Vergangene Woche an Tschechiens Schulen: Kette von Drohungen und Attacken
Die Polizei hat sich in der vergangenen Woche mit insgesamt zehn verschiedenen Fällen von Drohungen und Gewalt an den Schulen Tschechiens befassen müssen.
Die Vorfälle gab es in allen Ebenen des Bildungssystems, von den Grundschulen bis hin zu den Universitäten in Tschechien. Die Täter waren in den meisten Fällen minderjährig. Polizeipräsident Martin Vondrášek fasste auf einer Pressekonferenz zusammen:
„Die Polizei hat auf Maßnahmen von Freiheitsbeschränkungen zurückgegriffen, mehrere Personen wurden in psychiatrische Kliniken eingewiesen. Beschlagnahmt wurden eine scharfe Waffe, zwei Munitionsmagazine, eine Axt, zwei Messer und eine Revolverattrappe.“
Bereits am Montag vergangener Woche wurde über ein gewaltsames Ereignis in einer Grundschule in Südböhmen berichtet: Ein 13-jähriger Schüler versuchte, eine Lehrerin zu erschießen. Er bedrohte sie und seine Mitschüler mit einer Schusswaffe, die er von einem Verwandten gestohlen hatte. Allein weil er sie nicht bedienen konnte, löste sich der Schuss nicht. Vondrášek beschreibt weitere Fälle:
„In einem weiteren Fall wurde die folgende Nachricht verschickt: ‚Gehe am Montag nicht zur Schule, ich schieße dort alles zusammen.‘ Der Verdächtige wurde bei der Ankunft in der Schule festgenommen. Außerdem gab es eine Drohung, dass die Mitschüler und eine Lehrerin mit einem Messer verletzt werden sollten."
Der Polizeichef bezeichnete die vergangene Woche als außerordentlich. Er verwies darauf, dass die Probleme zugenommen hätten, nachdem in der vorletzten Woche ein 18-jähriger Angreifer in einer Schule im Osten der Slowakei zwei Menschen getötet hatte. Die Schüler hätten sich womöglich gegenseitig inspiriert, sagte Vondrášek:
„Nachahmungen gibt es immer, und sie sind häufig mit einem außergewöhnlichen Ereignis verbunden. Nach einem solchen erhebt sich eine Welle der Nachahmung.“
Die tschechische Polizeidirektion hat am Freitag die Kriminalitätsstatistik für das vergangene Jahr veröffentlicht. Demnach ging die Kriminalität im Vergleich zum Vorjahr zurück. Die Polizei klärte mehr als 173.000 Straftaten auf, das waren 8000 weniger als im Jahr zuvor. Die Zahl der Morde verringerte sich, ebenso wie die Zahl der Eigentumsdelikte wie Diebstähle und Einbrüche. Allerdings stieg die Zahl der Gewaltverbrechen um etwa fünf Prozent an. Der stellvertretende Polizeipräsident, Tomáš Kubík:
„Hauptsächlich verzeichnen wir verbale Straftaten, die einem physischen Angriff vorausgehen oder vorausgehen können. Denn in manchen Fällen handelt es sich um leere Drohungen, wie sich während der Ermittlungen zeigt.“
Eine leichte Zunahme von Aggression bei Kindern und Jugendlichen wird auch von Kinderpsychiatern beobachtet. Laut Tomáš Havelka, dem Vorsitzenden der Vereinigung für Kinder- und Jugendpsychiatrie, könnte der Grund dafür darin liegen, dass klar definierte Grenzen für das Verhalten fehlen:
„Die Kinder haben weniger Grenzen, die Eltern sind überfürsorglich und ertragen es schwer, mit den Ängsten ihrer Kinder umzugehen. Außerdem spielt die Verlagerung des Lebens in die Online-Welt eine Rolle. Dies hat nach meiner Ansicht ein höheres Maß an Aggression zur Folge.“
Havelka zufolge befassen sich die Psychiater in Tschechien jedoch hauptsächlich mit anderen Problemen bei Kindern, wie Selbstverletzungen oder depressiven Störungen. Laut der Kinderpsychologin Václava Masáková hängt dies mit einer langfristigen Frustration der Minderjährigen zusammen:
„Das Übermaß an innerer Spannung, das sie durchleben, hat aggresives Verhalten zur Folge. Außerdem geht dies auch auf die wachsende Aggressivität in der Gesellschaft im Allgemeinen zurück“, so die Psychologin.