Klaus: Die Zeit des rationalen Dialogs mit Russland hat begonnen
In den tschechisch-russischen Beziehungen hat sich einiges geändert. Zehn Jahre lang sind die Staatsoberhäupter beider Länder nicht zusammen getroffen, und jetzt besuchte Tschechiens Präsident Václav Klaus sogar das in der Nähe von Moskau liegende ländliche Anwesen seines russischen Amtskollegen Vladimír Putin. Eine Ehre, wie sie nicht jedem Politiker zuteil wird. Lothar Martin hat für Sie den am vergangenen Wochenende von Václav Klaus getätigten Arbeitsbesuch in Moskau zusammengefasst.
"In diesen zehn Jahren hat sich einiges getan. Wir stehen nicht mehr am Anfang der Transformation des Landes und auch nicht mehr Europa ziemlich fern, sondern wir sind schon am Ende der Transformation angelangt und stehen kurz vor dem Beitritt in die Europäische Union. Auch Russland steht ganz woanders, also ist das die Gelegenheit, bei der ein Dialog etwas anders als früher geführt werden sollte, damit unsere Beziehungen auf ein anderes Niveau gehoben werden können. Ich denke, dass die Zeit des rationalen Dialogs mit Russland auf politischer und wirtschaftlicher Ebene wie auch auf anderen Sphären tatsächlich begonnen hat, und ich denke, dass dieses Treffen ein guter Anfang für eine solche Art von Beziehungen war."
Klaus und Putin debattierten aber ebenso über eine ganze Reihe von aktuell-politischen Themen, wodurch sich beim tschechischen Staatsoberhaupt die Meinung verstärkte, dass die derzeit von Russland betriebene Politik eine sehr reale Politik ist."In dem Dreieck Europa-Amerika-Russland spielt sich eine ganze Reihe von Dingen ab und Präsident Putin will genauso wie sein Land ein ernsthafter Spieler in diesen Beziehungen sein. Ich bin der Meinung, dass er all diese Dinge sehr rational sieht, und es ist bei ihm mit Sicherheit auch kein ideologischer Starrsinn zu entdecken, der einige Dinge blockieren würde. Russland betreibt vielmehr eine Realpolitik, die auf den Interessen der jeweiligen Länder bzw. der einzelne Gebiete dieser Welt basiert. Dies, so denke ich, lässt Präsident Putin ziemlich klar und deutlich verspüren, und das ist auch eine Auffassung, die ich einhundertprozentig teile."
In ihren Meinungen haben sich also die Präsidenten der beiden Länder schon ziemlich angenähert, was den Schluss zulässt, dass auch die russischen Haltung in der Weltpolitik in Zukunft für die tschechische Seite keine nicht mehr so untergeordnete Rolle spielen dürfte, wie das im (letzten) Jahrzehnt nach der politischen Wende 1989 der Fall war. Klaus bestätigte Putin gegenüber zudem, dass der EU-Beitritt Tschechiens das Verhältnis zu Russland nicht beeinträchtigen werde. Die tschechische Wirtschaft habe sich mehr als ein Jahrzehnt nach dem Zerfall des RGW allerdings längst an die Bedingungen im EU-Raum angepasst, hieß es.