Islam und Terrorismus

11. September 2001

Der 11. September 2001 und der 11. März 2004 - zwei Daten verbunden durch die tragischen Ereignisse der Terroranschläge in den USA und in Spanien. Zwei Daten, die sich mittlerweile auch vielen Tschechen ins Gedächtnis eingeprägt haben. Über 56 Prozent von ihnen bangen jetzt mehr um ihre Angehörigen als früher. Fast 25 Prozent der Tschechen überlegen sich, welches Verkehrsmittel sie benutzen wollen, 13 Prozent haben bereits die Änderung des geplanten Urlaubsziels beschlossen. Und - last but not least - gestehen 41 Prozent der Tschechen, Ausländern weniger zu vertrauen, ja sogar Angst vor ihnen zu haben. Dies besagen Ergebnisse einer jüngst durchgeführten Umfrage. Jitka Mladkova hat sich kürzlich mit Dozent Milos Mendel vom Orientalistischen Institut der Tschechischen Akademie der Wissenschaften unterhalten, der sich kategorisch gegen die Gleichsetzung des Terrorismus mit dem Islam wehrt.

In einem Vortrag für Journalisten sagte es Mendel wohl gleich im ersten Satz: Er möge ihn nicht, den - in Anführungsstrichen - Terminus technicus "islamische Welt". Hinter dieser seiner Meinung nach all zu oft verwendeten Bezeichnung ist eine breit gefächerte Mannigfaltigkeit der islamischen Länder zu sehen - mit ihrem differenziertem Lebensstil, mit örtlichen Kulturen und mit Religionssystemen, die auf verschiedenste Art und Weise miteinander vernetzt sind. Mendel zufolge übernehme die tschechische Journalistik in hohem Masse ideologische Klischees, vor allem solche aus den USA. Eines davon heiße "Kampf gegen den Terrorismus". Dazu sagt er:

"Ich kann mich erinnern, wie noch vor 15 oder 16 Jahren - wie es hieß - gegen den Imperialismus gekämpft wurde. Das war ein total ausgehöhltes Klischee, obwohl es damals von vielen beschworen wurde. Bush´s Kampf gegen den Terrorismus ist in gewisser Hinsicht legitim, z.B. im Hinblick auf den 11. September 2001 und die Reaktion der USA in Afghanistan. Das kann man schon verstehen. Wenn aber in den Kampf gegen den Terrorismus z.B. auch der Krieg im Irak einbezogen und somit alle sozusagen in einen Sack geschmissen werden, dann finde ich das nicht richtig."

In Bezug auf die Terroranschläge in Madrid spricht Milos Mendel von der brutalsten Form des Terrorismus, stellt aber gleichzeitig die Frage, ob dies alles überhaupt noch etwas mit dem Islam zu tun hat. Mag sein, sagt er, dass diejenigen, die diese Gräueltat organisiert hatten, vom Islam nur sehr wenig wissen. Kurzum, Mendel sieht einen Zusammenhang zwischen derartigen Terrorakten und dem Islam als eine recht problematische Angelegenheit.

Nun, die weltweite Globalisierung ist trotz des Blutvergießens auf dem Vormarsch. Ist der befürchtete Streit der Zivilisationen da, ist ein Crash zu erwarten? Oder finden die Kulturen einen Modus vivendi für ihre Koexistenz? Noch einmal der renommierte Kenner des Islam und der arabischen Kultur, Milos Mendel:

"So etwas wie Samuel Huntington´s Theorie über den Streit der Zivilisationen ist selbstverständlich ein Unsinn... Ein Streit der Zivilisationen droht nicht, aber es kann schon die Nervosität in den islamischen Gesellschaften steigen, wenn deren traditionelle Lebensweisen in eine Kollision mit westlichen Werten geraten, die sie nicht akzeptieren wollen."

Und wie ist die tschechische Gesellschaft, der nicht selten Xenophobie als Charakterzug zugeschrieben wird, auf einen möglichen Zustrom von Moslems vorbereitet? In dieser Frage ist Dozent Mendel eher skeptisch:

"Die Tschechen sind, sagen wir, konservativ und vielleicht etwas fremdenfeindlicher als die Menschen in den umliegenden Ländern. Das ist u.a. auch auf unsere historische Entwicklung bzw. auf die Tatsache zurückzufügen, dass wir weder mit der islamischen Kultur, z.B. bei einer türkischen Expansion wie sie etwa die Ungarn erfahren hatten, oder durch islamische Gastarbeiter in Berührung gekommen waren. Ein Zusammenstoß, der nicht auszuschließen ist, könnte in mancher Hinsicht auch schmerzlich sein, vielleicht sogar mehr als in anderen Ländern."