Im Land der Pragmatiker: Benedikt XVI. beendet seinen Besuch in Tschechien
Tschechien, das nicht gerade als ein Land mit starker Religiosität gilt, erlebte ein Wochenende im Zeichen der Religion. Nach zwölf Jahren ist das Oberhaupt der katholischen Kirche wieder zu Besuch nach Tschechien gekommen. Papst Benedikt XVI. traf während der vergangenen drei Tage mit Politikern, Akademikern sowie Priestern und Ordensmitgliedern zusammen und zelebrierte zwei Gottesdienste unter freiem Himmel.
„Liebe Brüder und Schwestern, liebe junge Freunde. Mit großer Freude treffe ich mit Ihnen hier zusammen in dem Moment, wo sich meine apostolische Reise ihrem Ende nähert.“
Der Papst appellierte vor allem an die jungen Leute, sich den Werten zuzuwenden, die nicht mit materiellen Gütern zu messen seien. Zur Erneuerung der christlichen Wurzeln und Traditionen hatte der Papst bereits am Samstag aufgefordert, nach seiner Anreise in Prag. Zum 20. Jahrestag des Zusammenbruchs des Kommunismus erinnerte der Papst an die 40 Jahre dauernden Versuche, die Stimme der Kirche vollständig zum Schweigen zu bringen.Bei seinem Treffen mit führenden Politikern auf der Prager Burg mahnte der Papst die Politik und sämtliche Autoritäten der Gesellschaft zur Verantwortung. Beim Gottesdienst in Brünn stand die Wichtigkeit technischer Erfindungen und der Vervollkommnung der Gesellschaftsstrukturen im Vordergrund. Fortschritt allein reiche jedoch nicht aus, um das moralische Wohl der Gesellschaft zu garantieren, so Benedikt XVI.
Das gesamte Programm des Papstbesuchs wurde vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen live übertragen. Pilger, die erst zum dritten Tag der Visite in Stará Boleslav erschienen, waren darum schon gut informiert. Hana Bernáškova ist aus dem 150 Kilometer entfernten Skuteč gekommen. Auch Papst Wojtyla habe sie einige Mal live erlebt.„Dieser Papst kommt mir bescheidener vor. Er ist, wie wir wissen, hoch gebildet. Und seine Ansprachen, die sind so durchdacht und wirklich schön.“
Die Bischöfe waren durch das Interesse der Leute an den beiden Gottesdiensten sowie an den Fernsehübertragungen angenehm überrascht. Der Prager Bischof Václav Malý:
"Vor allem die Zahl der Teilnehmer in Stará Boleslav war hoch. Wir haben ursprünglich 30.000 Menschen erwartet, und es kamen 50.000 - nicht nur aus Böhmen und aus Mähren, sondern auch aus Polen, der Slowakei, Österreich und Deutschland. Nach Brünn sind 120.000 Menschen gekommen. Das war für mich eine Überraschung.“