Kirchenfinanzierung und Präsidentendämmerung – außerdem: Info-Flaggschiff in Not

Die heutige Ausgabe der Mediensendung von Radio Prag beschäftigt sich neben der Presseübersicht mit der Kritik am neuen Sendeformat des „Radiožurnal“, der Hauptnachrichtensendung des Tschechischen Rundfunks. Den Medienspiegel hat Robert Schuster verfasst, am Mikrophon sind Till Janzer und Jakob Böttcher.

Die Einigung über die künftige Finanzierung der Kirchen und die bevorstehende Präsidentenwahl - das waren die Themen, die in der abgelaufenen Woche auf den Dritten Seiten, also den Themenseiten der tschechischen Zeitungen zu finden waren.

Praktisch alle Blätter brachten Details und auch Reaktionen zur Einigung über die Finanzierung der Kirchen und der Entschädigung für kommunistische Enteignungen. Immerhin geht es dabei um eine große Menge Geld - die Glaubensgemeinschaften sollen innerhalb der kommenden 60 Jahre insgesamt 270 Milliarden Kronen (umgerechnet mehr als 10 Milliarden Euro) als Entschädigung dafür erhalten, dass sie alle Eigentumsansprüche gegenüber dem Staat fallen lassen.

Präsident Václav Klaus  (Foto: ČTK)
Im Zusammenhang mit der Präsidentschaftswahl haben sich die Zeitungen auf die unterschiedlichen Strategien der beiden Bewerber - Václav Klaus und Jan Švejnar - konzentriert. Es geht vor allem darum, wie diese die bisher noch unentschlossenen Abgeordneten und Senatoren auf ihre Seite ziehen wollen. Die „Mladá fronta Dnes“ merkte an, es sei dabei ein bewährtes Mittel, die Mandatare zu einem Essen oder wenigstens auf einen Kaffee einzuladen.

Jan Švejnar  (Foto: ČTK)
Die Zeitung „Lidove noviny“ hat in der Woche ihre Aufmerksamkeit auf ein anderes Duell beider Anwärter auf das Präsidentenamt gerichtet. Praktisch zeitgleich haben Václav Klaus und Jan Švejnar Bücher über den Transformationsprozess in Tschechien in den frühen 90er Jahren veröffentlicht. Während Švejnar nicht mit Kritik an seinem heutigen Kontrahenten, dem damaligen Finanzminister Klaus spart, hat der auf diese Weise angesprochene Präsident eine andere Strategie gewählt: In seinem Buch kommt nämlich der Name Švejnar gar nicht erst vor, obwohl Švejnar nachweislich zu den Beratern der damaligen Regierungen gehörte.


Foto: Archiv ČRo 7
Eine der letzten Ausgaben unseres Medienspiegels hat sich ausführlich mit den Neuerungen befasst, die mit Jahresbeginn beim ersten Programm des öffentlich-rechtlichen Tschechischen Rundfunks, beim Radiožurnál, eingeführt wurden. Wir brachten dazu ein Gespräch mit der Direktorin des Senders, Barbora Tachecí.

Doch die radikalen Reformen in der Programmstruktur, derer das Flaggschiff des Tschechischen Rundfunks unterzogen wurden, rief fast postwendend heftige Reaktionen einiger Hörer hervor. So entstanden zu Jahresanfang gleich zwei Internet-Petitionen, deren Unterzeichner das angeblich drohende Herabsinken von Radiožurnál auf das Niveau herkömmlicher kommerzieller Radios befürchten. Sie fordern eine Rückkehr zur alten und bewährten Struktur.

Unter den Aufrufen befinden sich mittlerweile mehr als 11.000 Unterschriften. Zu den Unterzeichnern gehört auch der Medienexperte und Journalist der Wochenzeitschrift „Reflex“, Jan Potůček, der im Gespräch mit Radio Prag seine Vorbehalte gegenüber dem neuen Gesicht von Radiožurnál begründet:

"Ich glaube, dass diese Änderungen zu radikal waren und dass die Hörer von Radiožurnál darauf nicht entsprechend vorbereitet wurden. Die Hörer dieses Kanals sind in ihren Hörgewohnheiten konservativ. Sie würden vielleicht allmähliche Änderungen verkraften, nicht aber derart radikale Neuerungen, verbunden mit einer Abkehr vom bisherigen Sendeschema. Zudem kommt das neue Schema bereits dem nahe, was für kommerzielle Sender charakteristisch ist. Ich hätte auch erwartet, dass die Direktorin des Radiožurnál, Barbora Tachecí, bevor sie etwas ändert, eine Studie in Auftrag gibt. So hätte sie herausfinden können, was die Stammhörer von ihrem Radioprogramm erwarten. Das ist aber nicht geschehen; wenig verwunderlich deswegen auch, dass nach dem 1. Januar sich unzufriedene Hörer zu Wort gemeldet haben und diese diversen Petitionen ins Leben gerufen wurden."

