Weglaufen oder verbarrikadieren: Schüler üben Verhalten bei Amoklauf

Foto: ČT24

Erstmals haben tschechische Schüler geübt, wie sie sich in einer lebensbedrohlichen Situation verhalten sollen. Das Projekt heißt „Bewaffneter Angreifer“, ist in Südböhmen entstanden und steht unter der Schirmherrschaft des Innenministeriums.

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Schüsse auf den Gängen der Schule. Blitzschnell springen die Schüler von den Stühlen und schieben Tische vor die Klassentür. Als die Schulmöbel aufeinandergestapelt sind, ducken sich die Jugendlichen weg. Einer wählt mit dem Handy die Nummer der Polizei. Solche und ähnliche Situationen wurden vergangene Woche an acht Schulen geübt.

Es ist ein Pilotprojekt des Kreises Südböhmen mit Seminaren und Übungen. Koordiniert wird es von Veronika Bullová, sie ist in der Region zuständig für Verbrechensprävention:

„Vor allem geht es darum, dass die Lehrer so schnell und effektiv wie möglich sich und die Kinder in Sicherheit bringen.“

Jiří Matzner  (Foto: ČT24)
Die beste Variante sei allerdings immer wegzulaufen, betonen die zuständigen Sicherheitsausbilder. Doch nicht immer ist das möglich. Jiří Matzner ist Sprecher der Polizei in Südböhmen:

„Erst in dem Moment, wenn Schüsse im Gebäude zu hören sind, wird allen Beteiligten der Ernst der Lage klar. Und sie merken, wie schwer es ist zu erkennen, woher die Schüsse kommen und welche Fluchtrichtung sicher ist. Wir haben aber auch den Schutz bei Angriffen beispielsweise mit Hieb- und Stichwaffen geübt oder mit Sprengsätzen. Wir versuchen, Lehren aus dem zu ziehen, was in der Welt und um uns vor sich geht.“

Wie im Oktober 2014 in Žďár nad Sázavou auf der Böhmisch-Mährischen Höhe. Damals zog eine junge Frau in einem Schulgebäude ohne Vorwarnung ein Messer und stach zu. Ein Junge starb, zwei Mädchen wurden verletzt – erst dann konnten Polizisten die Angreiferin stoppen. Es stellte sich heraus, dass die Frau psychisch schwer gestört ist. Als warnende Beispiele nennt das tschechische Innenministerium aber auch die Amokläufe an deutschen Schulen in den Jahren 2002 und 2009, also in Erfurt und in Winnenden.

Foto: Tschechisches Fernsehen
Lehrer und weitere Schulangestellte wurden in Tschechien bereits im vergangenen Jahr landesweit in den Schutz vor Angreifern eingeführt. Erst jetzt sind auch die Schüler beteiligt. So etwa Dominik Ticháček. Er war bei der Simulation der wohl schlimmsten Variante ausgesprochen geistesgegenwärtig. Als zu Übungszwecken ein Lehrer mit einer Luftpistole in das Klassenzimmer eindrang, warf er sich als erster auf ihn.

„In einem Vortrag ist uns beigebracht worden, was zu tun ist. ich habe einfach nur getan, was uns gesagt wurde“, so der 16-jährige Schüler im Tschechischen Fernsehen. Gegen zwei, drei Jugendliche mag sich ein Erwachsener noch wehren können, nicht aber gegen zehn von ihnen, sagen die Sicherheitsausbilder.

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Ob alle Anweisungen auch wirklich hängen geblieben sind, das wollen die Sicherheitsausbilder in einigen Monaten überprüfen. Jiří Matzner:

„Wir denken daran, einige der Schulen in diesem Jahr noch einmal zu besuchen und zur Kontrolle Alarm auslösen. Dann sind wir gespannt, ob die eingeübten Mechanismen funktionieren oder es irgendwo noch hängt.“

In diesem Jahr soll das Projekt noch auf weitere Schulen im Kreis ausgedehnt werden. Die Finanzierung sichert zum Großteil das tschechische Innenministerium.