Karolina Topolova - eine tschechische Top-Managerin über Call-Center, Karriere und Kinder
Es gibt sie noch, die Wunderkarrieren. Die 31-jährige Karolina Topolova, Top-Managerin und Vizepräsidentin des größten Gebrauchtwagenhändlers in Mittelosteuropa, ist ein Beispiel dafür. Christian Rühmkorf hat mit ihr über ihren Werdegang, über Unternehmens- und Personalführung sowie die Rolle der Frau in der Gesellschaft gesprochen.
Ein Call-Center im Herzen eines großen Prager Unternehmens. Verhaltenes Gewimmel und Gemurmel. Nicht hektisch, aber konzentriert. In einem Call-Center hat auch Karolina Topolova ihre Karriere begonnen. Eine waschechte Tellerwäscherkarriere. Vom Ferienjob zum Managersessel. Heute ist Karolina Topolova die Vizepräsidentin des größten Gebrauchwagenhändlers in Mitteleuropa. Und als solche hat sie gleich mehrere Abteilungen unter sich: Von der PR-Abteilung über die Personalabteilung, die IT-Abteilung und das größte Call-Centrum in der Branche.
"Ich habe neben dem Studium einen Studentenjob bei der Hilton-Gesellschaft gemacht - im Call-Center für den Verkauf der VIP-Karten für den Diamond Club. Ich habe damals auch eine Arbeit über diesen Bereich geschrieben und eine Art Pilotprogramm zur Motivation der Mitarbeiter im Call-Center entwickelt. Deshalb wurde ich bald zur Assistentin für diesen Bereich und schließlich Programm-Managerin für den Diamond Club. So hat eigentlich meine Manager-Laufbahn angefangen. Und zu dem Zeitpunkt kam das Angebot für dieses Gebrauchtwagenunternehmen ebenso ein Call-Center aufzubauen."
Das klingt alles sehr glatt. Und das - abgesehen von viel Arbeit - war es wohl auch. Denn die Herren des Gebrauchtwagenhandels interessierten sich für die moderne Form der Vermarktung per Telefon, bei der Geschäftsabschlüsse innerhalb von 15 Minuten erledigt werden können. Karolina Topolova saß an der richtigen Stelle und hat zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Schwerpunkt gesetzt: Arbeit statt Studium. Karolina Topolova ist nämlich eine Studienabbrecherin. Ihr Studium "Operatives Management" hat sie nicht beendet und diesem Falle muss man wohl sagen, dass die Entscheidung für die frühe Praxis schneller zum Erfolg geführt hat als ein Studienabschluss. Das Call-Center im Autohandel hat sie 1998 mit fünf Mitarbeitern begonnen, heute sind es fast 300. Die Geschäftsabschlüsse des Unternehmens haben sich seit dem vervielfacht und Karolinas Aufgaben auch - seit sechs Monaten sitzt sie auf dem dritthöchsten Posten in einem Unternehmen, das die Branche in ganz Mittelosteuropa dominiert. Gebrauchtwagenhändler haben allerdings selten einen guten Ruf. So auch dieses Unternehmen. Es hat aber, mit Karolina Topolova als Personalchefin, von sich Reden gemacht. Es will nämlich zu den besten Arbeitgebern in Mitteleuropa gehören. Was ist ein guter Arbeitgeber?
"Ein guter Arbeitgeber ist der, der sich bewusst ist, dass sein Unternehmen in erster Linie durch und mit Menschen funktioniert, der sich bewusst ist, dass er nicht einfach Autos oder andere Produkte verkauft, sondern mit Menschen arbeitet, die das tun. Er muss ein Gespür dafür haben, was ihnen gefällt, was ihnen Sorgen macht, muss mit ihnen sprechen. Wir bemühen uns, dass jeder Angestellte jederzeit und unter allen Umständen Zugang zu seinem Vorgesetzten hat."
Dazu kommen noch weitere Angebote für die Angestellten, wie Karolina Topolova erzählt:
"Wir leihen ihnen zum Beispiel ein Auto, wenn sie es brauchen, wie bieten ihnen praktische Hilfe, wenn sie umziehen. Mitarbeitern des Call-Centrums, die nicht aus anderen Städten oder auch Ländern kommen, bieten wir eine Unterkunft an. Das ist aber nicht einfach irgendein Platz zum Schlafen. Wir bringen sie in der Regel unter in schönen Häusern mit Garten, damit sie die Zeit nach der Arbeit in einer angenehmen Umgebung verbringen, sich gut und wie zu Hause fühlen. Die Angestellten stehen also an erster Stelle. Lange Zeit stand da zumeist der Kunde. Aber Arbeitgeber müssen sich bewusst werden, wie wichtig es ist, den Focus auf die eigenen Mitarbeiter zu richten."
