Konferenz über Aufarbeitung des Kommunismus

Karel Schwarzenberg und Cyril Svoboda

In Tschechien gibt es seit 1993 ein Gesetz über die Rechtswidrigkeit des kommunistischen Regimes. Fast 17 Jahre nach dem Zusammenbruch des Totalitarismus haben die tschechischen Kommunisten aber immer noch ihren treuen Wählerkreis und nicht zuletzt hohe Ambitionen. Die Gründe dafür waren Thema einer Konferenz, die unter dem Motto "Aufarbeitung des Kommunismus und Werte in der tschechischen Politik" in Prag stattfand. Martina Schneibergova war dabei.

Martin Mejstrik
Historiker, Politologen, Publizisten, aber auch Parlamentarier waren unter den Referenten und Diskussionsteilnehmern. Zum Beispiel Senator Martin Mejstrik. Er hatte den Strafgesetzentwurf ausgearbeitet, in dem das Verbot der Propagierung des Kommunismus verankert ist.

"Wenn es gelingt, das Gesetz zu verabschieden, wird dies nicht nur für die Öffentlichkeit, sondern vor allem für uns Politiker und für die Regierung ein klares Signal sein, dass wir den Kommunismus und sein Erbe wirklich aufarbeiten. Außerdem würde ich gerne etwas abschließen, das seit siebzehn Jahren nur sehr zögerlich voranschreitet - und zwar, die Opfer des Kommunismus zu entschädigen."

Mejstrik, der 1989 an der Spitze der regimekritischen Studenten stand, sagt, er habe lange nicht glauben wollen, dass während der sanften Revolution irgendwelche Übereinkommen mit den Kommunisten geschlossen worden wären.

"Mit der Zeit bin ich aber immer mehr davon überzeugt, dass es doch bestimmte Abmachungen gegeben hat. Es ist nur die Frage auf welcher Ebene. Das Anfang 1990 verabschiedete Wahlgesetz ermöglichte es der kommunistischen Partei jedenfalls, an den ersten freien Parlamentswahlen teilzunehmen - und damit hat sich die Partei dann irgendwie etabliert."

Karel Schwarzenberg und Cyril Svoboda
Zur Auseinandersetzung mit dem Kommunismus in Tschechien äußerte sich bei der Konferenz auch Senator Karel Schwarzenberg:

"Eine wesentliche Rolle hier im Lande spielt die Tatsache, dass wir uns mit unserer eigenen Vergangenheit noch ungenügend auseinandergesetzt haben, und dass so viele Leute mit ihr verbunden waren. Es ist aber andererseits wieder nicht so schlimm, wie man glaubt. Wenn ich mir anschaue, dass die Zahl der Anhänger der Kommunisten in Wirklichkeit bei 14 bis 15 Prozent liegt (man spricht zwar von 18 Prozent der Wählerstimmen, aber wegen der bei anderen Parteien geringeren Wahlbeteiligung reduziert sich das auf 14 bis 15 Prozent), dann sind wir bei derselben Zahl, die in den fünfziger Jahren der MSI - die neofaschistische Partei in Italien hatte. Nach einem solchen Regime müssen wir mit ca. 15 Prozent Nostalgikern und Leuten rechnen, die überhaupt gegen die neue Regierungsform sind oder radikale Lösungen bevorzugen. Es ist für uns zwar tragisch, dass wir nicht die notwendigen Konsequenzen ziehen, aber die Prozentzahlen für die Kommunisten machen mir keine Sorge."

Fotos: Autorin