Polizeieinsatz war korrekt: Untersuchungsbericht zum Amoklauf an Karlsuniversität erschienen

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Vor gut einem Monat, am 21. Dezember, war in Tschechien an den ersten Jahrestag des Amoklaufs an der Philosophischen Fakultät in Prag erinnert worden. Am Donnerstag hat nun die Untersuchungskommission des Abgeordnetenhauses ihren Bericht zu dem Polizeieinsatz bei dem Unglück vorgelegt.

Es wurden keine grundsätzlichen Fehler gemacht – so lautet die Beurteilung der Polizeiarbeit am 21. Dezember 2023 im Hauptgebäude der Philosophischen Fakultät der Prager Karlsuniversität. An dem Tag hatte ein schwerbewaffneter Student 14 Menschen erschossen, 25 weitere verletzt und am Ende sich selbst getötet. Ab dem frühen Nachmittag waren zahlreiche Polizei- und Rettungskräfte vor Ort, Blaulicht und Sirenen waren überall im Zentrum präsent, und der Jan-Palach-Platz blieb viele Stunden gesperrt.

Die Untersuchungskommission des Abgeordnetenhauses räumt jedoch auch ein, dass nicht alles fehlerfrei ablief. Der stellvertretende Vorsitzende Petr Letocha von der Regierungspartei Stan fasste in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks zusammen:

„Als es darum ging, ob die Polizei Fehler begangen hat, konnten wir dies nicht im Rückblick betrachten. Wir mussten so darauf schauen wie auch die Beamten in dem unmittelbaren Moment und mit jenen Informationen, die sie damals hatten. Aus diesem Blickwinkel heraus ist es zu keinem Fehler gekommen. Wenn heute ein solcher erkannt wird, hatte er damals aber keinen Einfluss auf das tatsächliche Geschehen und hätte das Unglück nicht verhindern können.“

Ein halbes Jahr lang hatte die Untersuchungskommission, besetzt mit Abgeordneten aus den Regierungs- und den Oppositionsparteien, getagt. Am Donnerstag informierte sie das Parlament über die Ergebnisse und legte ihren 46-seitigen Bericht vor. Der Ablauf des schicksalhaften Tages wird darin genau rekonstruiert. Angefügt sind zudem 800 Seiten Beweisführung, die auf der Anhörung von 29 Zeugen beruhen.

Der Haupterkenntnis, dass der Polizeieinsatz am 21. Dezember 2023 korrekt abgelaufen sei, verweigerten allerdings die Kommissionsmitglieder aus der Oppositionspartei Ano ihre Zustimmung. Dies begründet Jiří Mašek, der ebenfalls die Position des stellvertretenden Vorsitzenden innehat:

„Wir sind von der Empfehlung der Generalinspektion der Sicherheitskräfte ausgegangen. Sie hatte konstatiert, dass die Polizei ein Problem mit ihrer Arbeit in der Realzeit hatte. Dies betraf den schnellen Austausch von Informationen zwischen den einzelnen Operationszentralen und die Weiterleitung der Fakten an die Polizisten im Einsatz. Wäre dies ordentlich ausgeführt worden, hätte es den Verlauf der Ereignisse verändert. Ich sage nicht, dass er dann nicht auch tragisch gewesen wäre, aber eben anders.“

Einigkeit herrschte im Gremium jedoch bezüglich der formulierten Empfehlungen an die Politik. Da ist etwa die Rede von einer sichtbaren Kennzeichnung von Zivilbeamten, um eine Verwechslung als Täter auszuschließen. Das Innenministerium wird außerdem aufgefordert, die Öffentlichkeit im richtigen Verhalten in Krisensituationen zu schulen. Laut Minister Vít Rakušan (Stan) wird an der Umsetzung weiterer aufgeführter Vorschläge bereits gearbeitet:

„Im Bericht werden eine Verknüpfung einzelner Register erwähnt oder mehr Bemühungen bei der Kommunikation zwischen verschiedenen Institutionen. Dafür sind bereits neue Methoden entstanden.“

Die Empfehlung an den Gesetzgeber betrifft zudem etwa eine genauere Datenerhebung im zentralen Waffenregister oder auch ein Verbot von Schalldämpfern für Kurzwaffen in Privatbesitz.

Die Diskussion zum vorgelegten Bericht wurde im Abgeordnetenhausplenum am Donnerstag auch nach zwei Stunden noch nicht abgeschlossen. Ihre Fortsetzung steht für den kommenden Donnerstag auf dem Programm. Kommissionsvize Letocha kommentiert:

„Ich nehme an, dass das Abgeordnetenhaus unsere Beschlüsse annimmt. Unsere Arbeit in der Kommission war vor allem für die Gesellschaft und die Hinterbliebenen wichtig, um zu klären, wie das Ereignis Minute für Minute ablief. Dass die Ergebnisse im Folgenden nun verschieden interpretiert werden, ist eine andere Sache. Ich wäre nur froh, wenn alle bei ihren Auslegungen daran denken, welche Informationen die Polizisten in dem gegebenen Moment wirklich hatten.“

Die Leitung der Philosophischen Fakultät will den Bericht jetzt genau studieren und sich erst dann dazu äußern.

Autoren: Daniela Honigmann , Kryštof Jiřík , Vojtěch Tomášek | Quelle: Český rozhlas
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