"Konservative Reaktion auf die Unsicherheit der Welt" - die Papstwahl aus tschechischer Sicht

Papst Benedikt XVI. (Foto: CTK)

Weißer Rauch und Glockengeläut über dem Vatikan. Seit Dienstag steht es fest: Auf Johannes Paul II. folgt als Papst Benedikt XVI., nach dem Polen Karol Wojtyla übernimmt ein Deutscher das höchste Amt der katholischen Kirche - der bisherige Kurienkardinal Joseph Ratzinger. Thomas Kirschner mit ersten Einschätzungen aus Tschechien.

Papst Benedikt XVI.  (Foto: CTK)
Die Papstwahl war am Dienstag in Tschechien nicht die einzige wichtige Personalentscheidung. Die zerstrittene Regierungskoalition hatte zugleich bekannt gegeben, es nun doch noch einmal miteinander versuchen zu wollen, und als neuer Premier wurde der bisherige Minister Jiri Paroubek präsentiert. Der aber musste sich am Mittwoch mit den unteren Hälften der Zeitungstitelseiten begnügen - Thema Nummer eins war in der tschechischen Presse der neue Papst. Und das, obwohl die Tschechen gerne als die atheistischste Nation in Europa bezeichnet werden. Ob Benedikt XVI. alias Joseph Ratzinger es allerdings dauerhaft schaffen wird, die Menschen in Tschechien zu erreichen, scheint eher zweifelhaft. Das meint jedenfalls Martin Horalek vom Pressezentrum der Tschechischen Bischofskonferenz.

Papst Benedikt XVI.  (Foto: CTK)
"Kardinal Ratzinger ist ganz entschiedenen eine bedeutende Persönlichkeit im Bereich der Theologie, nichtsdestotrotz fehlt ihm im Vergleich zu seinem Vorgänger einfach das Charisma, um wirklich Menschen, die außerhalb der Kirche stehen, auf seine Seite zu ziehen, Leute, die sonst mit der katholischen Kirche nicht viel gemeinsam haben."

Joseph Ratzinger galt auch in Tschechien als äußerst konservativer Kardinal. Eine Öffnung und Modernisierung der Kirche trauen ihm viele nicht zu. Besonders vom liberalen Flügel der Kirche kommen kritische Töne. Martin Horalek wertet die Wahl als bewusstes Zeichen der Kontinuität.

"Auf der anderen Seite ist es so - und das zeigt auch die verhältnismäßig schnelle Wahl - dass offensichtlich ein bedeutender Teil in der katholischen Kirche als Reaktion auf die allgemeine Verunsicherung der Welt die Kirche als Hafen der Sicherheit und der traditionellen Werte deklarieren will."

Joseph Ratzinger und Papst Johannes Paul II.  (2002) Foto: CTK
Der neue Papst kommt aus Bayern - nach dem Polen Johannes Paul II. hat auch er es von seinen Wurzeln her nicht weit nach Tschechien. Martin Horalek vom Pressezentrum der Tschechischen Bischofskonferenz glaubt allerdings nicht, dass das besondere Auswirkungen für Tschechien haben könnte.

"Als Mitteleuropäer ist den Tschechen seine Mentalität natürlich nahe. Auf der anderen Seite lebt Kardinal Ratzinger schon seit vielen Jahren im Vatikan, und ich würde nicht sagen, dass er vor der Wahl als Deutscher oder als Vertreter Deutschlands wahrgenommen wurde, sondern vielmehr als langjähriger führender Kurialbeamter."