Amnesty wirft Tschechien Segregation von Roma-Kindern und mangelnde Geschlechtergerechtigkeit vor

Ein schlechtes Jahr für die Menschenrechte, stellt Amnesty International fest. Sie hat am Mittwoch ihren Jahresbericht veröffentlicht, in dem die Lage in 155 Ländern erfasst wurde. Wie hat Tschechien dabei abgeschnitten?

Die Tschechische Republik ist nicht von Kritik verschont geblieben. Amnesty International widmete dem Land in seinem fast 420 Seiten umfassenden Jahresbericht anderthalb Seiten. Dort werden Tschechien die Diskriminierung von ukrainischen Geflüchteten und die Segregation von Roma-Kindern im Bildungswesen vorgeworfen. Zudem wird kritisiert, dass sich die Rechtslage für sexuelle Minderheiten in Folge der Ablehnung der „Ehe für alle“ nicht verbessert hat. Des Weiteren bemängelt Amnesty das veraltete Abtreibungsgesetz sowie die Ablehnung der sogenannten Istanbul-Konvention durch den Senat.

Pavel Gruber leitet die Zweigstelle von Amnesty International in Tschechien. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks ordnete er einige Vorwürfe in den Kontext ein und hob auch Erfolge hervor:

„Unser Jahresbericht ist immer kritisch. Es werden darin mehrere Problembereiche genannt. Von diesen betrachte ich die anhaltende Segregation von Roma-Kindern als ein systemisches Problem, das dieses Land für sehr lange Zeit beschädigt. Andererseits hat sich Tschechien 2023 verpflichtet, mehrere Sachen zu verbessern: Bei den Rechten von gleichgeschlechtlichen Paaren ist dies zur Hälfte gelungen. Sehr positiv ist, dass die Definition von Vergewaltigung verändert wurde. Die Umsetzung der Verpflichtung, körperliche Strafen an Kindern zu verbieten, ist hingegen nicht gelungen.“

Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Rezession und der steigenden Inflation seien die Ukrainer in Tschechien Opfer von Hasskommentaren, Schikanen und Hassverbrechen geworden, wird in dem Bericht an einer Stelle festgestellt. Dazu betont Gruber, dass die Solidarität der Gesellschaft nach wie vor sehr hoch sei. Dies sei aber kein Grund, vor bestimmten Problemen die Augen zu verschließen:

„Einzelpersonen waren Hasskommentaren und Gewaltattacken ausgesetzt, wobei wohl der zunehmende Trend am meisten Besorgnis hervorruft. Zudem ist die Integration von ukrainischen Schülern, insbesondere an weiterführenden Schulen, wenig erfolgreich. Die Beschäftigungsrate bei ukrainischen Geflüchteten ist ziemlich hoch, die Arbeit entspricht aber größtenteils nicht ihrer Qualifizierung.“

Gruber hält die anhaltende Segregation von Roma-Kindern in Schulen für das größte menschenrechtliche Problem in der tschechischen Gesellschaft. Dies zu beheben, sei eine der Herausforderungen für die Regierung in nächster Zeit:

„Sehr gut ist, dass das Bildungsministerium im Januar dieses Jahres ein Papier veröffentlicht hat, in dem Maßnahmen genannt werden, um dies zu ändern.“

Ebenso hat sich die Regierungskoalition verpflichtet, das Gesetz zu ändern, demzufolge eine Sterilisierung bei einer Geschlechtsänderung nötig ist. Die Novelle könnte noch in der laufenden Legislaturperiode im Parlament behandelt werden, so Gruber.

Der Bericht beschäftigt sich des Weiteren mit dem Einfluss von Technologien und künstlicher Intelligenz auf die Menschenrechte:

„Es geht darum, in wie weit die tschechische Polizei Technologien zur Gesichtserkennung nutzt oder nutzen wird und in wie weit dies transparent erfolgt. Und der letzte Punkt ist der Klimaschutz, für den Tschechien leider sehr wenig tut.“

Amnesty bezeichnet außerdem Waffenlieferungen an Israel, Saudi-Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate als unverantwortlich, da die Gefahr bestehe, dass sie für schwere Verstöße gegen die Menschenrechte und gegen das humanitäre Völkerrecht eingesetzt werden.