Klaus: Habe keine Eile mit der Unterzeichnung des Lissabon-Vertrages
Nach dem EU-Gipfel vergangene Woche in Brüssel spricht vieles dafür, dass der EU-Reformvertrag von Lissabon noch in diesem Jahr ratifiziert werden könnte. Den Iren, die den Vertrag vor Jahresfrist in einem Referendum abgelehnt hatten, wurden die Zugeständnisse gemacht, die jetzt ein „Ja“ im zweiten Anlauf möglich machen. Ferner stehen noch drei Unterschriften aus: eine aus Deutschland, eine aus Polen und die von Václav Klaus aus Tschechien. Der Präsident von der Prager Burg aber sträubt sich weiterhin beharrlich…
„Ich werde mich ganz sicher nicht beeilen. Ich werde warten, bis alle Dinge, die noch offen sind, erledigt werden. Dazu gehört auch die erneute Verfassungsbeschwerde, die einige Senatoren beim Verfassungsgericht in Brno / Brünn einreichen wollen. Auf diese Dinge werde ich auf alle Fälle warten.“
Neben der angekündigten Verfassungsbeschwerde durch den tschechischen Senat gibt es immerhin noch drei Hürden, die es zu überspringen gilt – eine in Irland, eine in Polen und eine in Deutschland. Deshalb sehe er, so Klaus, nicht ein, dass er in Europa immer als der letzte Mohikaner angesehen zu werde, der sich gegen den EU-Reformvertrag stelle:
„Zunächst muss ich sagen, dass die Iren noch nicht ihr zweites Votum über den Vertrag abgegeben haben. Polen und auch Deutschland haben den Lissabon-Vertrag noch nicht komplett unterschrieben. Von daher bin ich nicht der letzte Mohikaner, der gegen alles und alle kämpft, und alle warten nur darauf, was er jetzt machen wird.“
Im Tschechischen Rundfunk sagte Klaus ebenso, weshalb der Lissabon-Vertrag für ihn ein Dorn im Auge sei:
„Der Lisabon-Vertrag ist ein riesiger Schritt in die Richtung, dass die europäischen Staaten von der Landkarte verschwinden werden. Die Entscheidungen über das Wohl und Wehe der einzelnen Bürger, Gemeinden und Städte werden immer mehr der EU-Zentrale in Brüssel überlassen. Es wird also alles zentralisiert, obwohl wir wissen, dass das ein schrecklicher Fehler ist. Denn die Entscheidungen müssen bürgernah fallen und nicht im entfernten Brüssel.“Für das entfernte Brüssel beziehungsweise die exekutive EU-Politik aber hat im zurückliegenden halben Jahr gerade die Tschechische Republik den Taktstock schwingen dürfen – sie hat noch bis zum 30. Juni die Ratspräsidentschaft inne. Im Gegensatz zu vielen EU-Politikern ist Klaus der Meinung, dass der Regierungswechsel in Prag der tschechischen EU-Amtsführung nicht geschadet habe:
„Diese Ratspräsidentschaft war so, wie sie sein konnte und sollte. Ich denke, dass wir sie gemeistert haben, zumal es eine Präsidentschaft war mit schweren Prüfungen, wenn ich nur an den Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine und die Auseinandersetzungen im Gaza-Streifen denke. Natürlich haben wir uns die Sache durch den Regierungswechsel mitten in der Präsidentschaft etwas kompliziert gemacht, doch ansonsten würde ich sagen: Auch das hat die Qualität unserer Präsidentschaft nicht grundlegend beeinflusst.“