Juristische Gratwanderung: Verlag verkauft Hitler-Devotionalien
Ein Bild Adolf Hitlers auf T-Shirts und Tassen – was undenkbar klingt, hat ein Militaria-Verlag in Prag tatsächlich auf den Markt gebracht. Zwar sind die Produkte mittlerweile aus dem Angebot verschwunden. Es bleibt aber die Frage, wie man mit solchen Dingen umgehen soll in Tschechien. Und das moralisch und juristisch.
Im Online-Shop und den Geschäften von Naše Vojsko / Unsere Armee findet man normalerweise Publikationen und Geschenkartikel rund ums Militär. Aber auch Artikel zu anderen popkulturellen Themen kann man dort kaufen, wie zum Beispiel Biografien von Schlagersängern. In die Schlagzeilen ist Naše Vojsko nun gekommen, da der Verlag T-Shirts und Tassen mit dem Bild Adolf Hitlers angeboten hatte.
Laut Marketingabteilung des Verlagshauses hat man damit nur auf besondere Kundenwünsche reagiert. Stanislav Svoboda leitet den Vertrieb des Verlags und bestreitet, mit den Artikeln Propaganda für die Nazi-Ideologie zu machen:
„Dann hätte man die Produkte schon kostenlos unter den Leuten verteilen müssen. Wenn jemand für sein hartverdientes Geld irgendein Produkt kauft, ist das allein seine Entscheidung“
Mittlerweile scheint sich der Verlag dem öffentlichen Druck gebeugt zu haben, denn die T-Shirts und Tassen sind aus dem Online-Angebot verschwunden.
Tatsächlich ist der Verkauf der Hitler-Devotionalien nicht verboten. Und er ist auch gar nicht so unüblich in Tschechien, wie zum Beispiel der Brünner Extremismus-Experte Miroslav Mareš meint. Die Rechtslage was vergleichbare Symbole angeht, ist nämlich schwammig:
„Es geht darum, ob der Verlag diese Gegenstände bewusst zur Propagierung der dieser Bewegungen oder Ideologien im Sinn hat oder billigend in Kauf nimmt. Früher hat man das Gesetz aber strenger ausgelegt, als heute. Daher dürfte der Verlag kein Gesetz gebrochen haben.“
Strafbar ist nur der Vertrieb von Symbolen tatsächlich verbotener Organisationen. Bei der NSDAP zum Beispiel geht der Gesetzgeber davon aus, dass diese nicht mehr existiert – und deshalb auch nicht verboten ist. Anders hingegen ist es mit der Propagierung nationalsozialistischen Gedankenguts, die im Grunde strafbar wäre. Jemandem das nachzuweisen ist aber schwer. Meist reicht eine Erklärung des Verlages, dieser Ideologie nicht nahezustehen, vollkommen aus für eine weiße Weste.
Was sagt die jüdische Gemeinde in Tschechien aber zu der Causa? Sie ist juristisch schon geübt in solchen Fällen und wird deshalb von einer Klage absehen. Dies sagt zumindest Tomas Kraus, der Vorsitzende der Föderation jüdischer Gemeinden in Tschechien. Eine ähnliche Klage gegen die Publikation von Hitlers „Mein Kampf“, das in Tschechien übrigens ebenfalls von Naše Vojsko verlegt wird, ist aus den genannten Gründen vor circa zehn Jahren gescheitert. Tomáš Kraus ist daher etwas anderes viel wichtiger, als vor Gericht gegen den Verlag vorzugehen:„Ich glaube, das ist eine moralische Sache. Wir haben nun die zweite Generation nach dem Krieg, und die Leute wissen einfach nicht mehr, worum es geht. Wir von der jüdischen Gemeinde werden in solchen Fällen immer zuerst gefragt, was wir dazu denken. Aber es betrifft nicht nur uns, sondern die ganze tschechische Gesellschaft. Denn die ‚Endlösung der jüdischen Frage‘ war auch ein Vorspiel zur angedachten ‚Endlösung der tschechischen Frage‘.“
Ob die Causa um die Hitlerbilder bei Naše Vojsko eine Radikalisierung der tschechischen Gesellschaft andeutet, ist schwer zu sagen. Wenn man sich die politische Landschaft anschaut, so sind radikale Parteien in Tschechien nach wie vor nicht wirklich relevant. Und in diesem konkreten Fall kann man eigentlich auch nicht wirklich von einer politischen oder gesellschaftlichen Radikalisierung sprechen, wie unter anderem auch Tomáš Kraus findet. Warum Menschen Tassen mit dem Abbild Hitlers kaufen, liegt laut Kraus eher an etwas anderem:
„Viele Dinge waren lange ein Tabu. Mittlerweile ist die Gesellschaft bei solchen Sachen nicht mehr so sensibel. Das ist wahrscheinlich der Grund für solche Angelegenheiten.“