Katja Fusek - Eine Tschechin schreibt Deutsch

Katja Fusek (Foto: www.ub.unibas.ch)

Katja Fusek ist Autorin und hat bisher zwei Romane, einen Erzählband und verschiedene Beiträge in Literaturzeitschriften veröffentlicht. Das Besondere an ihr ist, dass sie ihre Texte nicht in ihrer Muttersprache schreibt. Gebürtig kommt Katja Fusek nämlich aus Tschechien, sie schreibt ihre Texte aber auf Deutsch. Im Rahmen einer Veranstaltung des Prager Literaturhauses war sie in der tschechischen Hauptstadt zu Gast. Sie nahm an der Gesprächsrunde, „Wir sind Tschechinnen, wir schreiben Deutsch!“ teil und las aus ihrem Buch, „Novemberfäden“ vor.

Katja Fusek  (Foto: collegiumbohemicum.cz)
Katja Fusek wurde 1968 in Prag geboren. Zehn Jahre später emigrierte ihre Mutter mit ihr und ihrer Schwester in die Schweiz. Als sie dort ankam, sprach sie kaum Deutsch. Sie besuchte ein Gymnasium und verbesserte ihre Sprachkenntnisse. Nach ein paar Jahren in der Schweiz wurde Deutsch die Sprache, in der sie sich am besten ausdrücken konnte. Katja Fusek fing an deutsche Texte zu verfassen. Sie erklärt, warum sie auf Deutsch auch über Themen schreiben kann, die ihr sonst unangenehm wären:

„Zu meiner Muttersprache habe ich einen viel emotionaleren Zugang. Das kommt auch daher, dass ich nie einen Partner hatte, mit dem ich Deutsch gesprochen habe. Meine Familiensprache ist Tschechisch. Darum hätte ich zum Beispiel viel größere Hemmungen erotische Szenen auf Tschechisch zu schreiben. Zur deutschen Sprache habe ich immer noch einen viel größeren Abstand und mit diesem Abstand kann ich eigentlich gut arbeiten. Ich kann eben auch Dinge schreiben, die ich auf Tschechisch vielleicht nicht schreiben würde.“

Die Autorin studierte Germanistik und französische Literatur- und Sprachwissenschaft in Basel und Paris. Auch wenn sie auf Deutsch schreibt, liest Katja Fusek bevorzugt Bücher von Autoren, die nicht aus Deutschland stammen.

„Am liebsten mag ich Jane Austin. Ihre Bücher lese ich immer noch, wenn es mir irgendwie nicht gut geht. Ich finde ihren Humor, ihre Beschreibungen und Charaktere fantastisch. Das Gleiche gilt für Jirotkas Saturnin. Ich finde eigentlich tschechische, französische und englische Literatur fast sogar noch besser als deutsche. Es gibt wenige deutsche Autoren, die ich wirklich mag. Eigentlich entspanne ich mich am meisten mit tschechischer oder französischer Literatur.“

2002 veröffentlichte Katja Fusek ihren ersten Roman, „Novemberfäden“. Darin spielt ihre tschechische Herkunft eine große Rolle. Sie verarbeitet den Spagat zwischen ihrem Geburtsland Tschechien und dem Land, in dem sie groß geworden ist, der Schweiz. Es ist ein Buch über das Pendeln zwischen zwei Heimatorten, zwei Kulturen, zwei Männern und zwei Sprachen. Vier Jahre später publizierte sie ihr zweites Buch „Die stumme Erzählerin“. Es handelt von zwei Menschen, die sich wortlos begegnen.

Für Katja Fusek ist die Heimatsuche ein zentrales Thema. Sie selbst stellt sich schon seit 30 Jahren die Frage, wo sie denn letztlich zu Hause ist.

Autorenlesung von Katja Fusek  (links) im Prager Literaturhaus  (Foto: www.facebook.com)
„Am Anfang war ich in Tschechien zu Hause und nicht in der Schweiz. Mit der Zeit habe ich gemerkt, dass ich in Tschechien immer weniger zu Hause bin. Heute würde ich sagen, ich bin eine Tschechin, die dort zu Hause ist, wo sie sich wohl fühlt und wo ihre Familie ist. Das ist nun mal Basel, denn da sind meine Kinder, mein Mann und unser Haus. Ich würde mich aber nicht als Schweizerin bezeichnen. Ich bin einfach eine Tschechin, die ihr zu Hause jetzt in der Schweiz hat.“

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