, dass sie in der Gesellschaft unsere Partner sind und dass romafeindliche Haltungen in Tschechien nicht geduldet werden.“

Fuková machte nach der Regierungssitzung zudem auf konkrete Schritte aufmerksam, die das Kabinett unternimmt, um die Lage der Roma hierzulande zu verbessern. So werden beispielsweise Frauen, die in der Vergangenheit zwangssterilisiert wurden, entschädigt. In diesem Jahr soll zudem die Gedenkstätte in Lety bei Písek eröffnet werden, wo sich während des Zweiten Weltkriegs ein Konzentrationslager für Sinti und Roma befand.

Auf Hassrede würden Roma am meisten im Wohnungsbereich, bei der Arbeitssuche und in der Schule begegnen, meint Nikola Taragoš. Er leitet die gemeinnützige Organisation Romodrom.

„Bei der Wohnungssuche kommt die Diskriminierung darin zum Ausdruck, dass die Immobilienbüros den Zugang zum Wohnungsmarkt für Roma verhindern. Infolgedessen landen die Menschen in Wohnheimen und Unterkünften, die nicht entsprechend ausgestattet sind.“

Roma-Kinder werden in Tschechien zudem öfter als andere Kinder in Spezialschulen geschickt, in denen der Lehrstoff einfacher ist. Dies führt nach Expertenmeinungen dazu, dass sie geringere Chancen haben, einen guten Beruf zu erlernen. Die Kanzlei des Ombudsmanns Tschechiens macht jedoch darauf aufmerksam, dass Schulkinder in den Beratungsstellen veraltete und irreführende Tests absolvieren müssen. Dabei wird dem Ombudsmann zufolge nicht berücksichtigt, dass ein Kind eine andere Muttersprache hat und dass es in Armut lebt. Eine soziale Benachteiligung werde in den Beratungsstellen manchmal mit einer wirklichen Diagnose verwechselt, so die Kritik.

Die neue Definition des Begriffs Antiziganismus können nun beispielsweise auch Lehrer nutzen, um Schülern das Problem von Vorurteilen zu erklären.