Kehrtwende bei Ano: Mit Sozialdemokraten soll erneut verhandelt werden

Andrej Babiš (Foto: ČTK)

Am Donnerstagabend suchte Ano-Parteichef Andrej Babiš einen Ausweg aus seiner Zwickmühle. Im Beisein der erweiterten Parteispitze wurde beschlossen, die Koalitionsverhandlungen mit den Sozialdemokraten wieder aufzunehmen.

Andrej Babiš  (Foto: ČTK)
Nach dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen mit den Sozialdemokraten am Donnerstag vorige Woche war Andrej Babiš ziemlich ratlos:

„Ich habe dem Präsidenten nichts anzubieten, er wird die Karten neu verteilen. Ich gehe also zu ihm, um mir seine Meinung und Empfehlung anzuhören“, sagte der geschäftsführende Premier vor seinem Treffen mit Staatsoberhaupt Miloš Zeman.

Der Präsident schlug dann eine Regierungszusammenarbeit von Ano, Kommunisten und der Partei „Freiheit und direkte Demokratie“ vor. Letztere vertritt jedoch migrations- und islamfeindliche Positionen, und dies ist für viele Ano-Parteimitglieder ein rotes Tuch. Selbst der parteilose, aber von Ano eingesetzte Verkehrsminister Dan Ťok ist dagegen. Auf die Frage, ob er weiter Ressortchef bleiben werde, wenn das neue Kabinett von der Partei „Freiheit und direkte Demokratie“ toleriert wird, antwortete Ťok:

„Nein, in solch einer Regierung werde ich nicht sein. Und wenn ich aus diesem Grund zurücktreten werde, dann werde ich auch als Abgeordneter aufhören.“

So wie Ťok denkt die Mehrheit der Ano-Parteimitglieder und -Anhänger. Einer Umfrage zufolge wollen 74 Prozent der Mitglieder eine Regierungszusammenarbeit mit den Sozialdemokraten und den Kommunisten, aber nur 34 Prozent eine reine Ano-Regierung, die neben den Kommunisten auch von der Okamura-Partei unterstützt wird. Deshalb war es dann auch wenig überraschend, dass Vorstand und Ausschuss der Ano-Partei am Donnerstag den Beschluss fassten, erneut Koalitionsverhandlungen mit den Sozialdemokraten aufzunehmen. Kommunisten-Chef Vojtěch Filip begrüßte diese Entscheidung:

Vojtěch Filip  (Foto: ČTK)
„Ich bin froh, dass die Verhandlungen, die seit Januar geführt wurden, auch ein Ergebnis haben werden. Jetzt liegt es zunächst an Ano und den Sozialdemokraten, die Gespräche weiterzuführen. Ich bin aber überzeugt: Sollten wir hinzugezogen werden, dann werden die Verhandlungen nicht scheitern.“

Enttäuscht von der Ablehnung der Ano-Partei ist SPD-Chef Tomio Okamura:

„Die jetzige Entscheidung der Ano-Partei hat für mich einen politischen Hintergrund. Andrej Babiš will in eine Koalition mit dem schwächsten Partner, damit Ano die größte Kraft dafür hat, ihre Interessen durchzudrücken.“

Die Sozialdemokraten hingegen haben es vorerst nur aus den Medien erfahren, dass Babiš und seine Partei weiter mit ihnen verhandeln wollen. Etwas Konkretes wisse man noch nicht, bestätigte Parteichef Jan Hamáček am Freitag vor Journalisten:

„Offiziell hat es noch keine Kommunikation mit der Ano-Partei gegeben. Wenn ein Gesprächsangebot von ihrer Seite kommen sollte, werde ich umgehend unseren Parteivorstand einberufen. Denn nur er kann entscheiden, ob wir die Verhandlungen weiterführen werden oder nicht.“

Jan Hamáček  (Foto: ČTK)
Zu den möglichen Bedingungen, die die Sozialdemokraten in diese Verhandlungen einbringen könnten, wollte sich Hamáček nicht äußern. Jetzt seien Babiš & Co. am Zug, den nächsten Schritt zu machen, sagte der ČSSD-Parteichef. Doch selbst wenn der Schritt gelingen sollte, ist der Weg zu einer möglichen Zwei-Parteien-Regierung von Ano und Sozialdemokraten noch steinig. Denn eine mögliche Vereinbarung mit Ano müsse zudem einer Mitgliederbefragung der Sozialdemokraten standhalten, heißt es in einem ČSSD-Parteitagsbeschluss. Andrej Babiš aber setzt wohl nun doch alles auf die eine Karte.