Festnahme am Wochenende: Womöglich Terroranschlag in Tschechien verhindert

In Tschechien sitzt ein Mann in Haft, der eine besonders schwere Straftat geplant haben soll. Im Zuge seiner Festnahme am Wochenende waren die Sicherheitsmaßnahmen an wichtigen Infrastrukturpunkten in Prag verschärft worden.

Vergangene Woche hat es in Prag-Klíčov einen Brand im Busdepot der Verkehrsbetriebe gegeben. Was zunächst eine eher zweitrangige Nachricht zu sein scheint, könnte sich in eine Reihe von Sabotageakten einordnen, die europaweit geplant oder bereits ausgeführt wurden – und das womöglich von Russland aus.

Am Montagnachmittag jedenfalls gab die tschechische Regierung bekannt, dass der Verdächtige – ein 26-jähriger Südamerikaner – wegen des Brandanschlags nun in Haft sei und gegen ihn wegen Terrorismus ermittelt werde.

Petr Fiala | Foto: Zuzana Jarolímková,  iROZHLAS.cz

„Es besteht der Verdacht, dass der Anschlag wahrscheinlich in Russland organisiert und finanziert wurde. Dies ist Bestandteil des hybriden Krieges, den Russland gegen uns führt. Gegen diesen müssen wir uns schützen und ihn stoppen“, sagte Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) bei einer Pressekonferenz, nachdem der nationale Sicherheitsrat getagt hatte. In dieser Sitzung berichteten Polizei und Geheimdienste der Regierung, was es mit der Festnahme des Mannes am Wochenende auf sich hatte – und mit den damit einhergehenden erhöhten Sicherheitsmaßnahmen an öffentlichen Orten in Prag.

Doch der Reihe nach, beginnend in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag: Der Brand im Busdepot konnte von den Mitarbeitern schnell gelöscht werden, der Schaden wird auf 200.000 Kronen (8090 Euro) geschätzt. Schon am Freitag veröffentlichte die Polizei Aufnahmen von Überwachungskameras, die den verdächtigen 26-Jährigen beim Bezahlen in einer Tankstelle zeigen. Durch Hinweise aus der Bevölkerung konnte er am Samstag festgenommen werden.

Zunächst wurde betont, dass nicht strafrechtlich gegen ihn ermittelt werde. Bei der Pressekonferenz am Montagnachmittag verkündete Polizeichef Martin Vondrášek dann aber:

Martin Vondrášek | Foto: Agáta Faltová,  Tschechischer Rundfunk

„Der Mann wird der Straftat eines Terroranschlags beschuldigt. Falls er dafür rechtskräftig schuldig gesprochen wird, sieht das Gesetz einen Freiheitsentzug von zwölf bis 20 Jahren vor, eventuell sogar eine außergewöhnliche Strafe von 20 bis 30 Jahren Haft oder lebenslänglich.“

Damit werden die erhöhten Sicherheitsmaßnahmen verständlich, die die Polizei am Sonntag in Prag ergriffen hat. An stark frequentierten Plätzen, wie dem Hauptbahnhof oder in Einkaufszentren, wurden die Polizeistreifen verstärkt. Innenminister Vít Rakušan (Stan) teilte allerdings zugleich mit, dass dies ein präventives Vorgehen sei und keine unmittelbare Gefahr drohe. Vondrášek bestätigte dies am Montag:

„Aus den bisherigen Ermittlungen der tschechischen Polizei und aus den Informationen der Nachrichtendienste geht nicht hervor, dass der Tschechischen Republik aktuell ein weiteres konkretes Sicherheitsrisiko drohen würde.“

Vít Rakušan | Foto: Zuzana Jarolímková,  iROZHLAS.cz

Denn der Inhaftierte scheint den Erkenntnissen zufolge keine Komplizen in Tschechien zu haben. Tatsächlich habe er sich vor seiner Festnahme erst fünf Tage lang im Land aufgehalten, hieß es weiter. Vielmehr sei es möglich, dass ähnliche Brandanschläge nun europaweit verübt werden könnten, äußerte Rakušan. Parallel informierte der tschechische Inlandsnachrichtendienst BIS, die russischen Geheimdienste würden Menschen anwerben, die gegen Bezahlung Sabotageakte ausführten. Auf X schreibt der BIS von „asymmetrischen Gefahren“.

Parallel zu den Ereignissen in Prag verweisen die tschechischen Medien etwa auf den Großbrand eines Einkaufszentrums in Warschau im Mai. Im Zuge dessen hatte der polnische Premier Donald Tusk bereits über russische Geheimdienste als Strippenzieher gesprochen. Auch nach dem Brand in einem Industriegebiet in London wird einem der vier Verdächtigen die Annahme von Gegenleistungen von ausländischen Geheimdiensten vorgeworfen. Und die deutsche Staatsanwaltschaft gab im April bekannt, dass durch die Festnahme zweier Personen ein Anschlag auf eine Armeeeinrichtung in Bayern verhindert worden sei. Eine der Personen habe Kontakt zum russischen Geheimdienst, hieß es weiter.

Obwohl es laut Vondrášek keine Hinweise darauf gibt, dass weitere Anschläge in Tschechien geplant seien, bleiben die erhöhten Sicherheitsmaßnahmen in Prag vorerst in Kraft. Innenminister Rakušan sagte am Montag zur Begründung:

„Auch Tschechien kann angesichts der Fälle Zielland sein. Bisher waren wir daran gewöhnt, dass russische Angriffe vor allem hybrider Natur waren und sich auf die IT-Infrastruktur und Ziele im Online-Raum konzentrierten. Jetzt kommen wir aber in eine Phase, in der auch konkrete Objekte angegriffen werden könnten.“

Die Ermittlungen gegen den 26-jährigen Südamerikaner führt nun die Oberstaatsanwaltschaft Prag.

Autoren: Daniela Honigmann , Kateřina Bečková | Quellen: Český rozhlas , Česká televize
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