Kafkas schwere, schwarze Klänge
Rabenkrächzen? Weckerrasseln? Wassertropfen? Alles Dinge, die man nicht unbedingt in einem Franz-Kafka-Museum erwartet. "Die Stadt von K. - Franz Kafka und Prag" heißt die Dauerausstellung im 2005 eröffneten Franz-Kafka- Museum in einer früheren Ziegelei auf der Prager Kleinseite. Kafkas Leben in seiner Heimatstadt, mit der den Dichter eine Art Hassliebe verband, können die Besucher dort nachfühlen statt nachlesen. Susanne Hasenstab hat Impressionen gesammelt.
Alles schwarz, alles dumpf, alles schwer in den Ausstellungsräumen: Manuskriptseiten in schwarzen Schubladen, die Fenster schwarz abgeklebt, flüchtige Fotoprojektionen zittern auf Leinwänden, verschwinden wieder im Nichts. An den Wänden: Schwermütige Zeilen Kafkas an seine Freundin Milena Jesenska, deren Portrait zusammen mit den Bildern anderer Frauen aus Kafkas Leben stumm im Raum schwebt.
"Es ist ein wenig trüb in Prag, es ist noch kein Brief gekommen, es ist zwar ganz unmöglich, dass ein Brief schon hier sein könnte, aber erkläre das dem Herzen."
Die Dinge laufen im Kreis, die Projektionen, die Musik, die Schatten der Besucher, die um schwarze, runde Tische herumgehen, langsam eintauchen in die Welt der Klänge und Binder. Er finde, das sei ein außergewöhnliches Museum, sagt ein deutscher Besucher:"Hier werden nicht nur trockene Fakten präsentiert, man fühlt sich richtig in Kafkas Welt hineinversetzt, in sein Prag, seine Liebschaften. Nur ein bisschen mehr Orientierung hätte ich mir gewünscht, zum Beispiel Zeittafeln. Man muss sich eben alles selbst erarbeiten."
Schlichte Tafeln mit biografischen Angaben findet man selten. Von Kafkas Leben in Prag, von der drückenden Enge seines Büroalltags als Versicherungsbeamter beispielsweise erzählen nur Zitate des Dichters selbst, und die allgegenwärtigen Geräusche. An die Museumsbesucher heftet sich eine Ahnung des Kafkaesken, des unheimlichen Gefühls einer nicht greifbaren Bedrohung, die auch dann noch spürbar ist, wenn man längst die schweren, schwarzen Klänge hinter sich gelassen hat und wieder vor dem Franz-Kafka-Museum, im Tageslicht, steht.