Ist Vertrauensfrage nur eine Fortsetzung des Prager Komödienstadls?

Vladimir Spidla und Petr Mares, Foto: CTK

Nach der Niederlage des Regierungskandidaten Jan Sokol bei der tschechischen Präsidentenwahl wird Ministerpräsident Vladimír Spidla am 11. März im Prager Abgeordnetenhaus die Vertrauensfrage stellen. Die namentliche Abstimmung werde der einzige Punkt der für kommenden Dienstag einberufenen Sondersitzung sein, sagte Abgeordnetenchef Lubomír Zaorálek am Dienstag. Doch wie wird sie ausfallen, die Vertrauensfrage, die im negativsten Fall zu Neuwahlen im Lande führen könnte. Lothar Martin hat sich dieser Frage angenommen.

Vladimir Spidla und Petr Mares,  Foto: CTK
Alle Abgeordneten der drei Parteien der tschechischen Regierungskoalition, die über eine hauchdünne Mehrheit von 101 der 200 Sitze im Abgeordnetenhaus verfügt, gingen am Dienstag sozusagen in Klausur, um über den Ausgang der Präsidentenwahl und die daraus resultierende Vertrauensfrage zu debattieren. Dass sie am nächsten Dienstag von Regierungschef Spidla gestellt werden wird, ist nur allzu logisch, hatten doch bei der Präsidentenwahl am vergangenen Freitag überraschend viele Abgeordnete der sozialliberalen Koalition für den konservativen Oppositionsbewerber Vaclav Klaus gestimmt. Vor allem die als zerstritten geltenden Sozialdemokraten werden dafür verantwortlich gemacht, dass die Kandidatur von Jan Sokol gescheitert ist. Und das, obwohl sich zuvor nahezu alle Abgeordneten der Koalition schriftlich für dessen Wahl ausgesprochen hatten. Aus diesem Grund ist der siebenköpfige Vorstand der sozialdemokratischen Abgeordnetenfraktion mit dem Fraktionsvorsitzenden Milan Urban an der Spitze am Dienstag komplett zurückgetreten. Als Begründung für diesen Schritt gab Urban an: "Die Grundlage meiner Argumentation für den Rücktritt ist die: Nur schwer ist es möglich, eine Fraktion zu führen und sie gut zu führen, in der einige Personen andauernd und wiederholt etwas anderes tun, als sie sagen."

Nach den Debatten haben alle Abgeordnetenfraktionen der Regierungsparteien unisono zum Ausdruck gebracht, dass sie der amtierenden Regierung ihr Vertrauen aussprechen werden. Wohlgemerkt, jede Fraktion für sich gesprochen, denn gegenseitig trauen sie sich nicht über den Weg. So zeigten sich die Sozialdemokraten, die eigentlich selbst als die unsichersten Kantonisten gelten, am Dienstag in punkto Vertrauensfrage misstrauisch gegenüber der liberalen Freiheitsunion und insbesondere deren Ex-Vorsitzenden Hana Marvanová. Es scheint, als wenn der Prager Komödienstadl, der derzeit in den Abgeordnetenreihen der Regierungsparteien aufgeführt wird, am 11. März seine Fortsetzung erfahren könnte. Auch Premier Spidla will diese These scheinbar noch bekräftigen, indem er nach der Fraktionsdebatte auch schon wieder davon sprach, dass die Rücktritte der Mitglieder des Fraktionsvorstandes nicht endgültiger Natur zu sein bräuchten: "Also, wie ich weiß und wie ich es auch aus der Debatte herausgehört habe, sind die Mitglieder des Fraktionsvorstandes Leute, die geschätzt werden und ein Mandat haben. Ob sie es alle auch verteidigen können, ist stets offen, aber allgemein gesagt: Die Debatte verlief in die Richtung, dass der Fraktionsvorstand nicht versagt hat."

Also Friede, Freude, Eierkuchen und am nächsten Dienstag ist alles wieder beim Alten - Abweichler unter den Abgeordneten der Regierungsparteien hat es nie gegeben, alle haben sich wieder lieb und die Regierung wird bestätigt? Ganz so simpel ist die Sache jedoch nicht. Die Partei des neuen Präsidenten, die ODS, wird gegen die Regierung stimmen. Und die Kommunisten, die Klaus mit ihren Stimmen ins Amt verhalfen, werden in der Mehrzahl auch mit NEIN votieren. Und wie der Vizevorsitzende der Sozialdemokraten, Petr Lachnit, andeutete, kann der Riss in seiner Partei auch am kommenden Dienstag wieder offen zu Tage treten: "Wenn eine der äußersten Möglichkeiten gewählt wird, zum Beispiel eventuell eine Änderung der Koalition nach links oder rechts, dann kann das auch darin münden, dass ein Teil der Fraktion dies nicht unterstützen muss."

Am nächsten Dienstag stehen Premier Vladimír Spidla und seine Regierungsmannschaft demnach möglicherweise vor einer weiteren Enttäuschung, die dann gravierende Konsequenzen nach sich ziehen sollte.