Polizei bewertet Einsatz bei Amoklauf in Prag als vorschriftsgemäß, einige Fragen bleiben dennoch

Die tschechische Polizei hat am Dienstag weitere Einzelheiten von ihrem Einsatz beim Amoklauf an der Prager Karlsuniversität veröffentlicht. Einer internen Kontrolle zufolge ist das Verhalten der Beamten vorschriftsgemäß gewesen. Dennoch gibt es weiterhin einige Fragezeichen.

Schnell und professionell – so bewertet die tschechische Polizei rückblickend ihren Einsatz gegen den Amokschützen an der Philosophischen Fakultät der Prager Karlsuniversität. Bei dem Angriff waren am 21. Dezember 14 Menschen getötet worden, 25 Personen wurden verletzt, acht von ihnen sind laut der Polizei noch immer im Krankenhaus.

Der Zugriff sei vorschriftsgemäß verlaufen, heißt es nun in der Untersuchung der internen Kontrollbehörde der Polizei. Michal Tikovský ist der Leiter der Stelle. Zu der Kritik, warum man das Gebäude nicht rechtzeitig evakuiert habe, während hingegen ein anderer Standort der Philosophischen Fakultät durchsucht worden sei, sagte er bei der Pressekonferenz am Dienstag:

„Es gab zu diesem Zeitpunkt keine Indizien, dass der Schütze das Fakultätsgebäude am Jan-Palach-Platz aufsuchen könnte und er die Absicht hatte, einen Amoklauf zu begehen.“

Lob gab es von Tikovský zudem dafür, dass die Einsatzkräfte nach dem Tod des Amokläufers den Opfern professionell erste Hilfe geleistet hätten. Die wache Auffassungsgabe eines Polizisten wurde außerdem besonders hervorgehoben. Josef Jeřábek, Streifenpolizist, beschrieb die Szene am Dienstag anhand eines Videos.

„Der Einsatz dieses Polizisten ist besonders zu loben. Geistesgegenwärtig fordert er den Straßenbahnfahrer dazu auf, nicht an der Station vor dem Fakultätsgebäude zu halten. Und nur kurz darauf taucht der Schütze auf dem Dach des Hauses auf.“

Von dort aus schoss der Attentäter auch auf Passanten. Wenige Minuten später tötete er sich auf dem Dach des Gebäudes selbst. Das Motiv seiner Tat werde derzeit noch überprüft, so die Polizei weiter. Die Waffen habe der Student legal besessen, hieß es.

„Er hat sie im Laufe des Jahres 2023 gekauft“, so Vojtěch Motyka, Chef der Prager Polizei, bei der Pressekonferenz am Dienstag.

Quelle: Tschechisches Fernsehen,  ČT24

Derzeit arbeiten die Ermittler ihm zufolge mit der Annahme, dass sich der Täter für die Anschaffung der Waffen Geld geliehen hat.

Wenngleich der Einsatz der Polizei rückblickend also überwiegend positiv bewertet wird, äußerte der Chef der Kontrollbehörde, Michal Tikovský, auch vorsichtige Kritik:

„In Zukunft lässt sich in ähnlichen Fällen nur anraten, eine bessere Krisenkommunikation mit den betroffenen Institutionen zu wählen. In diesem Fall wurde die Fakultätsleitung nicht ausdrücklich darüber informiert, dass nach einem Schützen gefahndet wird. In Kenntnis gesetzt wurden nur einige Angestellte, mit denen die Polizisten sprachen.“

Was Tikovský wohl meint: Kurz vor 15 Uhr erhielt die Polizei erste Informationen über die Schüsse in der Karlsuniversität. Bereits gegen 13.30 Uhr hatten allerdings drei Polizisten das Hauptgebäude der Philosophischen Fakultät aufgesucht. Aus einem Dokument, das die Leitung der Karlsuniversität am Dienstag veröffentlichte, geht hervor, dass die Beamten den Pförtnern ein Bild des späteren Attentäters zeigten. Zu diesem Zeitpunkt war er noch nicht im Gebäude gesehen worden. Es fand allerdings keine Durchsuchung sämtlicher Stockwerke des Baus statt. Ebenso wenig seien die Polizisten auf das Angebot eingegangen, ihr Anliegen der Fakultätsleitung zu schildern, hieß es. Die Leitung saß zu diesem Zeitpunkt gerade ein Stockwerk weiter oben bei einer Sitzung zusammen.

Eva Lehečková | Foto: Karlsuniversität Prag

Dekanin Eva Lehečková geht in dem am Dienstag veröffentlichten Dokument auch auf den Notruf ein, der um 14.59 Uhr von ihrer Sekretärin abgesetzt wurde. Die Person in der Leitstelle habe die Informationen zunächst nicht glauben wollen, woraufhin die Sekretärin ausführen musste, dass es Augenzeugen gebe, es sich um ein öffentliches Gebäude handele und doch bitte Hilfe gesendet werden solle, so Lehečková.

Nach dem Polizeieinsatz am 21. Dezember gibt es also auch weiterhin einige offene Fragen. Allen voran die, ob die schreckliche Tat nicht doch hätte verhindert werden können.

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