Recycling und Slow Fashion: Menschen in Tschechien setzen wenig auf Nachhaltigkeit
Die Menschen in Tschechien achten eher wenig auf Nachhaltigkeit. So sind etwa sogenannte Re-Use-Zentren, in denen man gebrauchte Dinge untereinander tauschen kann, immer noch ziemlich unbekannt. Dies ergab eine Studie zweier tschechischer Universitäten.
Im Second-Hand-Laden kauft man gebrauchte Waren für Geld ein. In einem Re-Use-Zentrum hingegen werden abgelegte Kleidung oder ausgediente, aber noch funktionsfähige Gebrauchsgegenstände kostenlos getauscht. Einrichtungen wie diese gibt es in Tschechien immer mehr, und das nicht nur in den Großstädten. Die Menschen im Land wissen davon nur leider oft nichts. Dies zumindest ergab eine Studie, an der unter anderem Wissenschaftler der Mendel-Universität in Brno / Brünn sowie der Prager Karlsuniversität mitgearbeitet haben.
Das zugehörige Projekt heißt „Chtytře a udržitelně“ (Schlau und nachhaltig), und Lucie Veselá von der Mendel-Universität leitet das Forschungsteam. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sagte sie:
„An den Ergebnissen der Studie ist interessant, wie die Verbraucher über Nachhaltigkeit denken. Sie würden zwar gern darauf achten, aber ihr Verhalten entspricht dem nicht.“
Man könnte also sagen, die Menschen in Tschechien kaufen oft gegen ihr Gewissen ein. Die Befragten zumindest hätten in großer Zahl angegeben, dass Nachhaltigkeit für sie wichtig sei, betont Veselá und berichtet weiter:
„Wenn wir dann aber konkret nachfragen, was beim Einkauf ausschlaggebend ist, dann stehen an erster Stelle immer der Preis und verschiedene Sonderangebote. Erst danach achten die Menschen auf die Eigenschaften, etwa eines Kleidungsstücks. Und fast an letzter Stelle denken sie über die Nachhaltigkeit nach und darüber, woher die Mode stammt.“
An der Umfrage haben von November 2023 bis Februar 2024 insgesamt 1100 Menschen teilgenommen. Ergänzend wurden auch Gruppengespräche geführt. Einer der Hauptpartner bei diesem Projekt ist das tschechische Umweltministerium, das Konzepte der Wiederverwertung (Recycling) und der Aufwertung (Upcycling) von Produkten unterstützen will.
In der aktuellen Erhebung gaben nur 55 Prozent der Teilnehmer an, schon einmal ein gebrauchtes Produkt gekauft zu haben. Wie erklärt sich Lucie Veselá, dass es hierzulande nicht mehr sind?
„Das liegt auch daran, dass den Menschen nur wenige Möglichkeiten bekannt sind. Sie wissen etwa nicht, dass sie in Re-Use-Zentren gehen können. Diese werden bisher nur von sieben Prozent aller Verbraucher genutzt. Im Falle von Upcycling ist es ähnlich, diesen Begriff kennen die meisten Menschen gar nicht.“
Ihr Team habe versucht, das Upcycling am Beispiel einer Renovierung zu erklären, fügt die Wissenschaftlerin hinzu. Daraufhin haben drei Viertel der Befragten angegeben, diese Methode nicht zu nutzen. Ein neues und möglichst günstiges Produkt zu kaufen, sei für die Menschen immer noch der einfachere Weg, interpretiert Veselá. Vor allem im Falle von Slow Fashion, also nachhaltiger Mode, stelle sich dies in Tschechien ziemlich eindeutig als ein Generationsproblem dar:
„Die meisten der Befragten gaben an, dass Slow Fashion etwas für ältere Menschen sei. Natürlich hängt das mit den höheren Preisen zusammen. Für die Generation Z, also die jüngeren Verbraucher, ist ein günstiger Preis noch sehr wichtig. Ihnen ist nicht bewusst, dass sie ein T-Shirt für 100 Kronen aus einer Fast-Fashion-Kette vielleicht zweimal anziehen – und der Preis für eine Nutzung damit viel höher liegt, als wenn ein gutes Shirt für 1000 Kronen vielleicht 100 Mal getragen wird.“
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100 Kronen sind umgerechnet etwa vier Euro, 1000 Kronen entsprechen 40 Euro. Die Umfrage hat auch ergeben, dass die Menschen hierzulande bis zu 31 Prozent der Kleidung in ihrem Schrank gar nicht tragen würden.
Es gibt in der Studie aber durchaus erste Hinweise auf mehr Nachhaltigkeit. Lucie Veselá:
„Positiv ist, dass sich auch die Frage, ob ein Kleidungsstück gerade im Trend ist, in den hinteren Teil der Rangfolge bei der Kaufentscheidung verlagert hat. Die Welle, dass ein Mensch jeden Monat neue Sachen und einen neuen Stil braucht, ist hierzulande also vorbei.“
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