Die derzeitige Führung von Radiožurnál scheint die Unterstützung der Rundfunkleitung zu haben. Warum waren radikale Änderungen überhaupt notwendig? Hing das mit den konstant sinkenden Quoten für den Sender und damit auch mit der abnehmenden Konkurrenzfähigkeit von Radiožurnál im direkten Vergleich mit seinen privaten Hauptkonkurrenten zusammen? Dazu Jan Potůček:

"Ich denke, dass einer der Gründe sicherlich die schlechte Quote und damit auch der zurückgehende Marktanteil war; diese Entwicklung konnte in den vergangenen zwei Jahren nicht gestoppt werden. Ich glaube aber nicht, dass Radiožurnál mit den beiden privaten und ebenfalls landesweit sendenden Rundfunkstationen, also Radio Impuls und Frekvence 1, jemals konkurriert hätte. Radiožurnál hat einen völlig anderen Auftrag, der Sender soll Nachrichten verbreiten und publizistische Sendungen, damit er seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllt. Die anderen beiden landesweiten Mitbewerber wollen hingegen in erster Linie ihre Hörer unterhalten. Ich glaube aber, dass die Führung des Tschechischen Rundfunks einem gewissen Druck ausgesetzt war - von Seiten des Rundfunkrates sowie der Politiker; das Flaggschiff des Tschechischen Rundfunks sollte ein Programm anbieten, das von den Hörern akzeptiert wird. Denn schließlich macht es wenig Sinn, sich als öffentliche Einrichtung zu bezeichnen, wenn die Öffentlichkeit, das heißt die Zahl der Zuhörer, immer kleiner wird."

Bleibt noch die Frage, welche Rolle das Radiožurnál künftig in der Programmstruktur des Tschechischen Rundfunks spielen wird? Selbst bezeichnet man sich stets als "Sender für Information und Publizistik". In den vergangenen Jahren wurde jedoch mit Radio Česko im Rahmen des Rundfunks ein weiteres Informationsprogramm aufgebaut, das sogar völlig auf Musik verzichtet und sich wirklich nur auf Nachrichten, Analysen und Hintergrundberichte konzentriert. Lässt sich also erwarten, dass sich der Akzent bei Radiožurnál früher oder später in Richtung Infotainment verschieben und die Publizistik zu Radio Česko wandern wird? Hören Sie dazu abschließend noch einmal den Journalisten und Medienexperten Jan Potůček von der Wochenzeitschrift „Reflex“:

"Hier gibt es ein Problem, das mit der kopflosen Planung der Rundfunkführung zusammenhängt. Es hätte nämlich gleich zu Beginn gesagt werden sollen, wofür die einzelnen Programme stehen und welche Hörer sie erreichen wollen. Bei Radiožurnál, also dem ersten Rundfunkprogramm, ist dieses Defizit nun zu spüren, aber auch beim zweiten Programm - dem Kanal Praha. Praha hätte im Rahmen des Rundfunks so etwas werden sollen wie das erste Programm beim Tschechischen Fernsehen, das heißt ein Programm für die Mehrheit der Hörer, auch zum Beispiel für Familien. Die Aufgabe von Radiožurnál war, sich auf die Vermittlung von aktuellen Informationen zu konzentrieren. Weil aber Radiožurnál immer die meisten Hörer hatte, versucht nun die neue Führung des Senders das bisherige Angebot mit Elementen aufzupolieren, die am Massengeschmack ausgerichtet sind. Das lässt sich aber nur schwer mit dem ursprünglichen Ziel vereinbaren, bei den Themen des Tages in die Tiefe zu gehen. Das Image eines Senders lässt sich nicht von einem Tag auf den anderen neu definieren und somit Radiožurnál zu einem an der Masse der Hörer ausgerichteten Kanal umbauen."