Italien hat gewählt. Oder?
Einen regelrechten Politkrimi erlebte Italien am Montag - und auch noch in der Nacht auf Dienstag, Stunden nach Schließung der letzten Wahllokale. Der Sieg des Mitte-Links-Bündnisses von Romano Prodi gegen die regierende Allianz von Silvio Berlusconi war am Ende so knapp, dass die Meinungsforscher auf jeden Fall zu den Verlierern dieser Wahl gehören. Denn sie hatten ein eindeutigeres Ergebnis vorhergesagt. Gerald Schubert fasst einige Reaktionen aus Tschechien zusammen:
Klare Analysen eines unklaren Wahlergebnisses. Denn während Romano Prodis Bündnis im Abgeordnetenhaus gerade mal 0,1 Prozent Vorsprung hat, stand am Dienstagmittag die Sitzverteilung in der zweiten Parlamentskammer, dem Senat, noch gar nicht fest.
Dennoch: Die Regierungsbildung wird nun wohl Prodi in Angriff nehmen müssen - für die europäische Diplomatie ein alter Bekannter. Der christdemokratische tschechische Außenminister Cyril Svoboda über den Sozialdemokraten und italienischen Wahlsieger Prodi:
"Romano Prodi ist ein überzeugter Europäer und ein überzeugter Befürworter der EU. Er war eine ganze Funktionsperiode lang Präsident der Europäischen Kommission. Italien wird also in den Bemühungen um die europäische Integration eine starke Kraft sein. In dieser Hinsicht sehen wir das Ergebnis sicher positiv."Für Noch-Premier Berlusconi hat Svoboda aber ebenfalls lobende Worte übrig:
"Ich würdige die Regierung von Silvio Berlusconi, denn er hält einen politischen Rekord. Fünf Jahre lang hielt er sich an der Macht! Das ist in Italien, wo die Regierungen sonst alle sechs Monate wechseln, wirklich erstaunlich. Hoffen wir also, dass auch das neue Kabinett stabil sein wird, und dass es zum Wohle Italiens und natürlich auch zum Wohle der Europäischen Union beitragen kann."
Die Mehrheitsverhältnisse in Italien aber sind so knapp, dass gerade Stabilität besonders schwer zu erreichen sein dürfte. Im Zusammenhang mit dem Wahlausgang hört man nämlich kaum mehr das Wort Triumph, dafür aber immer öfter das Wort Pyrrhussieg.