Kontinuität der Studentenbewegungen in der Tschechoslowakei?
Am Vorabend des 17. Novembers, jenes Staatsfeiertages der dem Kampf der Studenten für Freiheit und Demokratie gewidmet ist, hat Präsident Vaclav Havel Repräsentanten dreier Studentengenerationen im Schloss Lany empfangen. Vertreten waren Studenten der Jahre 1939, 1968 und 1989. Markéta Maurová nutzte diese Gelegenheit, um einige von ihnen ans Mikrophon zu bitten. Ihr erster Gesprächspartner war Jakub Cermin, der ehemalige Vorsitzende des Verbandes der Freiheitskämpfer.
"Wir betrachten uns als Kinder der Ersten Republik. Wir haben viel Wissen und Demokratie von Masaryk genommen und wir haben für diese Ideale gekämpft. Natürlich als wir zurückgekommen sind, wurde uns gesagt, wir hätten nicht für den freien Staat, für die freie Republik, sondern für den Kommunismus gekämpft. Und das hat sich im Februar 1948 sehr stark gezeigt. Wir wurden aus unseren Posten entfernt. Und seitdem durften wir die Vergangenheit unseres Staates und unsere Bewegung überhaupt nicht erwähnen."
Sie haben die Demokratie der ersten Republik erlebt, dann wurde sie dem Volk geraubt und Sie konnten für die Wiederbelebung dieser Demokratie kämpfen. Die Studenten des Jahres 89 haben überhaupt keine Demokratie erlebt...
"Ja natürlich, aber sie haben erkannt, dass das was öffentlich proklamiert wurde, eine große Lüge war, keine Freiheit, alles wurde anders gemacht. Für mich ist es sehr wichtig, denn das waren damals Kinder der Familien, die vom kommunistischen Standpunkt aus als vertrauenswürdig betrachtet wurden. Deswegen ist es sehr wichtig, dass diese Kinder erkannt haben, dass ihre Eltern den Kommunismus öffentlich unterstützt, aber zu Hause geschimpft haben."
Es haben sich hier heute drei Generationen getroffen, die von 1939, 1968 und von 1989, fühlen Sie sich mit den jüngeren Generationen verbunden, finden Sie da eine Kontinuität.
"Ja, natürlich es gibt eine Kontinuität, denn wir können nicht verlieren. Wissen Sie, das sind Ideale, die stets gültig sind. Und es werden neue Generation kommen und diese wieder erneuern."
Soweit Jakub Cermin. Über die Kontinuität der Studentenbewegungen sprach ich auch mit dem Vertreter der jüngsten Generation, Simon Panek, der eine führende Figur der Samtenen Revolution war."Unsere damalige Distanz beruhte darauf, dass wir mit dem Jahr 68 nicht identifiziert werden wollten, d.h. mit dem Sozialismus oder Kommunismus mit menschlichem Antlitz, wie es uns vor allem von ausländischen Journalisten suggeriert wurde: Dubcek, Havel, Studenten 68, Studenten 89... Wir wollten mit dem Kommunismus und mit den Ideen des Jahres 68, mit der Demokratisierung des Kommunismus wirklich nichts zu tun haben. Aber Distanz von den Studenten der Jahre 1939 oder 1948 gab es überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil. Wenn ich für diese Leute etwas empfinde, dann ist es Bewunderung. Sie kämpften gegen Diktaturen, gegen den Faschismus und gegen den Kommunismus. Wenn jemand bereit ist, sein Leben oder seine langjährige Freiheit im Kampf für ein Ideal zu riskieren, verdient er Bewunderung, insbesondere in dieser Gesellschaft, in der alles käuflich ist und die Leute das Gefühl haben, dass die traditionellen Ideale ihnen nicht viel bringen."