Internationales Jahr der Kartoffel: Knollen-Jubiläen in Böhmen

Zerdrückt, püriert, zerrieben, geschnitzelt, frittiert, gebacken oder auch kalt als Salat – die Kartoffel ist immer gut! Eine echte Universalknolle eben, und das nicht nur in der Zubereitung. Die Kartoffel gehört nämlich weltweit zu den wichtigsten Nahrungspflanzen, und deshalb haben die Vereinten Nationen 2008 zum … ja genau: zum Jahr der Kartoffel erklärt. Und das wird auch in Tschechien begangen – und zwar keineswegs nur mit Fritten, Wodka und Kartoffelchips.

Wie es aussieht, haben die Tschechen diesmal ein gutes Wort mitgeredet, als die Vereinten Nationen ihren Festkalender beschlossen haben. Denn passend zum Internationalen Jahr der Kartoffel kann man hierzulande ein rundes Knollenjubiläum begehen. Vor genau 100 Jahren haben nämlich Landwirte in Havličkův Brod, dem damaligen Deutschbrod die erste Vereinigung in den böhmischen Ländern gegründet, die ganz im Zeichen des Nachtschattengewächses stand – den „Verband der Kartoffelzüchter“. Die dümmsten Bauern haben die dicksten Kartoffeln – mit dieser Weisheit ist man schon vor 100 Jahren nicht weit gekommen. Havličkův Brod ist daher bis heute auch der Sitz des tschechischen Instituts für Kartoffelforschung, das in diesem Jahr zugleich 85 Jahre alt wird. „Die Kartoffel, Schatz im Verborgenen“, so lautet das Motto der Feiern, die in diesen Tagen in Havličkův Brod begonnen haben – und das erst einmal ganz wissenschaftlich, nämlich mit der Vorstellung eines neuen Bildatlas über Kartoffelschädlinge und –krankheiten, herausgegeben vom Institut für Kartoffelforschung:

„Unsere gegenwärtige Aufgabe ist es, den Nährwert der Kartoffeln zu erhalten oder sogar noch weiter zu erhöhen und dabei zugleich den Anteil der fremdstämmigen Schadstoffe zu reduzieren, die eine Kartoffel auch enthalten kann. In einem breiteren, allgemeinen Blickwinkel geht es also um den Kampf gegen Krankheiten und Schädlinge“,

so Institutsdirektor Jaroslav Čepl. Und auch wenn hier ein hunderster Geburtstag gefeiert wird – die Kartoffel selbst ist in Böhmen natürlich schon wesentlich älter. „Urkundlich belegbar“, wenn man so will, sind die aus Amerika stammenden Knollen in Böhmen erstmals 1623, also vor genau 385 Jahren, und das auf dem Tisch von Reichsgraf Wilhelm Slavata von Chlum und Koschumberg. Der Kartoffel-Pioniergeist des Grafen wird allerdings in den Geschichtsbüchern dadurch überdeckt, dass ausgerecht er es war, der sich fünf Jahre zuvor auf der Prager Burg von den rebellierenden Ständen hatte aus dem Fenster werfen lassen – der zweite Prager Fenstersturz, der den Auftakt zum 30-jährigen Krieg markierte.

Wirklich heimisch geworden ist die Kartoffel in Böhmen dann erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, als sie mit den Heeren Friedrichs des Großen ins Land kam – aus Brandenburg, daher bis heute der tschechische Name „brambory“ – als quasi „die Brandenburger“. Und auch in anderen üblichen Namen für die Kartoffel scheinen noch die deutschen Bezeichnungen durch – so etwa bei erteple – Erdäpfel, oder schon etwas altertümlicher krumpir – die Grundbirne. Und damit bleibt eigentlich mit Loriot nur noch eine Frage offen:

„Und ihr Lieblingsessen? Was ist ihr Leibgericht?“

„Kartoffelpuffer.“

Oder eben auf gut tschechisch: bramboráčky.