Das alles natürlich, um am Ende mehr Autos zu verkaufen. Das ist klar. Und dennoch - dieser Ansatz klingt ungewohnt. Mittelosteuropa hatte bisher eigentlich den Ruf des wilden Ostens:
"Ich würde nicht sagen, dass das noch gilt. Wir haben auch viele Mitarbeiter aus dem Ausland. Vielleicht suchen die ja das große Abenteuer im wilden Osten. Aber für sie ist es oft eine Herausforderung, ihre Erfahrungen auf einem relativ jungen Markt anzuwenden. Und die Rückmeldungen, die wir bekommen, sind sehr positiv. Sie sind überrascht, wie schnell sich der Markt hier entwickelt und wie fortschrittlich es hier zugeht. Die Löhne gleichen sich auch an, weil der Bedarf an qualifizierten Leuten riesig ist. Ich meine also, dass wir langsam mit dem Westen gleichziehen."
Karolina Topolova - eine Frau, die mit ihren 31 Jahren da gelandet ist, wo andere - wenn überhaupt - am Ende ihrer Karriere stehen. Mitten drin im obersten Management. Obendrein ist sie frisch verheiratet und will eine große Familie haben, wie sie erzählt. Wie soll das klappen? In Deutschland ist gerade wieder die Diskussion entflammt, welche Rolle die Frauen in der Gesellschaft einnehmen sollen. TV-Moderatorin und Nachrichten-Lady Eva Herman kritisiert den Individualismus und die Karrieresucht unserer Zeit und plädiert für eine höhere Wertschätzung der Mutterrolle. Werte, wie sie auch der Nationalsozialismus hochhielt. Für diesen Vergleich wurde Eva Herman vom NDR gefeuert. Karriere auf Kosten der Mutterrolle oder Mutterrolle auf Kosten der Karriere oder alles unter einen Hut bringen? Wie sieht das die Managerin Karolina Topolova?
"Ich muss sagen, dass ich keine Anhängerin dieser ´Mutter-Karrieristinnen´ bin, die um jeden Preis versuchen, ihr hektisches Berufsleben mit der Familie unter einen Hut zu bekommen. Ich glaube auch nicht, dass das gut funktioniert. Ich komme aus einer Familie mit vier Kindern. Mein Mann und ich möchten auch eine große Familie haben, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mich bei meinem jetzigen Arbeitspensum voll der Familie widmen könnte. Ich werde, wenn ich Kinder habe, sicher irgendetwas nebenbei machen, aber nicht auf so einer Manager-Position. Ich möchte auch eine gute Mutter sein und das erfordert Fürsorge und Liebe. Ich habe mich eben zuerst meiner Karriere voll gewidmet; wenn ich Kinder habe, dann wird mich aber genauso die Fürsorge für die Familie ausfüllen."
Wir werfen am Ende unseres Gesprächs noch einen Blick ins Getümmel. Wir befinden uns im größten Call-Center in der Republik, zumindest in dieser Branche, erklärt Karolina Topolova. Gewusel und Stimmengewirr, im Hintergrund leise Musik. An der Wänden Tafeln für jedes 10-köpfige Team. Darauf Namen und Zahlen. Michalka zum Beispiel hat gestern keinen einzigen Vertrag abgeschlossen. Das kann jeder hier sehen. Ist das nicht unangenehm für Michalka?
"So etwas ist in der Tat umstritten. Manche wären froh, wenn die Ergebnisse hier nicht hingen, aber auf der anderen Seite stärkt das auch die Verbindlichkeit gegenüber dem Team. Die Mitarbeiter nehmen das auch als Herausforderung wahr. Sie treten in einen Wettstreit miteinander."
Und so gibt es hier auch einen Basketballkorb und einen riesigen Boxsack - zum abreagieren. So ein Call-Center ist wahrlich nicht etwas für jeden. Für Karolina Topolova aber ist es der Beginn ihrer Karriere gewesen. Möglich ist vieles.