Kaffeemuseum im Montmartre Prags

Foto: Martina Schneibergová
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Ein Museum in Prag stellt die verschiedenen Aspekte der Kaffeekultur – unter anderem auch des Kaffeeersatzes vor.

Kateřina Ebelová  (Foto: Martina Schneibergová)
Das Museum befindet sich in der Straße Jana Zajíce nicht weit vom Fußballstadion im Stadtteil Letná. Über dem Eingang hängt ein Aushängeschild. Auf einem der Schaufenster steht „Das Letná-Montmartre“. In der Umgebung haben früher viele Maler und Bildhauer gelebt. In mehreren der Mietshäuser bestanden Ateliers. Bis heute hat die Akademie der bildenden Künste in der Nähe ihren Sitz. Die Dauerausstellung beginnt gleich im ersten Museumsraum. Dort sind zahlreiche Kaffeeservice, historische Röstmaschinen, Kaffeedosen, alte Reklamen – alles wie zu Omas Zeiten. Kateřina Ebelová hat das Museum gegründet. Und zwar auch wegen ihrer familiären Bezüge.

„Mein Urgroßvater hat in Bučice bei Čáslav eine Firma betrieben, in der Obst und auch Zichorie getrocknet wurden. Die Zichorie wurde weiterverarbeitet. Zu Hause hatten wir viele Dokumente, Fotos und Rechnungen aus dieser Zeit. Ich habe mich schon immer dafür interessiert. Denn ich bin davon überzeugt, dass auch die kaffeeähnlichen Getränke Bestandteil unserer Kultur sind. Verbreitet waren vor allem Zichorien- und Getreidekaffee, konkret der Roggenkaffee.“

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Auch Dokumente, die an die Firma des Urgroßvaters erinnern, werden in der Dauerausstellung auch gezeigt. Die Aufmerksamkeit wecken aber die unzähligen Dosen, in denen verschiedene Kaffeesorten aufbewahrt wurden. Kateřina Ebelová erzählt, sie habe viele Jahre lang Gegenstände gesammelt, die etwas mit den kaffeeähnlichen Getränken zu tun haben:

„Ich hatte eine große Sammlung von Dosen für Zichorien-, Feigen- und Getreidekaffee. Zudem habe ich viele Werbegegenstände vor allem aus der Zeit der Ersten Republik zusammengetragen. Die Kaffeeersatzgetränke hatten den Vorteil, dass sie viele Vitamine und Antioxidantien enthielten. Darum waren sie für Kinder und alte oder kranke Menschen gut geeignet. Es gab damals viele Reklamegegenstände auch für Kinder. Dazu gehörten beispielsweise Märchenhefte, die auf vier bis sechs Blättern gedruckt wurden. Auf der Titelseite stand der Name des Märchens mit einem Bild und auf der letzten Seite die Reklame.“

Historische Werbung

Foto: Martina Schneibergová
In ihrer Sammlung hat Kateřina Ebelová auch etwas kuriose Gegenstände – wie beispielsweise eine Schutzhülle für ein Schulheft. Auf der vorderen Seite ist der frühneuzeitliche Philosoph und Pädagoge Comenius abgebildet und auf der hinteren Seite steht der Vers: „Chceš-li dítko pilným býti, musíš naši kávu píti.“ Übersetzt bedeutet das in etwa „Wenn du, mein Kind, fleißig werden möchtest, musst du unseren Kaffee trinken.“ Es gab auch Werbeartikel für die Hobbysammler unter den Kindern:

„Es gab Sammlerkarten mit Bildern von Autos, Soldaten oder Volkstrachten, die für die Mädchen bestimmt waren. Auf den Sammlerkarten waren auch Burgen und Schlösser oder Städte abgebildet. Die Kinder haben beim Sammeln auch einiges lernen können. Ein spezieller Werbeartikel waren Weihnachtskrippen aus Papier. Die Firma hat eine derartige Krippe bei einem Künstler bestellt. Die Figuren, die normalerweise dem Jesuskind Geschenke wie ein Lamm oder einen Weihnachtskuchen bringen, trugen in diesem Fall Produkte der zuständigen Firma. Von den bekannten Künstlern, die die Reklame-Weihnachtskrippen gemalt haben, ist Marie Fischerová-Kvěchová zu nennen.“

Feigenkaffee

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Obwohl Zichorien- oder Getreidekaffee heute am bekanntesten sind, gab es früher auch Feigenkaffee oder Obstkaffee, erzählt Kateřina Ebelová.

„Feigenkaffee wurde in Böhmen nur in Kolín produziert. Die Feigen wurden importiert, sie wurden getrocknet, zermahlen und in Würfeln gepresst. Es ist interessant, dass Kaffeeersatz auch aus Obst hergestellt wurde. In der Zeit der Not oder während des Kriegs wurde Kaffeeersatz aus Sommerbirnen oder Trockenzwetschgen produziert.“

Bohnenkaffee wird in Europa seit dem 17. Jahrhundert getrunken. Das erste Prager Café gründete angeblich ein aus Syrien stammender Mann, der Theodat genannt wurde, zu Anfang des 18. Jahrhunderts. Der Gastbetrieb befand sich im Haus „Zur Goldenen Schlange“ in der Straße Karlova. Später habe er ein weiteres Café in der Straße Mostecká eröffnet, erzählt Kateřina Ebelová.

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„Anfangs soll Theodat das neue Modegetränk in der Weise verkauft haben, dass er den Kaffee aus einer Kanne, die er auf der Schulter trug, auf der Straße ausschenkte. Mit der Zeit entstanden dann weitere Cafés. In der Straße Dlouhá gab es das erste Geschäft, das Kaffeebohnen verkaufte. Die Städte Venedig und Wien streiten darüber, wo das erste Café in Europa eröffnet wurde. Ich bin der Meinung, dass es in Venedig gewesen sein muss. Der Handel per Schiff war dort sehr rege, und es wurden viele Kolonialwaren importiert.“

Prag erlebte der Museumsleiterin zufolge in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen Café-Boom. Eines der ersten Kaffeehäuser befand sich beim Ständetheater. Es war ein beliebter Treffpunkt von Theaterliebhabern. Ein weiteres, zudem berühmtes war das Café Arco in der Hybernská. Dort galten spezielle Regeln, sagt Ebelová:

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„Der Cafébesitzer war davon überzeugt, dass die Männer nach dem Ersten Weltkrieg ein wenig verwildert waren. Darum schrieb er vor, dass sie sein Café nur mit Schlips und in sauberen Schuhen betreten sollten.“

Es galt zudem die Regel, dass Kinder nicht ins Café gehörten, und falls sie schon dort waren, sollten sie sich anständig benehmen.

Röstmaschinen und Kaffeemühlen

Das Museum ist in einige Sektionen gegliedert. Beschrieben werden der Anbau der Kaffeepflanzen, die Ernte sowie die Nass- oder Trockenaufbereitung und wie die Kaffeebohnen geröstet werden.

„Wir zeigen hier eine einzigartige Sammlung von Röstmaschinen. Die älteste stammt aus der Zeit um 1850. Zu sehen sind auch einige größere Kaffeeröster. Diese wurden in Cafés, Restaurants und Läden mit Kolonialwaren genutzt. Gezeigt werden zudem Kaffeespeicher. Diese wurden in den Kolonialgeschäften und spezialisierten Kaffeeläden gebraucht. Derartige Geschäfte hatten die Firmen Kulik oder Julius Meinl.“

Kateřina Ebelová  (Foto: Martina Schneibergová)
Im Museum gibt es zudem eine große Sammlung von Kaffeemühlen verschiedener Art: von Mühlen, die an die Wand gehängt wurden, bis zu Handmühlen.

„Einzigartig ist eine Kaffeemühle von 1847 mit dem Monogramm F. B., es handelte sich um ein Hochzeitsgeschenk. Kaffeemühlen mit Intarsien wurden in den Familien weitervererbt. Ich bin eine passionierte Sammlerin von Kaffeedosen. Es ist interessant, dass an etwa 70 Prozent der Dosen keine Bezeichnung des Herstellers zu finden ist. Für mich ist es wie ein Krimi, herauszufinden, welche Firma die Dose hergestellt hat. Nach der Gestaltung der Dose sowie den Farben lässt sich bestimmen, aus welcher Zeit eine Kaffeedose stammt.“


Foto: Martina Schneibergová
In einer der nächsten Ausgaben unseres Spaziergangs durch Prag setzen wir die Führung durch das Kaffeemuseum fort. Das Museum befindet sich in der Straße Jana Zajíce 7. Gleich neben dem Museum gibt es ein Café mit einem Garten im Hof des Hauses. Das Museum ist bis Ende September täglich von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Ab Oktober liegen die Zeiten täglich von 12 bis 18 Uhr, am Wochenende von 11 bis 18 Uhr.