Kardinal Vlk: Als Kind wollte ich Pilot werden
Er studierte Archivwesen und Theologie und wurde zum Priester geweiht. Während der kommunistischen Zeit zehn Jahre lang als Fensterputzer gearbeitet. Zum Priesterberuf durfte er erst 1989 wieder zurückkehren: Miloslav Vlk. Kurz nach der Wende wurde er zum Bischof von České Budějovice / Budweis und 1991 zum Erzbischof von Prag geweiht. Vor 15 Jahren hat ihn der Papst zum Kardinal ernannt. Nächstes Jahr möchte der 77jährige Vlk seinen eigenen Worten zufolge vom Erzbischofsposten zurücktreten. Vorläufig ist aber sein Kalender voll von Terminen: Gottesdienste, Vorträge, Treffen, internationale Tagungen. Radio Prag hat mit Kardinal Vlk kurz vor dem Weihnachtsfest gesprochen.
„Bei einem Erzbischof ist es normal, dass er sich vor allem auf die Liturgie vorbereitet. Es gibt zudem immer Begegnungen mit verschiedenen Persönlichkeiten, die kommen, um Weihnachtsglückwünsche zu bringen. In diesem Jahr ist es wichtig, dass ich daran denke, dass ich das letzte Weihnachtsfest in meinem Amt verbringe. Denn der Heilige Vater hat mir versprochen, meinen geplanten Rücktritt vom Erzbischofsamt zu akzeptieren. Ich rechne damit, Anfang des nächsten Jahres in den Ruhestand gehen zu können.“
Haben Sie überhaupt Zeit oder auch Lust, sich einen Weihnachtsmarkt anzuschauen oder nur durch die Stadt zu bummeln?
„Wenn ich Zeit habe, verbringe ich sie lieber in der Natur. In diesem Jahr liegt in Prag Schnee, was sehr selten vorkommt. Darum war die vorweihnachtliche Zeit besonders schön. Aber in der Stadt wimmelt es von Touristen und vielen Einkaufenden, und das mache ich nicht mit.“
Stört Sie die kommerzielle Seite der Festtage?
„Ja, das stört mich schon ein wenig. Auch wenn es schön ist, wenn man Geschenke für die anderen vorbereitet, stört mich das übertriebene Einkaufen und das überall herrschende Chaos. Denn die Weihnachtszeit soll eine Zeit der Ruhe sein, die man für Treffen und Gespräche mit den anderen nutzen soll. Mir gefällt nicht die schreckliche Hektik dieser Zeit.“
Es ist bekannt, dass Sie ein großer Böhmerwald-Fan und Kenner sind. Haben Sie beliebte Orte im Böhmerwald, die Sie speziell während der Weihnachtszeit besuchen?„Ich bin gewöhnt in der Umgebung von Prachatice zu wandern. Denn in der Nähe von Prachatice, in Lažiště war ich 1971 als Pfarrer tätig. Ich spaziere dort sehr gern. Im Winter sowie im Sommer kann man in dieser Region schöne Tage verbringen: im Sommer beim Vogelgesang, im Winter herrscht dort eine tiefe Ruhe, was für mich sehr wichtig ist. Im Winter besuche ich oft das Skisportzentrum Zadov. Jedes Jahr verbringe ich dort wenigstens eine Woche. Auch diesmal fahre ich hin, um Skilanglauf zu üben.“
Die Tageszeitung Mladá fronta Dnes hat Sie vor kurzem danach gefragt, was Sie sich einst sehr gewünscht haben, was sich aber nicht erfüllte. Sie haben geantwortet, dass Sie einst Pilot werden wollten. Wann war das?
„Das war in meiner Jugend - während des Zweiten Weltkriegs. Ich habe damals die amerikanischen und britischen Flugzeuge über uns fliegen gesehen. Als Kind habe ich mir gewünscht, mal gerne so hoch zu fliegen und Pilot zu werden. Mein Wunsch hat sich mit der Zeit geändert. Als ich Priester wurde, hat sich mein alter Wunsch in einer anderen Form erfüllt. Es ging darum, die Höhe zu erreichen, aber die geistliche Höhe. Dies habe ich doch verwirklicht.“
Jedes Jahr übernehmen Sie von den tschechischen Pfadfindern das Licht aus Betlehem. Was bedeutet für Sie diese Tradition?„Es ist ein sehr schönes Symbol. Denn Jesus hat gesagt: ´Ich bin das Licht der Welt“. Wenn das Licht aus Betlehem über Wien in viele andere Städte Europas gebracht wird, ist es ein tiefes Zeichen. Es ist das Licht für die Orientierung im Leben, das Licht des Evangeliums.“
Hatten Sie schon mal die Möglichkeit, die Mitternachtsmesse in Betlehem zu erleben?
„Ich war mehrmals in Betlehem, aber nie während der Weihnachtszeit. Als ich noch ein junger Theologe war, hatte ich während der kommunistischen Zeit keine Möglichkeit dorthin zu reisen. Als Priester und Bischof konnte ich während Weihnachtszeit nicht wegreisen. Wenn ich in den Ruhestand gehe, kann sein, dass ich diese Möglichkeit erst jetzt haben werde.“
Herr Kardinal, ich wünsche Ihnen, dass es mit der Weihnachtsmesse in Betlehem klappt, und ein gesegnetes Weihnachtsfest.
„Die Weihnachtszeit ist eine Zeit der Freude. Da wünsche ich allen Hörerinnen und Hörern, dass sie ihre Erfahrung von der Weihnachtszeit im Neuen Jahr nicht vergessen. Ich wünsche uns allen, dass uns die weihnachtliche Atmosphäre das ganze Jahr hindurch begleitet.“