Keramikfunde aus der Zeit des Großmährischen Reiches in Velehrad

Funde in Velehrad (Foto: ČTK)

Das mährische Velehrad, etwa 50 Kilometer östlich von Brno / Brünn, ist einer der wichtigsten Wallfahrtsorte in Tschechien. Die Ursprünge der heutigen etwa 1300 Einwohner zählenden Gemeinde liegen im 13. Jahrhundert, als Zisterzienser hier ein Kloster gründeten. Wahrzeichen des Ortes ist die im Barock umgebaute Basilika, eine der größten Kirchen der Tschechischen Republik. Die volkstümliche Überlieferung sah in Velehrad jedoch bereits seit Jahrhunderten das politische Zentrum des frühmittelalterlichen Großmährischen Reiches. Belegt wurde diese Legende bisher nie. Lange stritten Historiker um ihren Wahrheitsgehalt, denn es gab keine Beweise für die Präsenz der Großmährer in Velehrad. Bis jetzt.

Funde in Velehrad  (Foto: ČTK)
Die Besiedlung des heutigen Velehrad in großmährischer Zeit, das heißt während des 9. Jahrhunderts, ist belegt. Archäologen fanden in der nordöstlichen Ecke des Kreuzgangs des romanischen Zisterzienser-Klosters Scherben aus dieser Epoche. Zdeněk Šenk leitet die archäologischen Grabungen in Velehrad:

„Es handelt sich um gewölbte Scherben großmährischer Gefäße, die das typische Dekor slawischer Spitzkiele tragen. Dieser Keramikfund belegt die bisher unbestätigte Siedlungsaktivität an diesem Ort im 9. Jahrhundert, das heißt also lange vor der Gründung des Zisterzienser-Klosters hier in Velehrad.“

Funde in Velehrad  (Foto: ČTK)
Damit seien jahrzehntelange Zweifel von Historikern ausgeräumt, so Šenk. Die volkstümliche Überlieferung seit dem Mittelalter vermutete das politische Zentrum des Großmährischen Reiches, das so genannte Veligrad, am Ort des heutigen Velehrad. Historiker hingegen glauben, es lag eher dort, wo heute die Stadt Staré Město liegt, also etwa drei Kilometer südöstlich. Der Fund einiger Scherben aus dem 9. Jahrhundert widerlegt diese Vermutung zwar längst nicht. Dennoch dürften die Legenden über die Lage des historischen Veligrad nun neue Nahrung erhalten. Aber auch aus wissenschaftlicher Sicht sei der Fund bedeutend, sagt Luděk Galuška, Archäologe am Mährischen Landesmuseum in Brno / Brünn:

„Wenn zweifelsfrei geklärt wird, dass es sich hierbei um großmährische Keramik handelt - und es sieht ganz danach aus - und wenn diese Keramik aus Siedlungsobjekten stammt, die durch spätere mittelalterliche Gräber verschüttet wurden, dann ist das ein hochinteressanter Fund. Man kann nur gratulieren.“

Funde in Velehrad  (Foto: ČTK)
Die archäologischen Grabungen, die seit dem Herbst vergangenen Jahres im Kloster Velehrad durchgeführt werden, bringen darüber hinaus Erkenntnisse über spätere Epochen zu Tage. Neben den Keramikscherben aus dem 9. Jahrhundert wurden eine Reihe von Gräbern aus dem 13. Jahrhundert und Teile eines Mosaiks aus der gleichen Zeit freigelegt. Mit weiteren Funden kann gerechnet werden. Die Grabungen in Velehrad sollen noch bis zum Jahr 2013 andauern.