Jugendlicher Übermut: 17-Jährige wurde kurz vor der Wende 1989 noch zur politischen Gefangenen

Andrea Bredlová und Jaroslav Dvořák im Jahr 2022

Reporter vom Tschechischen Rundfunk haben die Geschichte von Andrea Bredlová aufgearbeitet. Sie war womöglich die jüngste politische Gefangene zu Ende des kommunistischen Regimes in der Tschechoslowakei und kam pünktlich zur Samtenen Revolution im November 1989 frei.

Kommenden Dienstag ist es genau 33 Jahr her, dass Andrea Bredlová das Gefängnis wieder verlassen konnte. Sie war erst 17 Jahre alt, als sie dafür verurteilt wurde, gemeinsam mit zwei Freunden eine Gottwald-Statue umgerissen zu haben. Klement Gottwald war der erste Staatspräsident der kommunistischen Tschechoslowakei (KPTsch). Passiert ist das Ganze in Teplice / Teplitz, ihre Strafe trat Bredlová aber im Jugendgefängnis in Pardubice / Pardubitz an.

„Ich war wohl eine Rebellin. Zu der Zeit war mir das noch nicht bewusst. Erst als ich in Haft war, wurde mir langsam klar, was ich eigentlich getan hatte“, erinnert sich Bredlová heute an ihre Jugend. Im Gegensatz zu ihr wurden ihre beiden Freunde nach dem Vorfall sofort in U-Haft genommen. Jaroslav Dvořák war einer von beiden:

„Wir waren schon zehn oder elf Monate in Haft, bevor das Gerichtsverfahren losging. Andrea war aber immer noch draußen. Also dachten wir, dass ihr eine Bewährungsstrafe sicher sei. Ihre Verurteilung kam für mich wirklich unerwartet.“

Klement Gottwald  (Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Bredlová wurde zu zehn Monaten Haft verurteilt, Dvořák zu achtzehn. Die hohen Strafen würden zeigen, dass der Umsturz der Gottwald-Statue für die kommunistischen Machthaber eine starke Symbolik hatte, sagt Historiker Michal Louč vom Institut für das Studium totalitärer Regime (ÚSTR):

„Zu der Zeit saßen etwa 25.000 Menschen im Gefängnis. Der kleinere Anteil, etwa 500 oder 600 von ihnen, waren jugendliche Gefangene, und nur einige Dutzend davon waren Frauen. Politische Fälle mit weiblichen Angeklagten gab es nur einzelne, sie waren also sehr selten.“

Der Schicksalstag der drei Freunde war der 11. März 1988. Auf dem nächtlichen Nachhauseweg aus der Kneipe kamen sie am Parteibüro der KPTsch vorbei. Dvořák erzählt:

„Dort haben wir die Scheiben eingeworfen, sind weggerannt und haben erst an der Gottwald-Statue Halt gemacht. Weil sie hohl war und nur einen kleinen Sockel hatte, war es kein Problem, sie umzureißen.“

Sie habe es erst für einen Witz der Jungs gehalten, das Denkmal umzustoßen, lacht Bredlová heute. Aber dann hieß es „Na los!“, und Gottwald lag am Boden.

Die Statue ließen die Kommunisten schnell reparieren und legten schon am 1. Mai des gleichen Jahres wieder Kränze an ihr nieder. Von ihrem angestammten Platz vor dem Teplitzer Museum wurde die Skulptur im Frühjahr 1990 dann aber endgültig entfernt. Heute steht der eingestaubte Gottwald mit dem Gesicht zur Wand in einem Lager außerhalb der Stadt.

Kamil Krůta, der Dritte im Bunde, kann heute bedenkenlos an die Statue klopfen:

„Das alles ist nur passiert, weil ich der Statue damals einen leichten Stoß gegeben habe. Da sie nicht ordentlich am Sockel festgeschraubt war, wankte sie hin und her. Dadurch war klar, dass sie umstürzen konnte – also fiel sie, und das fast von allein. Die Hilfe von Andrea und Jaroslav war fast überflüssig, aber darauf nahm das Gericht keine Rücksicht.“

Foto: ČT24

Krůta saß seine Strafe von zwei Jahren fast vollständig ab und kam am 2. Januar 1990 frei. Andrea Bredlová wurde damals von der medizinischen Berufsschule geworfen. Sie arbeitete zunächst als Verkäuferin, beendete später aber ihre Ausbildung zur Krankenschwester. Heute ist sie in einem Krankenhaus in Berlin tätig.