Kardinal Vlk über Papst Johannes Paul II.

Kardinal Miloslav Vlk (Foto: CTK)

In den nun folgenden Begegnungen wollen wir noch einmal auf die Reaktionen zurückgehen, die der Tod von Papst Johannes Paul II. in Tschechien hervorgerufen hat.

Johannes Paul II.  (Foto: CTK)
Schwarze Fahnen vor den Kirchengebäuden erinnern in Tschechien daran, dass die katholische Kirche mit Trauer und Dankbarkeit an den am Samstag verstorbenen Heiligen Vater denkt. Zum Begräbnis des Papstes werden nach Rom nicht nur Bischöfe, Staatspräsident Vaclav Klaus und einige weitere Politiker, sondern auch zahlreiche Gläubige reisen. Das Alltagsleben wurde in Tschechien durch den Tod des Papstes nicht beeinflusst. Mit der Persönlichkeit von Johannes Paul II. befassen sich in den Medien jedoch bei weitem nicht nur die Kirchenvertreter. Aus den zahlreichen Betrachtungen, die in diesen Tagen in den Tageszeitungen veröffentlicht wurden, zitiere ich die abschließenden Sätze aus dem in der Lidove noviny veröffentlichten Kommentar mit dem Titel "Für uns Ungläubige war Papst Johannes Paul II. ein großer Gegner". Der Publizist Lubos Palata sagt darin: "Johannes Paul II. führte klug sein katholisches Volk. Uns Ungläubigen stellte er kluge Fragen und Hindernisse, die allen auf dieser Welt fehlen werden."

Kardinal Miloslav Vlk  (Foto: Martina Schneibergova)
Kardinal Miloslav Vlk, der als einziger Tscheche an der Wahl des Nachfolgers von Johannes Paul II. teilnehmen wird, sagte über dessen Bedeutung:

"Das, was an diesem Papst modern und progressiv war, war seine Offenheit gegenüber jedem Menschen. Er hatte jedem Menschen gezeigt, dass er ihn ernst ihm, hat mit ihm gesprochen. Jeder fühlte sich verstanden. Damit zog dieser Papst die Menschen zu sich an. So verhielt er sich nicht nur gegenüber einzelnen Menschen, sondern auch verschiedenen Gruppierungen, Religionsgemeinschaften, gegenüber der Welt. Diese Offenheit ist das Größte, was der Papst in seinem Herzen hatte. Andererseits hat ihm diese Offenheit und Nächstenliebe ermöglicht, treu zu sich selbst, zu den Werten des Evangeliums zu seine. Dies sind zwei charismatische Charakterzüge: die Offenheit gegenüber der Welt, das Verständnis, aber auch die Treue gegenüber der eigenen Identität, gegenüber dem Evangelium."

Bischof von Pilsen Frantisek Radkovsky
Bei der Bewertung der Verdienste des verstorbenen Heiligen Vaters wurde immer wieder und mit Recht dessen Beitrag zum Zusammenbruch des kommunistischen Regimes hervorgehoben. An Karol Wojtylas Wahl zum Papst erinnert sich in diesem Zusammenhang der Bischof von Pilsen, Frantisek Radkovsky:

"Wir haben es immer für eine große Sache gehalten. Es war der erste Papst, der die Situation kannte und uns verstand. Seit dieser Zeit hatte Kardinal Frantisek Tomasek die Kraft zum Widerstand. Der Impuls zu dieser Verwandlung kam vom Papst."

Auch für Kardinal Vlk stellte der Papst die ausschlaggebende Kraft, welche die tschechoslowakischen Gläubigen damals ermunterte:

Flaggen auf dem Erzbischöflichen Palais in Prag  (Foto: Martina Schneibergova)
"Dies ist absolut klar. Ich war damals Fensterputzer. Die Wahl eines Papstes, der aus seiner eigenen Erfahrung die Situation der Kirche im Kommunismus kannte, das war für mich sehr ermutigend. Ich hatte die Hoffnung, dass man die Probleme bei uns anders lösen wird. Dies hat sich gezeigt - 1981 hat der Papst den in der Tschechoslowakei von den Kommunisten errichteten Priesterverein "Pacem in terris" eigentlich aufgelöst. Das war schon ein Zeichen. Die Unterstützung, die der Papst Kardinal Tomasek gewährte, war für uns auch ermutigend. Wir hatten damals fast keine Bischöfe, und dieser Papst war unser Bischof par excellence. Er sagte einmal sehr klar, es gebe nicht mehr die Kirche des Schweigens. Ich bin die Stimme dieser Kirche."

Flaggen auf Halbmast auf der Prager Burg  (Foto: Martina Schneibergova)
Kardinal Vlk erinnert sich an seine erste Begegnung mit Kardinal Karol Wojtyla:

Der Pilsner Bischof Frantisek Radkovsky bekleidete erst ein paar Tage lang den Posten des Sekretärs der Tschechischen Bischofskonferenz, als der Papst im Jahr 1990 zum ersten Mal die Tschechoslowakei besuchte. Er beschrieb seine Eindrücke von diesem sowie den späteren Treffen mit ihm: